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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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aufzutauchen. In den sechziger Jahren formulierte er die Theorie der Verwandtenselektion – die Überlegung, daß ein großer Teil tierischer Kooperation und tierischen Altruismus sich mit dem Erfolg solcher Gene erklären läßt, die Tiere dazu veranlassen, sich um nahe Verwandte zu kümmern, da diese die gleichen Gene mit ihnen teilen. Bis weit in die achtziger Jahre hinein war er mit seiner Ansicht, daß Gegenseitigkeit der Schlüssel für jedwede menschliche Kooperation sei, den meisten seiner Kollegen voraus.
    Im Verlauf dieses Buches werden wir wieder und wieder feststellen, daß wir uns in Hamiltons Fußstapfen bewegen. 47
    Mit Hilfe zweier Kollegen von der University of Michigan entwarf Hamilton ein Computermodell für die Wechselwirkung von Krankheit und Sexualität, ein kleines Stück Künstliches Leben. Es begann mit einer imaginären Population aus zweihundert Lebewesen. Sie ähnelten dem Menschen in vielem – sie waren mit vierzehn fruchtbar, trugen bis etwa fünfunddreißig und bekamen ein Junges pro Jahr. Doch der Computer sorgte dafür, daß sich einige von ihnen sexuell fortpflanzten – das heißt, es waren zwei Elternteile nötig, um ein Kind zu zeugen und großzuziehen –, die anderen dagegen asexuell. Der Tod unterlag dem Zufall. Wie zu erwarten, starb der Teil der Population, welcher sich sexuell vermehrte, bei jedem Durchlauf rasch aus. Bei einer Partie zwischen Sexualität und Asexualität gewinnt – wenn sonst alles andere gleich ist – grundsätzlich die Asexualität 48
    Als nächstes führte man einige Parasitenspezies ein – zweihundert Individuen von jeder Art –, deren Einfluß von krankheitserregenden Genen abhing, welchen bei den Wirtsorganismen keimabwehrende Gene gegenüberstanden. Die Wirte mit der geringsten Widerstandskraft und die Parasiten mit der geringsten Ansteckungskraft starben in jeder Generation. Nun war die Population mit asexueller Vermehrung nicht mehr automatisch im Vorteil. Nunmehr ging die Partie häufig an die Sexualität. Am häufigsten gewann sie, wenn es in jedem Lebewesen viele Gene gab, die Widerstandskräfte und Infektionskräfte festlegten.
    Was in diesem Modell geschah, war folgendes: Erfolgreiche krankheitsabwehrende Gene nahmen wie erwartet zu, worauf die Zahl der krankheitserregenden Gene, die solche Widerstandskräfte umgehen konnten, ebenfalls wuchs. Dadurch verminderten sich die krankheitsabwehrende Gene wiederum, und das widerfuhr dann auch den Gegenspielern. Wie Hamilton es ausdrückte: »Antiparasitäre Anpassungen befinden sich in einem Zustand permanenter Rückständigkeit.« Doch bevor die ungünstigen Gene aussterben, wie das bei dem Populationsanteil mit asexueller Vermehrung der Fall ist, wird der Prozeß an einem bestimmten Punkt gestoppt, so daß sie wieder aufleben können.
    »Das Wesentliche an sexuellen Vorgängen ist bei unserer Theorie die Tatsache, daß sie Gene bewahren, die im Augenblick zu nichts taugen, von denen man sich aber verspricht, daß sie irgendwann vielleicht wieder gebraucht werden«, schrieb Hamilton. »Sie probieren [diese Gene] in ständig neuen Kombinationen aus und warten, bis der Brennpunkt der nachteiligen Eigenschaften sich woandershin verlagert hat.«
    Es gibt kein ideales Modell für die Gestaltung des körpereigenen Schutzschildes gegenüber Krankheiten, weil dieser sich ständig ändern muß. 49
    Bei Hamiltons Simulationen füllt sich der Bildschirm seines Computers mit einem roten transparenten Würfel, in dessen Innerem zwei Linien, eine grüne und eine blaue, einander wie Feuerwerke in einer lange belichteten Aufnahme jagen. Diese Darstellung repräsentiert folgenden Sachverhalt: Der Parasit verfolgt seinen Wirtsorganismus durch den »genetischen Raum« – genauer ausgedrückt: Jede Achse des Würfels repräsentiert verschiedene Versionen desselben Gens, und sowohl Wirt als auch Parasit ändern ihre Genkombinationen ständig. In etwa der Hälfte aller Fälle endet der Wirt schließlich in einer Ecke des Würfels, am Ende seiner Genvielfalt, und bleibt dort stecken. Ein besonders gutes Mittel, das zu verhindern, sind Mutationsfehler, doch auch ohne sie geschieht das spontan. Es ist vollkommen unvorhersehbar, was geschehen wird, obgleich die Ausgangsbedingungen von einem unbarmherzigen »Determinismus« geprägt sind – es gibt kein Zufallselement.
    Manchmal verfolgen die beiden Linien einander in genau demselben gleichmäßigen Rhythmus um die Kante des Würfels herum, wobei sie ganz allmählich

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