Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
Vom Netzwerk:
genau in der Mitte, wie Alfred befohlen hatte, zur Front der englischen Linien durch und schaute vom Kamm auf die Dänen hinab. Die Reihen des Großen Heeres waren geordnet, Holzschilde glänzten und Kettenpanzer schimmerten im dunstigen Licht. Sie beobachteten die Engländer mit Unheil verkündender Reglosigkeit.
    Wie die Männer um ihn herum hatte Arngrim sein Schwert in einer Scheide auf dem Rücken und hielt die Axt und das Stichschwert in der Hand. Er trug sein Kettenhemd, der hölzerne Schild mit dem eisernen
Rahmen war an seinem Arm befestigt, und auf dem Kopf saß sein spitzer Eisenhelm. Ein Eisenstreifen vor seinem Gesicht schützte die Nase, sodass er die Welt von geraden Rändern gerahmt sah. Dermaßen eingepackt in schweres Eisen, war ihm jetzt schon heiß. Aber er war bereit.
    Die Männer um ihn herum formierten sich zu groben Reihen. Es gab ein kleines Gedränge, als sie einen Platz in der vordersten Reihe zu finden oder sich, je nach ihrem Mut, weiter nach hinten zu verdrücken versuchten, und man hörte das Klappern von Schilden auf Schilden, als sie die Wallbildung übten. Diese Burschen in den vordersten Reihen waren Thegns oder Söhne von Thegns sowie einige der Gesünderen und Tapfereren der Fyrd; sie waren Alfreds beste Soldaten, mit der besten Ausrüstung. Als Arngrim in die Runde schaute, sah er zu seiner Bestürzung, wie viel jünger die meisten von ihnen waren. Rechts von ihm stand beispielsweise einer von Aethelnoths Männern, Ordgar, der ihn bei seiner Rückkehr von Eoforwic angehalten hatte. Er musste gute zehn Jahre jünger sein als Arngrim.
    Vielleicht war das der Grund, weshalb ihn der heutige Tag so sonderbar unberührt ließ. Er spürte nichts von der pulsierenden Energie früherer Kämpfe, von dem Verlangen, auf das Fleisch eines Feindes einzuschlagen  – jene geheime Erregung, die zweifellos die Kriegslust der Männer befeuerte, das Wissen, dass Krieg Vergnügen bereitete . Vielleicht war Arngrim zu alt für ein solches Vergnügen. Aber er musste trotzdem
seine Pflicht erfüllen, und so hob er sein Stichschwert und gewöhnte sich an dessen Gewicht.
    Ordgar war nervös, obwohl er es zu verbergen versuchte. »Wir sind ihnen zahlenmäßig überlegen«, sagte er. »Den Dänen. Und wir haben den Vorteil des höher gelegenen Geländes. Aber sie sind allesamt Krieger. Wir sind Bauern. Sie haben die besten Rüstungen und Waffen, die sie aus allen englischen Königreichen geraubt haben. Wir haben Mistgabeln.«
    »Wir haben Vorteile; sie haben Vorteile.«
    »Unsere Besten sind hier. Aber es ist eine dünne Schicht, und wenn sie durchbrechen ...«
    »Wir müssen dafür sorgen, dass ihnen das nicht gelingt.«
    »Ja.« Ordgar schaute den Hang hinunter. »Ich habe schon früher gekämpft. Ich habe Dänen getötet. Aber ich habe noch nie in einem Schildwall gedient.«
    »Es ist die schwierigste Prüfung«, knurrte Arngrim.
    »Werde ich sie bestehen?«
    Arngrim wusste, dass er nur wenig dazu sagen konnte. Selbst Alfred konnte nicht sicher sein, den Tag zu überleben; es wäre nicht das erste Mal, dass ein König fiel. Alfred hatte Anweisung erteilt, seine Gemahlin und seine Kinder ins Königreich der Franken zu bringen, wenn er heute ums Leben käme; dort würde dann ein Kinderkönig im Exil aufgezogen werden. »Ordgar, du denkst zu viel nach. Aber keine Sorge. Im dicksten Getümmel hat man keine Zeit zum Überlegen ...«
    Etwas blitzte am Rand von Arngrims Blickfeld auf, wie ein fliegender Vogel.

    Ein Mann schrie: »Hebt eure Schilde! «
    Ein Speer grub sich mit einem dumpfen Laut vor der ersten Reihe in den Boden, ohne Schaden anzurichten. Aber ein zweiter flog weiter und durchbohrte den Körper eines englischen Kriegers. Sein Blut leuchtete wie eine Blume im Frühlingslicht.
    Weitere Speere kamen angeflogen.
    Arngrim hob seinen Schild über den Kopf. »Her zu mir! Her zu mir!« Ordgar und andere in seiner Nähe kamen zusammen und hoben ihre Schilde. Arngrim hörte die Schreie weiterer Männer, die fielen, und einen stetigen Hagel auf die Schilde, als Pfeile und Speere sich ins Holz bohrten.
    Und jetzt hörte er das Peitschen von Bogensehnen und das Zischen von Pfeilen, als die englischen Bogenschützen das Feuer erwiderten.
    »Sie kommen!«, rief jemand. »Die Dänen!«
    Ohne den Schild sinken zu lassen, riskierte Arngrim einen Blick nach unten. Die Dänen marschierten in stetigem Tempo hangaufwärts, ihre Schilde ineinander verschränkt: Es war ihr Wall, ihr skjaldborg , ihre

Weitere Kostenlose Bücher