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Eroberer

Eroberer

Titel: Eroberer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Baxter
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Schwert – ich habe es dem Fluss versprochen …«
    »Arngrim, ich bin ein Priester Jesu Christi. Ich kann kein heidnisches Ritual durchführen.«
    »Du musst«, krächzte Arngrim. »Sonst ist mir der Weg in die Oberwelt versperrt. Wir sind miteinander verwandt, Cynewulf. Ist menschliches Blut nicht wichtiger als ein Streit zwischen Göttern? Und meine Familie in Brycgstow. Erzähl meinen Söhnen, wie ihr Vater gestorben ist.«
    Cynewulf musste unter Tränen lächeln. »Du sprichst erst von deinem Schwert, dann von deiner Familie.«

    Arngrim grunzte. »Sag ihnen das auch. Bring sie zum Lachen statt zum Weinen. Und wehe, du taufst sie mir heimlich, du frommer Mistkerl.« Er hustete und stöhnte auf, als die Muskelkontraktionen an seiner Wunde zerrten.
    Ibn Zuhr trat vor. »Du musst dich jetzt ausruhen.« Er hielt einen Becher mit einem anderen seiner Tees in der Hand. »Trink das, dann wirst du eine Weile schlafen.« Sein Körper verbarg den einen Arm, als er sich über Arngrim beugte, mit der anderen Hand hob den Becher. Arngrim nahm das Getränk entgegen. Doch als die Flüssigkeit seine Lippen berührte, weiteten sich seine Augen. Dann sank er bewusstlos zurück.
    Cynewulf blieb die ganze Nacht bei seinem Vetter und betete. Aber der Thegn erwachte nicht mehr.
    Und als das Licht der Morgendämmerung über ein grünes Land hereinbrach, das nun wieder englisch war, hauchte Arngrim sein Leben aus. Cynewulf schloss ihm den Mund und die Augen und wischte ihm den letzten Rest Blut und Schweiß vom Gesicht.
    Erst jetzt, als Cynewulf vom Körper seines Vetters zurücktrat, bemerkte er den bis zum Heft begrabenen Dolch, der aus Arngrims Seite ragte. Und er wusste, wie er letztendlich gestorben war, was Ibn Zuhr in jenem Moment getan hatte, als er sich über Arngrims Körper gebeugt und ihm den Schlaftrunk verabreicht hatte.
    Für den Rest des Tages suchte Cynewulf nach dem maurischen Sklaven, aber er war verschwunden.
    An diesem Abend ritt Cynewulf allein zum Flussufer.
Er hatte Eisenseiten dabei. Die Waffe war so schwer, dass Cynewulf sie kaum heben, geschweige denn sich vorstellen konnte, sie im Kampf zu schwingen.
    Am Flussufer band Cynewulf sein Pferd an einen Baum. Das Wasser plätscherte friedlich dahin, und Vögel flogen davon, als er die ersten Schritte tat. Er hätte nie geglaubt, dass gestern Hunderte von Männern einander vorsätzlich umgebracht hatten, keine Stunde zu Pferde von hier entfernt.
    Er ging am Ufer entlang, bis er einen Felsvorsprung fand. Er steckte das Schwert in eine Spalte in der Felswand und zerrte am Heft. Die mächtige Klinge bog sich kaum, als er daran zog, und sie brach schon gar nicht. Cynewulf sagte sich, dass es keine Schande war, bei der Ausführung dieses heidnischen Rituals seinen Verstand zu gebrauchen. Er suchte sich einen abgebrochenen Zweig, ungefähr so lang wie das Schwert, und befestigte ihn mit seinem Gürtel an Eisenseitens Heft. Er legte sein ganzes Gewicht auf diesen Hebel, und nach ein paar Fehlversuchen gelangt es ihm, das Schwert zu biegen und zu brechen.
    Dann nahm er schwer atmend die beiden Hälften des Schwerts und schleuderte sie in den Fluss, wobei er leise Gebete zu Gott und zu Woden sprach.

XIX
    Cynewulf sah Alfred nur noch ein einziges Mal. Der König rief ihn nach Lunden, das er von den Dänen zurückerobert hatte.
    Es war neun Jahre nach Ethandune.
    »Dass diese Zusammenkunft jemals stattfinden könnte«, bemerkte Cynewulf, während sein geduldiges Pferd ihn auf der zerstörten Römerstraße nach Lunden trug, »hätte ich in den dunkelsten Stunden in Aethelingaig nicht geglaubt.«
    »Was ist Aethelingaig, Pater?«, fragte Saberht, der an seiner Seite ritt.
    »Ach, nichts, mein Junge, nichts«, sagte Cynewulf. »Ich rede nur so vor mich hin.«
    Der Novize kratzte sich die Tonsur, die stümperhaft in einen Schopf dicker schwarzer Haare geschnitten war. Sein Verhalten besagte, dass solch seniles Gebrabbel von einem Mann in Cynewulfs fortgeschrittenem Alter – beinahe vierzig, bei Gott – natürlich zu erwarten war.
    Cynewulf wischte sich den Schweiß eines ungewöhnlich warmen Apriltages von der Stirn und versuchte, seinen Ärger im Zaum zu halten. Schließlich konnte der Junge ja nichts dafür, dass er alt wurde. Der
Novize, noch keine zwanzig, war so geschmeidig wie ein Hermelin und auch genauso geil, wie seine farbigen Beichten bewiesen. Aber er war ein guter Junge, der sich nach Kräften um Cynewulf kümmerte, selbst wenn er den Priester behandelte, als

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