Eros und Evolution
Daten von einhundertneun Vogelarten und stellten dabei fest, daß es die farbenprächtigsten Arten waren, die am stärksten von Blutparasiten befallen waren. Diese Behauptung ist heftig angezweifelt worden und wurde heiß diskutiert, doch scheint sie auf festen Füßen zu stehen. Bei einem Überblick über fünfhundertsechsundzwanzig tropische Vogelarten erhielt Zuk dasselbe Ergebnis, und es gibt andere Forscher, die das gleiche für Paradiesvögel und einige Arten von Süßwasserfischen 42 bestätigen konnten: je mehr Parasiten, um so auffälliger die Art. Sogar beim Menschen ist offenbar die Parasitenlast um so schwerwiegender, je stärker polygam eine Gesellschaft ist, wobei man nicht weiß, ob das etwas zu bedeuten hat. 43 All das ist unter Umständen nur Zufall; Korrelation ist nicht gleichbedeutend mit Ursache. Um die Mutmaßungen von Hamilton und Zuk zu bestätigen, bedarf es dreierlei: Erstens müßten sich Beweise für regelmäßige genetische Zyklen bei Wirten und Parasiten finden; zweitens müßten Ornamente besonders gut geeignet sein, Parasitenfreiheit zu demonstrieren, drittens müßten Weibchen tatsächlich aus ebendiesem Grund die resistentesten Männchen wählen, und es dürfte sich nicht herausstellen, daß die erwählten Männchen nur zufälligerweise resistent sind.
Seit der ersten Veröffentlichung der Theorie von Hamilton und Zuk häufen sich die Befunde. Manche Indizien unterstützen die Theorie, andere nicht. Keines davon erfüllt wirklich alle genannten Kriterien. So wie die Theorie zum einen voraussagt, daß die prachtvollsten Arten auch die am stärksten von Parasiten befallenen sein müßten, so fordert sie gleichzeitig, daß innerhalb einer Art das Männchen mit dem prachtvollsten Schmuck am wenigsten von Parasiten geplagt sein sollte: In verschiedenen Fällen hat sich das bestätigen lassen; auch ist erweisen, daß Weibchen allgemein die am wenigsten von Parasiten befallenen Männchen bevorzugen. Das trifft für Beifußhühner, Laubenvögel, Paradiesvögel, Frösche, Guppys und sogar für Grillen zu. 44 Bei den Schwalben werden die Männchen mit längerem Schwanzgefieder von den Weibchen bevorzugt. Diese Männchen sind weniger stark von Läusen befallen, und ihre Nachkommen erben eine Resistenz gegen den Läusebefall auch dann, wenn sie von Stiefeltern aufgezogen werden. 45 Diese Ergebnisse überraschen nicht im mindesten. Es wäre im Gegenteil sehr viel erstaunlicher, wenn sich herausstellen sollte, daß Weibchen sich von mageren, kranken Männchen verführen ließen, statt dem Charme des gesündesten zu erliegen. Dennoch: Vielleicht meiden sie ein krankes Männchen aus keinem anderen Grund als dem, daß sie seine Erreger nicht aufschnappen wollen. 46
Experimente mit Beifußhühnern überzeugen allmählich einen Teil der Skeptiker. Mark Boyce und seine Kollegen von der University of Wyoming stellten fest, daß an Malaria erkrankte Hähne und verlauste Hähne wenig erfolgreich sind. Sie beobachteten ferner, daß Läuse leicht festzustellen waren, da sie auf den aufgeblasenen Luftsäcken sichtbare Flecken bildeten. Zeichneten Boyce und seine Mitarbeiter auf die Luftsäcke eines gesunden Hahns solche Flecken, sank der Paarungserfolg des Hahns rapide. 47 Wenn sie nun noch zeigen könnten, daß es Zyklen von einem Resistenz-Gen zum anderen gibt, die durch das weibliche Selektionsverhalten vermittelt werden, dann erführe die Theorie der guten Gene einen deutlichen Aufschwung.
Symmetrische Schönheit
Im Jahre 1991 stolperten Anders Møller und Andrew Pomiankowski über eine Möglichkeit, den Bürgerkrieg zwischen Fisherianern und Gute-Gene-Anhängern zu beenden. Sie heißt Symmetrie. Es ist ein in der Entwicklungsbiologie wohlbekannter Umstand, daß der Körper eines Tieres symmetrischer ausfällt, wenn er unter guten Voraussetzungen heranwächst, und weniger symmetrisch, wenn die Voraussetzungen weniger gut waren. Skorpionsfliegen zum Beispiel entwickeln sich symmetrischer, wenn sie wohlgenährte Väter haben, die es sich leisten können, ihre Weibchen gut zu füttern. Der Grund hierfür besteht schlicht in dem bekannten Sand-im-Getriebe-Argument: Es ist nicht einfach, hohe Symmetrie zu erzeugen. Geht irgend etwas schief, kann Asymmetrie die Folge sein. 48
Die meisten Körperteile wie Flügel oder Schnäbel sollten daher dann maximale Symmetrie aufweisen, wenn sie genau die richtige Größe besitzen, und am wenigsten symmetrisch sein, wenn irgendeine Form von Störung sie zu klein oder
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