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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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Menschen eine Abneigung dagegen entwickelt haben, hintergangen und betrogen zu werden. Wenn nie eine Analyse also als Rechtfertigung der Untreue gedeutet würde, dann sollte man sie gleichzeitig auch als eine Rechtfertigung sozialer und legaler Mechanismen zur Unterdrückung von Treulosigkeit interpretieren. Was ich damit sagen will, ist: Untreue und ihre Ablehnung sind gleichermaßen »natürlich«.
    In den siebziger Jahren fiel Roger Short, einem britischen Biologen, der später nach Australien ging, eine Besonderheit im Zusammenhang mit der Anatomie der Menschenaffen auf: Schimpansen haben riesige Hoden, Gorillas winzige. Obwohl ein Gorilla viermal so schwer ist wie ein Schimpanse, wiegen seine Hoden nur ein Viertel dessen, was Schimpansenhoden wiegen. Short machte sich Gedanken darüber, was das zu bedeuten habe, und vermutete, es könnte mit dem Paarungssystem in Zusammenhang stehen. Nach Short sind die Hoden um so größer, je ausgeprägter die weibliche Polygamie ist. 12
    Der Grund dafür liegt auf der Hand. Paart sich ein Weibchen mit mehreren Männern, dann konkurrieren die Spermien aller Männchen darum, seine Eier zuerst zu erreichen. Die einfachste Möglichkeit, das Rennen zu eigenen Gunsten zu beeinflussen, besteht darin, mehr Spermien zu produzieren und die Mitbewerber zu überfluten. (Es gibt auch andere Möglichkeiten: Einige Kleinlibellen verwenden zum Beispiel ihren Penis, um Spermien herauszuschaffen, die zuerst dort waren. Hunde und Australische Springmäuse »verankern« ihren Penis nach der Kopulation im Weibchen und können sich eine Zeitlang nicht befreien, wodurch sie andere daran hindern, zum Zuge zu kommen. Beim Mann kommt es offenbar zur Produktion größerer Mengen defekter »Kamikaze«-Spermien, die eine Art Pfropf bilden, der die vaginale Pforte für spätere Eindringlinge verschließt. 13 ) Wie wir gesehen haben, leben Schimpansen in Gruppen, in denen sich mehrere Männchen ein Weibchen teilen, so daß die Fähigkeit, häufig ejakulieren und dabei große Spermienmengen produzieren zu können, äußerst vorteilhaft ist, denn wer sie besitzt, hat die größte Chance auf eine Vaterschaft. Dieses Bild stimmt quer durch alle Affen- und Nagerarten. Je mehr sie sich, wie der Gorilla, eines sexuellen Monopols sicher sein können, um so kleiner sind ihre Hoden. Wenn sie in Gruppen mit vielen Männchen leben, sind die Hoden um so größer, je höher die Promiskuität ist. 14 Es sah ganz so aus, als hätte Short damit zufällig einen anatomischen Hinweis gefunden, der das Paarungssystem einer Art erklärt: Große Hoden sind gleichbedeutend mit polygamen Weibchen. Ob man es verwenden könnte, um das Paarungssystem einer bisher nicht untersuchten Art vorherzusagen? Man weiß zum Beispiel nur sehr wenig über die Lebensgemeinschaften von Walen und Delphinen, wenngleich – aufgrund des Walfangs – über ihre Anatomie sehr viel bekannt ist. Selbst wenn man ihrer Größe Rechnung trägt, so sind die Hoden bei allen Walarten riesenhaft. Die Hoden eines ordentlichen Glattwals wiegen mehr als eine Tonne und machen zwei Prozent seines Körpergewichts aus. Dem Affenschema folgend ließe sich nunmehr mit gutem Grund vorhersagen, daß Wal- und Delphinweibchen in erster Linie nicht monogam leben, sondern sich mit mehreren Männchen paaren. Soweit man inzwischen weiß, ist dies der Fall. Das Paarungssystem des Großen Tümmlers scheint aus dem gewaltsamen Zusammentreiben fruchtbarer Weibchen durch wechselnde Koalitionen von Männchen zu bestehen, wobei ein Weibchen gelegentlich sogar von zwei Männchen gleichzeitig begattet wird – ein Fall von Spermienkonkurrenz, der alles in den Schatten stellt, was man aus der Schimpansenwelt kennt. 15 Pottwale leben wie Gorillas in Harems: Ihre Hoden sind vergleichsweise klein. Ein Männchen ist alleiniger Besitzer des Harems, hier fehlt die Spermienkonkurrenz.
    Lassen Sie uns diese Überlegungen nun auf den Menschen anwenden.
    Verglichen mit anderen Menschenaffenarten sind die Hoden des Mannes von mittlerer Große – beträchtlich größer als die eines Gorillas. Ähnlich wie bei den Schimpansen befinden sich auch beim Menschen die Testikel in einem Skrotum außerhalb des Körpers, so daß bereits produzierte Spermien kühlgehalten werden und damit »lagerfähig« sind. 16 All das ließe sich als Beweis dafür werten, daß auch beim Menschen Spermienkonkurrenz besteht.
    Nun sind menschliche Hoden aber nicht annähernd so groß wie die von Schimpansen, und es gibt vage

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