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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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sie sich um die englischen Verwundeten kümmern sollten. Auch seine Schreiber mussten mit; ihre Aufgabe war es, das aufgerissene, blutgetränkte Erdreich abzusuchen und die Waffen der Toten zu bergen, Schwerter, Speere und Schilde. Selbst Pfeilspitzen sollten sie wegen des kostbaren Eisens mitbringen, befahl Alfred und wies sie an, diese notfalls aus den Körpern der Toten zu rupfen.
    Alfred wusste, dass der Kampf noch nicht vorbei war, und schon unmittelbar nach diesem Triumph dachte er voraus. Die überlebenden Dänen zogen sich gerade in ihr altes Quartier bei Cippanhamm zurück. Dort würden sie durch eine Belagerung ausgehungert werden müssen – und dazu brauchten die Engländer alle Waffen, die sie aufbieten konnten.
    Cynewulf wartete im Lager, bis man Arngrim brachte.

    Zwei Thegns trugen den Körper. Er war auf zwei Schilde gebettet, die auf Speeren lagen. Arngrims Gesicht war zu einem blutigen Brei zerschlagen, sein Kettenhemd hatte ein Dutzend Löcher, und selbst die Schilde, auf denen er getragen wurde, waren zersplittert und zerbrochen. Neben ihm auf der improvisierten Bahre lag sein unbeschädigtes, aber blutbeflecktes Schwert Eisenseiten – und der abgetrennte Arm von Egil, der Bestie.
    Alfred ließ den Arm der Bestie an die große Eiche im Zentrum des Lagers nageln, über seinem Gabenthron, wo alle ihn sehen konnten. Er verkündete, dass die Engländer den Sieg davongetragen hatten, weil sie ihren Geländevorteil genutzt hatten, weil sie die Dänen den ganzen Winter hindurch eingeschlossen und dann angegriffen hatten – und wegen des Muts und der Intelligenz von Arngrim, der den entscheidenden Einbruch in den skjaldborg zuwege gebracht hatte.
    Cynewulf ließ seinen Vetter in einem Zelt auf einem Haufen Decken aufbahren. Die größte Wunde fand er sofort. Es war ein Riss in Arngrims Unterleib, der von einem so mächtigen Hieb herrührte, dass er den Kettenpanzer durchschlagen hatte. Einer der Ärzte des Königs huschte aufgeregt um ihn herum, aber er jagte ihn weg. Er wollte niemand anderen als Ibn Zuhr zu seinem Vetter lassen. Obwohl er den Mauren immer verachtet hatte, zweifelte Cynewulf nicht daran, dass seine fremdländische Medizin besser war als alles, was die Ärzte des Königs zu bieten hatten.
    Ibn Zuhr erklärte jedoch, er könne nur wenig tun.
»Die Wunde ist zu tief«, sagte er leise. »Auch seine Gedärme sind aufgeschlitzt – es wird innere Blutungen geben, Infektionen vom ausgetretenen Inhalt der Eingeweide …«
    Cynewulf wurde es übel. »Tu einfach dein Bestes, Maure«, sagte er.
    Also wusch sich Ibn Zuhr die Hände in heißem Wasser und bereitete einen Trank aus seinen geheimnisvollen Kräutern zu, eine Art Tee, den Cynewulf dem Thegn unter die Nase halten musste. Dieser werde seine Bewusstlosigkeit vertiefen, während er an ihm arbeite, erklärte der Maure. Dann reinigte er die Wunde. Das war eine grobe Tätigkeit: Ibn Zuhr schöpfte Schmutz, getrocknetes Blut, gelbes Fett und Eiter aus der Höhlung, als nehme er ein Schwein aus. Dann zog er die Organe des Thegns wieder zurecht. Cynewulf musste die beiden schartigen Wundränder zusammenhalten  – es war schwierig, die Haut war glitschig vom Blut, und der Priester brauchte seine ganze Kraft –, während Ibn Zuhr die Wunde mit Darmsaite und einer Knochennadel vernähte. Als er fertig war, wusch er die Wunde mit Wein und bedeckte sie mit einem leichten Seidentuch.
    Der Maure trat schwer atmend zurück. Seine Arme waren bis zum Ellbogen blutig. »Ich habe mein Bestes getan«, sagte er.
    »Ich glaube dir«, sagte Cynewulf leise.
    »Ich nicht.« Die Stimme war ein Gurgeln, als wäre die Kehle voller Blut. Aber Arngrims Augen waren offen.

    »Vetter! Du lebst!«
    »Die Tore zur Oberwelt sind mir noch verschlossen.«
    »Hast du Schmerzen?«
    Arngrim schnitt eine Grimasse, als wollte er lachen. »Für einen Priester bist du ein Idiot, Cynewulf. Ich bin halb aufgewacht, während der Maure in meinem Gedärm gewühlt hat. Kannst du dir vorstellen, wie sich das anfühlt? Schlimmer als die Klinge des Dänen.«
    »Ich bin noch bereit, dir die Letzte Ölung zu geben.«
    »Mein Schwert. Und meine Trophäe.«
    »Eisenseiten ist hier, am Fuß deiner Bettstatt. Und den Arm der Bestie hat der König an die Eiche genagelt.«
    Arngrim schaubte. »Gut so. Egil hat überlebt, glaube ich. Aber ich hoffe bei Wodens Augen, dass der Mistkerl an der Wunde stirbt, die ich ihm heute zugefügt habe. Hör zu, Cynewulf. Wenn ich sterbe – mein

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