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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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»warum sie diesen ganzen Plunder haben wollen.«

    Arngrim wusste, das war ein vernünftiges Argument. »Bei den Nordmännern bemisst sich der Wert eines Kriegsführers nach den Reichtümern, die er an sich reißt und seinen Gefolgsleuten geben kann. Wir wissen das, weil es bei uns vor langer Zeit genauso war – und noch immer ist.« Er hob einen Arm, der schwer war von silbernen Reifen; die meisten hatte er von Alfred bekommen.
    »Und Aebbe? Vielleicht haben sie sie schon umgebracht«, sagte Cynewulf trübselig.
    »Ich bezweifle, dass sie tot ist. Ihre Jugend und ihre Schönheit werden sie am Leben erhalten.«
    »Die Heiden werden sie missbrauchen.«
    »Vielleicht. Aber sie werden sie nicht töten.« Außer, ergänzte Arngrim in Gedanken, wenn sie sich zu heftig wehrte.
    Die Besorgnis des Priesters schien Ibn Zuhr zu faszinieren. »Die schlimme Lage dieser Aebbe beunruhigt dich wegen der Informationen, die sie in sich trägt. Aber was ist mit den anderen Gefangenen? Du bist ein christlicher Priester. Ich verstehe nicht, wie ein Christ die Sklaverei akzeptieren kann – und doch könnte eure Gesellschaft ohne Sklaven nicht funktionieren.«
    »Die Kirche duldet die Sklaverei als notwendiges Übel und angemessene Strafe für bestimmte Verbrechen«, erwiderte Cynewulf. »Aber es bereitet ihr Sorgen, dass die heidnischen Dänen Sklaven nehmen. Und die Mauren auch. Denn die Kirche verlangt, dass all ihre Anhänger die Freiheit haben, ihrem Glauben zu folgen.«

    »Welch erleuchtete Denkweise«, sagte Ibn Zuhr trocken.
    Arngrim schätzte Ibn Zuhr, aber manchmal trieb er es zu weit. »Du stellst bissige Fragen, Maure. Vergiss nicht, dass du ein Sklave bist. Jedenfalls sind wir hier, um mit den Dänen fertig zu werden, nicht, um über philosophische Fragen zu diskutieren.«
    »Wie viele sind in dem Lager?«, fragte Cynewulf.
    »Hunderte. Nicht Tausende.« Tatsächlich war dies nur ein Bruchteil der ursprünglichen dänischen Streitmacht, die vor einem Dutzend Jahren gelandet war; der Rest hatte sich niedergelassen, um die zerschlagenen Königreiche im Osten und im Norden zu kolonisieren.
    »Hunderte.« Cynewulf schüttelte den Kopf. »Wie kommt es, dass wir vor ein paar hundert Dänen wie Strohpuppen umfallen?«
    »Nur wenige von uns sind Krieger«, erwiderte Arngrim. »Zwar werden die Thegns von klein auf zum Kampf erzogen. Aber die Mitglieder der Fyrd sind Bauern. Und wenn die Ernte ansteht, löst es sich sowieso auf. Diese Dänen hingegen sind Vollblutkrieger. Sie haben keine Angst vor einem Ernteausfall, weil sie ihre Nahrung einfach stehlen. Noch schlimmer, ihr Krieg hat sich auf Wessex konzentriert, weil sie mit dem Rest von England fertig sind, sofern sie dort nicht Ackerbau und Viehzucht betreiben. Nur hier sind vielleicht noch Ruhm und Beute zu finden, und darum kommen die hungrigsten Krieger weiterhin hierher.«
    »Bei jedem Atemzug, den wir hier tun, laufen wir
Gefahr, entdeckt zu werden und ein unangenehmes Schicksal zu erleiden«, warf Ibn Zuhr ein. »Wir müssen mit diesen Informationen zum Lager des Königs zurück.«
    »Aber Aebbe …«
    Arngrim packte den Priester am Arm. »Vielleicht können wir sie retten. Aber nicht heute, Vetter. Die Dänen sind zu stark.«
    Ibn Zuhr nickte. »Wir werden auf demselben Weg zurückkehren, den wir gekommen sind. Folgt mir.« Lautlos wie eine Katze kroch er durch den Wald, einer Spur folgend, die nur seine an die Dunkelheit angepassten Augen sahen, weg vom dänischen Lager.

VI
    Westlich von Cippanhamm lag ein Waldgebiet, durch das sich der König und sein gedemütigter Trupp in jener dunklen Nacht nach dem Zwölfnächte-Überfall zurückgezogen hatten. Dahinter stieg das Gelände zu sumpfigem Moorland an, auf dem nur ein paar verkümmerte Schafe zwischen den mit Heidekraut gedeckten Hütten grasten. Während des Rückzugs hatten einige der Thegns angefangen, sich zu beklagen, weil der kalte, von Eis überkrustete Schlamm des Moorlands das Fortkommen immer beschwerlicher machte. Doch Arngrim und andere Anführer der verbissenen Flucht hatten gewusst, dass der König in dieser Wildnis so sicher sein würde wie nirgends sonst, weil die Dänen sich nur ungern vom offenen Wasser entfernten. Nicht einmal ummauerte Städte waren sicher; so hatten die Dänen im Vorjahr beispielsweise Escanceaster eingenommen.
    Was den König selbst betraf, schien ihn der heimtückische mittwinterliche Bruch des Waffenstillstands durch die Dänen bis ins Mark erschüttert zu haben. Während

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