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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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Hinweise darauf, daß sie nicht mit voller Kraft arbeiten (was heißt, daß sie bei unseren Urahnen möglicherweise größer gewesen sind): Die Spermienproduktion pro Gramm Lebendgewicht ist beim Mann relativ gering. Alles in allem läßt sich offenbar mit gutem Grund der Schluß ziehen, daß es beim Menschen – wie erwartet – kein übermäßig hohes Maß an Promiskuität gibt. 17 Nicht nur Affen, Menschenaffen und Delphine verfügen zum Teil über große Testikel. Auch Vögel tun das. Und von Vögeln stammt auch der entscheidende Hinweis hinsichtlich des menschlichen Paarungssystems. Die Zoologen wissen seit langem, daß die meisten Säuger polygam sind, während die meisten Vögel monogam sind. Sie führen dies auf die Tatsache zurück, daß es durch die Ablage von Eiern den Vogelmännchen möglich ist, sich sehr viel früher an der Aufzucht der Jungen zu beteiligen, als das einem Säuger je möglich sein wird. Ein Vogelmännchen kann sich damit beschäftigen, ein Nest zu bauen, es kann sich am Brüten beteiligen und für die Jungen Futter herbeischaffen: Das einzige, was es nicht vermag, ist das Eierlegen. Dies führt dazu, daß junge Vogelmännchen einem Weibchen mehr bieten als eine bloße Besamung, nämlich Hilfe bei der Aufzucht der Jungen, ein Angebot, das bei Arten wie den Sperlingen, die ihre Jungen füttern, angenommen wird, bei Arten wie den Fasanen, die ihre Jungen nicht füttern, hingegen nicht.
    Bei manchen Vögeln übernehmen die Männchen, wie wir gesehen haben, sogar alle diese Aufgaben, so daß den Weibchen als einziges die Pflicht bleibt, die Eier für ihre vielen Ehemänner zu legen. Bei den Säugern hingegen gibt es nicht allzu viel, was ein Männchen tun kann, selbst wenn es das wollte. Es kann das Weibchen während der Schwangerschaft ernähren und damit zum Wachstum des Fetus beitragen, oder es kann das Baby herumtragen, wenn es geboren ist, und ihm, sobald es entwöhnt ist, Nahrung bringen, aber es kann es weder im Bauch herumtragen noch stillen. Säugerweibchen müssen im großen und ganzen allein mit ihren Jungen zurechtkommen, und bei den wenigen Möglichkeiten, die ein Männchen hat, dem Weibchen zu helfen, ist es unter Umständen besser dran, wenn es seine Energie darauf verwendet, als Polygamist zu leben. Nur dann, wenn seine Chancen für weitere Paarungen gering sind und seine Anwesenheit die Sicherheit der Jungen – wie bei den Gibbons – erhöht, bleibt es.
    Bis Mitte der siebziger Jahre war diese Art von Spieltheorie-Argumenten gang und gäbe. In den achtziger Jahren aber ist es möglich geworden, genetische Blutuntersuchungen bei Vögeln durchzuführen, und hier wartete eine ungeheure Überraschung auf die Zoologen. Man stellte fest, daß sehr viele Jungvögel in einem Nest gar nicht die Kinder ihrer mutmaßlichen Väter sind. Vogelmännchen machen einander mit beachtlicher Häufigkeit zum Hahnrei. Beim Indigofink, einem hübschen dunkelblauen Vogel aus Nordamerika, der allem Anschein nach in treuer Einehe lebt, stammen vierzig Prozent der Jungen, die ein durchschnittliches Männchen in seinem Nest füttert, von einem anderen Vater. 18
    Die Zoologen hatten einen wichtigen Aspekt des Vogellebens völlig unterschätzt. Sie wußten, daß es ihn gab, hatten aber keine Vorstellung von seinem Ausmaß gehabt. Das Phänomen ist bekannt unter der Abkürzung EPC (extra pair copulation oder »außereheliche Beziehung«), doch ich werde es im folgenden als Seitensprung bezeichnen, denn darum handelt es sich. Die meisten Vögel sind zwar wirklich monogam, aber sie sind keineswegs treu.
    Anders Møller, einem dänischen Zoologen von unglaublicher Energie, sind wir bereits im Zusammenhang mit der sexuellen Selektion begegnet. Er hat zusammen mit Tim Birkhead von der Sheffield University ein Buch geschrieben, das zusammenfaßt, was man über die Treulosigkeit von Vögeln weiß, und dieses Buch entwirft ein Bild, das für den Menschen nicht ohne Bedeutung ist. Als erstes konnten die Autoren beweisen, daß auch bei Vögeln die Hodengröße mit dem Paarungssystem der Art zusammenhängt. Am größten sind die Testikel bei Vögeln, die in Polyandrie leben, da heißt, bei denen ein Weibchen von mehreren Männchen begattet wird, und das leuchtet ein: Das Männchen, das die meisten Spermien produziert, wird vermutlich auch die meisten Eier befruchten.
    Soweit sind die Ergebnisse eigentlich nicht überraschend. Die Hoden von Vögeln, die eine Arenabalz abhalten und bei denen wie bei den

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