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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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Farbintensität karotinoid-gefüllter Gewebe ist ein sichtbares Zeichen für den Grad des Parasitenbefalls. Kein Wunder also, daß Rot oder Orange so häufige Farben bei Ornamenten wie den bei der Balz präsentierten Kämmen, Kehl- und Hautlappen der Fasanen und Hühner sind. 53
    Größe und Farbenpracht solcher Kämme werden also durch das Vorhandensein von Parasiten beeinträchtigt, hervorgerufen aber werden sie durch Hormone. Je höher der Testosteronspiegel im Blut eines Hahns, um so größer und farbenprächtiger werden Kamm und Kehllappen sein. Das Problem dabei ist nur, daß mit dem Testosteronspiegel auch der Parasitenbefall zunimmt. Das Hormon selbst scheint die Resistenz gegenüber Parasiten herabzusetzen. 54 Wieder einmal weiß niemand warum, aber es ist eine Tatsache, daß Cortisol, das »Streß«-Hormon, das in Krisenzeiten in den Blutstrom abgegeben wird, einen deutlichen Effekt auf das Immunsystem hat. Eine langfristige Studie über den Cortisolspiegel bei Kindern auf den Westindischen Inseln hat ergeben, daß kurze Zeit nachdem der Cortisolspiegel erhöht war, auch das Infektionsrisiko anstieg. 55 Cortisol und Testosteron sind beide Steroidhormone, und sie haben eine bemerkenswert ähnliche Molekularstruktur: Von den fünf biochemischen Schritten, die notwendig sind, um aus Cholesterol Cortisol beziehungsweise Testosteron entstehen zu lassen, unterscheiden sich nur die beiden letzten Schritte. 56 Irgend etwas an den Steroidhormonen scheint also die Immunantwort grundsätzlich zu unterdrücken. Aufgrund dieses Aspekts der Testosteronwirkung ist das männliche Geschlecht anfälliger gegen Infektionen als das weibliche, ein Trend, der sich durch das gesamte Tierreich hindurch verfolgen läßt. Eunuchen leben länger als andere Männer, und das männliche Geschlecht weist generell eine höhere Mortalität auf. Bei einem kleinen australischen Lebewesen, einer Beutelmaus, erliegen die Männchen während der turbulenten Brutsaison sämtlich tödlichen Infektionen und sterben. Es hat den Anschein, als verfügten Männchen über einen begrenzten Energievorrat, den sie entweder zur Reproduktion oder für die Abwehr gegenüber Krankheiten einsetzen können, nicht aber für beides zusammen. 57
    Im Hinblick auf die sexuelle Selektion bedeutet dies, daß Lügen sich nicht lohnt. Lebt man bezüglich seines Geschlechtshormonspiegels über seine Verhältnisse, so hat dies zwar den Besitz größerer Ornamente zur Folge, aber man wird auch anfälliger für den Befall durch Parasiten, der sich nun wiederum im Zustand dieser Ornamente niederschlägt. Unter Umständen läuft das Ganze rückwärts: Das Immunsystem unterdrückt die Testosteronproduktion. Mit Zuks Worten: »Männchen sind in dem Augenblick anfälliger für Krankheiten, in dem sie die männliche Ausrüstung erhalten.« 58
    Die beste Bestätigung für diese Mutmaßung entstammt einer Studie an Plötzen, kleinen Fischen mit rötlichen Flossen, die man im schweizerischen Bielersee findet. Den Plötzenmännchen wachsen auf der gesamten Körperoberfläche kleine Knötchen, die die Weibchen offenbar stimulieren, wenn sich die Fische bei der Balz aneinanderreiben. Je mehr Parasiten ein Männchen hat, um so weniger Knötchen wachsen ihm. Ein Zoologe ist in der Lage, aus der Zahl der Knötchen zu erschließen, ob das Männchen von einem Rundwurm oder von einem Plattwurm befallen ist. Die Schlußfolgerung liegt auf der Hand: Wenn ein Zoologe erkennen kann, welcher Parasit den Fisch befallen hat, dann kann ein Plötzenweibchen das vermutlich erst recht. Das Krankheitsmuster kommt durch verschiedene Arten von Geschlechtshormonen zustande: Die Konzentration des einen läßt sich nur um den Preis einer erhöhten Anfälligkeit für einen bestimmten Parasiten erhöhen, die des anderen läßt sich nur um den Preis einer verringerten Immunabwehr gegen eine andere Parasitenart erhöhen. 59
    Wenn Hahnenkämme und Plötzenknötchen ehrliche Signale sind, dann gilt dies aller Wahrscheinlichkeit nach auch für den Gesang. Eine Nachtigall, die lange und laut singt, muß bei guter Gesundheit sein, und ein großes Repertoire verschiedener Melodien läßt auf Erfahrung oder Geschick oder auf beides schließen. Eine temperamentvolle Balz, wie der pas de deux zweier Schnurrvögel ist vermutlich ebenfalls ein ehrliches Zeichen. Ein Vogel hingegen, der wie Pfau und Paradiesvogel lediglich seine Federn zur Schau stellt, ist möglicherweise ein Schwindler, dessen Vitalität seit dem Erwerb

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