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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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zu groß hat werden lassen. Hätten die Genqualitätsverfechter recht, sollten die größten Ornamente auch die symmetrischsten sein, denn große Ornamente sind Ausdruck guter Gene und einer streßarmen Entwicklung. Hätten die Fisherianer recht, sollte man im Prinzip keine Beziehung zwischen Größe und Symmetrie erwarten; wenn es aber doch eine gäbe, dann sollten die größten Ornamente am wenigsten Bezug zur Symmetrie haben, und zwar deshalb, weil die Größe einer Verzierung nichts anderes über ihren Träger aussagt, als daß er in der Lage ist, das größte Ornament zu produzieren.
    Møller stellte fest, daß bei den von ihm untersuchten Schwalben die Männchen mit den größten Schwänzen auch die deutlichste Symmetrie aufwiesen. Dies entspricht nicht dem Muster, daß man bei anderen Federn beobachtet, zum Beispiel bei Flügelfedern, die der gewohnten Regel gehorchen: Die höchste Symmetrie findet sich bei denen, die der Durchschnittslänge am nächsten kommen. Mit anderen Worten: Während für die meisten Federn die Beziehung zwischen Federlänge und Symmetrie eine Glockenkurve ergibt, bildet sich aus diesem Verhältnis bei den Schwanzfedern eine ansteigende Kurve. Da die Schwalben mit den längsten Schwanzfedern bei der Partnerwahl die erfolgreichsten sind, heißt das gleichzeitig auch, daß symmetrische Schwanzfedern erfolgversprechender sein müssen. Møller kürzte oder verlängerte also die Schwanzfedern bestimmter Männchen und veränderte gleichzeitig auch deren Symmetrie. Je länger die Schwanzfedern waren, um so eher fanden die Männchen ein Weibchen und um so mehr Junge zogen sie auf. Innerhalb einer Größenklasse aber schnitten die mit der höheren Symmetrie besser ab als die mit geringerer Symmetrie. 49
    Møller wertet dies als unzweifelhaften Beweis für die Theorie der guten Gene, denn es beweist, daß sexuelle Selektion sich für ein zustandsabhängiges Merkmal – Symmetrie – entscheidet. Er tat sich mit Pomiankowski zusammen, und sie begannen, Ornamente, die eine Korrelation zwischen Größe und Symmetrie aufweisen, von denen zu unterschieden, bei denen es eine solche Verknüpfung nicht gibt – also Genqualitätsverfechter von Fisherianern zu trennen. Ihre ursprüngliche Schlußfolgerung hatte gelautet, Tiere mit einzelnen Ornamenten – wie Schwalben mit ihrem langen Schwanz – seien eher dem Gute-Gene-Lager zuzurechnen, während Tiere mit multiplen Ornamenten – wie Fasanen mit langem Schwanz, roten Gesichtsrosetten und farbenprächtigem Gefieder – eher Fisherianer seien und keine Korrelation zwischen Symmetrie und Größe aufwiesen. Pomiankowski hat die Angelegenheit seither aus einem anderen Blickwinkel heraus betrachtet und argumentiert folgendermaßen: Überall dort, wo die Weibchen eine Wahl nichts kostet, herrscht Fisher, und damit eine bestimmte Form von Ornamenten. Die Qualität der Gene ist dort von Bedeutung, wo die Kosten der Wahl hoch sind. Dieselbe Schlußfolgerung noch einmal: Pfauen sind Fisherianer, Schwalben sind Genqualitätsanhänger. 50

Ehrliches Kammhuhn
    Bis jetzt habe ich die Evolution männlichen Zierats nur vom Standpunkt des Weibchens aus betrachtet, denn seine Vorliebe treibt diese Evolution an. Bei einer Art wie dem Pfau aber, bei der weibliche Partnerwahl herrscht, ist das Männchen kein ausschließlich passiver Erdulder seines evolutionären Geschicks. Es ist ein leidenschaftlicher Freier und gleichzeitig ein eifriger Verkäufer. Es hat ein Produkt – möglicherweise seine Gene – zu verkaufen, und es hat über dieses Produkt etwas mitzuteilen.
    Nun gibt es aber nicht einfach seine Informationen preis und wartet dann bescheiden die Entscheidung der Pfauenhenne ab, sondern es ist vielmehr darauf aus, sie zu überzeugen und zu verführen. Und genauso wie sie von Weibchen abstammt, die eine sorgsame Wahl getroffen haben, stammt es von Männchen ab, die sich gut verkaufen konnten.
    Der Vergleich mit dem Anpreisen einer Ware ist recht aufschlußreich, denn Werbefachleute vermarkten ihr Produkt nicht nur mittels bloßer Information. Sie flunkern, übertreiben und versuchen, es mit angenehmen Dingen in Zusammenhang zu bringen. Sie verwenden erotische Bilder, um Eiscreme zu verkaufen, Paare, die Hand in Hand einen Strand entlangschlendern, um Flugtickets an den Mann zu bringen, Romantik für Instantkaffee und Cowboys für Zigaretten.
    Wenn ein Mann eine Frau umwirbt, dann schickt er ihr keine Kopie seines Bankauszugs, sondern eine Perlenkette. Er schickt

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