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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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einer römischen Festung unter einem englischen Himmel ein normannisches Lager aufzuschlagen.
    Und weit hinter der Festung sah Orm die Funken von Feuern über der dunklen Landschaft. Signalfeuer, die König Harold die Nachricht von der Landung überbrachten.

XIX
    Die Vorhut des englischen Heeres erreichte den grauen Apfelbaum, als die Dunkelheit hereinbrach.
    Ein Hornsignal ertönte. Die Reiter an der Spitze wurden langsamer, bogen von der Straße ab und stiegen von ihren Pferden. Sie luden ihre Waffen und Schilde sowie andere Gepäckstücke ab und hielten Ausschau nach einem Platz, wo sie ihre Umhänge ausbreiten und sich ausruhen konnten. Die Männer bewegten sich, als wären sie sehr alt, dachte Godgifu. Einige von ihnen humpelten, weil sie Wunden aus Stamfordbrycg davontrugen. Kaum jemand sprach ein Wort.
    Godgifu selbst war mit Sihtric den ganzen Weg von Lunden hierher geritten, so wie nur Tage zuvor von Stamfordbrycg nach Lunden. Jeder Knochen in ihrem Körper schmerzte von den Erschütterungen des endlosen Ritts, und sie fühlte sich so steif, dass sie kaum das Bein über den Sattel heben und absteigen konnte.
    Im schwindenden Licht schaute sie dorthin zurück, woher sie gekommen waren. Die alte, schnurgerade Römerstraße schnitt durch das wogende grüne Land; sie führte bis nach Lunden. Längst aller Steine beraubt, war sie jetzt nur noch ein Rasenstreifen. Der
Hauptteil des Heeres, die Soldaten auf ihren Pferden und die Karren mit ihrem Gepäck, verteilte sich über die Straße. Bis sie alle hier wären, würde es vielleicht eine Stunde oder länger dauern.
    Dieser Ort hieß Caldbec Hill, und er lag nur etwa einen halben Tagesritt nördlich von Haestingaceaster, wo William lagerte. Dies war Godwine-Land, das Harold von den Jagden in seiner Jugend in- und auswendig kannte, und als er in Lunden Befehl gegeben hatte, dass sich sein neues Heer an dem alten grauen Baum versammeln sollte, hatte jeder gewusst, wovon er sprach.
    Der mit dichten Flechten bewachsene Apfelbaum stand gleichmütig auf der Kuppe seines Hügels, und sein Umriss zeichnete sich vor dem tiefer werdenden Blau des Himmels ab. Es war Oktober. Der Sommer war feucht gewesen, der Herbst warm; der Baum trug immer noch Laub, aber von Früchten war nichts zu sehen. Godgifu fragte sich, wie alt der Baum sein mochte. Sie hatte gehört, dass die Römer den Apfel nach Britannien gebracht hatten; vielleicht hatte ein Legionär den Baum gepflanzt, als er beim Straßenbau hier vorbeigekommen war. Aus einem Impuls heraus strich sie über die rissige Rinde des Baumes; er fühlte sich warm an, auf massive Weise lebendig. Er würde noch lange hier stehen, wenn die Ereignisse der nächsten paar Tage bereits Geschichte waren.
    Sihtric reichte ihr eine Lederflasche mit schalem Bier. »Vorsicht«, sagte er. »Unsere heidnischen Vorfahren haben Bäume angebetet.«

    Sie grunzte. »Bäume führen keinen Krieg gegeneinander. Vielleicht sind sie klüger als wir.«
    »Dafür werde ich dir eine Buße auferlegen müssen.«
    Die ersten Gepäckkarren trafen ein. Huscarls und Fyrd-Männer luden Ausrüstungsgegenstände und Zelte ab. Godgifu sah, wie sie schwere Kettenhemden von den Karren hoben, die so steif waren, dass sie ihre Form beibehielten, wie ausgehöhlte Menschen.
    »Was für ein Tag ist heute?«, fragte Godgifu.
    »Ich weiß nicht genau. Freitag, glaube ich.«
    »Wir sind alle erschöpft. Diese ganze verdammte Reiterei.« Sie bewegte ihre Muskeln und Gelenke, verdrehte die Arme und schwang die Hüften hin und her, um die Schmerzen loszuwerden.
    »Ja. Aber nur die Huscarls sind mit uns von Stamfordbrycg bis hierher geritten. Die Fyrd-Männer sind von hier; sie sind frisch …« Besorgt ließ er den Satz verklingen.
    Es stimmte, dass die Fyrd-Männer relativ frisch waren. Der König hatte schnelle Reiter losgeschickt, um die Fyrd der südlichen Grafschaften einzuberufen, und auf dem Ritt von Lunden hierher war es ein ermutigender Anblick gewesen, wie die Männer mit ihren polierten Schwertern und glänzenden Kettenhemden zu den Sammelstellen strömten. Aber es waren weniger, als Godgifu erwartet hatte.
    Schließlich war es die vierte derartige Einberufung in diesem außergewöhnlichen Jahr. England, so dachte man, konnte insgesamt rund vierzehntausend
Kämpfer aufbieten. Tausende waren bereits in den Schlachten an der Foul Ford und bei Stamfordbrycg verloren gegangen, und viele dieser Fyrd-Männer aus dem Süden hatten bereits einen langen Sommer damit verbracht,

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