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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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seine Priester und Schreiber in ihren schmutzigen Gewändern um ihn herumflatterten, war Alfred festen Schrittes in die trostlose Wildnis marschiert,
hatte weder nach links noch nach rechts geschaut, keine Befehle erteilt und sich so passiv wie ein Kind führen lassen.
    Schließlich waren sie in eine Gegend gelangt, wo das Marschland den Gezeiten unterworfen war; es wurde jeden Tag vom Sabrina-Fluss überflutet, und im Sonnenschein glänzte überall offenes Wasser, glatt und still und klebrig von Leben.
    »Ich kenne diese Gegend«, hatte Arngrim gesagt. »Als ich klein war, haben wir hier gejagt – meine Neffen und die Edelinge, Alfred und seine älteren Brüder. Wir haben sie ›die Prinzeninsel‹ genannt.« Aethelingaig . »Alfred wird sich daran erinnern.«
    »Du hast eine gute Wahl getroffen«, hatte Cynewulf gesagt.
    Aethelingaig war bewohnt: Menschen lebten hier sogar schon seit langer Zeit. Pfade verbanden die Inseln, uralte und unaufhörlich erneuerte Dämme aus in den Schlamm gedrückten Baumstämmen. Die Menschen wohnten in Hütten auf Stelzen und ernährten sich von Bläss- und Teichhühnern, Enten, Seetauchern und Möwen, und in den Strömen gab es Reisigwehre, in deren schmalen Durchlässen man Aale und Neunaugen fangen konnte. Cynewulf hatte gehört, dass diese Leute möglicherweise Briten waren, die sich an ein Land klammerten, das einer langen Reihe von Vorvätern gehört hatte und ihnen dank seines geringen Werts von den neuen englischen Dynastien nicht geraubt worden war.
    Und die Bewohner des Marschlands besaßen nur
vage Kenntnisse von den Vorgängen außerhalb ihres wässrigen Reiches. Als der Tross des Königs vorbeigekommen war, hatte ein schmutziger alter Bursche gerufen: »Was ist denn los? Kommen die Römer zurück?«
    Obwohl ihnen Aethelingaig eine sichere Bleibe bot, war die Flucht aus Cippanhamm eine ungeheure Demütigung, und dass die Dänen das Königsgut als Stützpunkt übernommen hatten, machte die Sache noch schlimmer. Allein schon die Kühnheit des Wikingerangriffs war erschreckend, fand Cynewulf. Guthrums Absicht hatte eindeutig darin bestanden, Alfred gefangen zu nehmen oder zu töten. Hätte er damit Erfolg gehabt, wäre in Wessex möglicherweise ein Nachfolgestreit und brudermörderischer Aufruhr ausgebrochen, weil nur Kinder als Anwärter auf den letzten englischen Thron verfügbar waren – und Guthrum hätte möglicherweise mit einem einzigen Streich England gewonnen. Die Intelligenz und Entschlossenheit des Angriffs sowie seine listige Ausführung kennzeichneten Guthrum als gefährlichen Anführer.
    Noch schlimmer war das Bild in Cynewulfs Kopf – Egil, Sohn von Egil, die Bestie aus der Dunkelheit, die durch das zerstörte Sanktuarium der Königshalle tobte.
    »Und dennoch sind sie gescheitert«, hatte Arngrim Cynewulf gegenüber betont, als sie darüber gesprochen hatten. »Noch besteht Hoffnung.«
    Aber Alfred konnte nicht zurückschlagen, jedenfalls
vorläufig noch nicht; mitten im Winter ließ sich kein englisches Bauernheer aufstellen.
    Als Arngrim und seine Gefährten von ihrer Kundschaftermission nach Aethelingaig zurückkamen, hatten Alfreds Männer drei Tage Zeit gehabt, um sich einzurichten. Um das Lager herum war ein Graben ausgehoben und ein Erdwall aufgeworfen worden. Innerhalb dieser Einfriedung brannten qualmende Torffeuer, man hatte Zelte aufgebaut, und es wurden Latrinen und Nahrungsgruben angelegt. Trupps waren ausgeschickt worden, um von den durchnässten Wassermenschen Nahrung für den König zu verlangen. Weiter draußen hatte man Flüsse mit Baumstämmen blockiert, damit die Dänen nicht herbeigesegelt kommen konnten.
    Diese Spielzeugfestung, unter einem Himmel wie ein grauer Deckel aus einem aufgeweichten Moor zusammengescharrt, war das Einzige, was vom Reich des Königs von Wessex noch übrig war.
    Im Lager hockten die Thegns in nervösen Gruppen zusammen und studierten Pergamente, manche zeichneten sogar mit Stöckchen Karten in den Schlamm. Der König war nirgends zu sehen. Arngrim befragte die Thegns, erzählte, was er selbst herausgefunden hatte, und erfuhr, was sonst noch bekannt war.
    Die Neuigkeiten waren überraschend genau, denn selbst hier kritzelten und krakelten die Schreiber des Königs in einem fort. Nach fast einem Jahrhundert der Wikinger-Katastrophe war das Klosterwesen zusammengebrochen, und es gab in England keine Gelehrten
mehr. Das war eine Tragödie für ein Land, in dem Bücher und Bildung zu Bedas Zeit einen so großen

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