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Eros und Evolution

Eros und Evolution

Titel: Eros und Evolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Ridley
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Pin-up-Girl des Monats im Playboy in Frage. 64 Vielleicht ist Lows Theorie falsch, und sie ist die letzte, die diese Möglichkeit ausschließt, und doch ist die Theorie um keinen Deut weniger logisch oder weiter hergeholt als jede der Konkurrenztheorien, und für unsere Zwecke liefert sie ein anschauliches Beispiel dafür, daß ein Rote-Königin-Rennen zwischen jemandem, der einen unlauteren Werbefeldzug führt (in diesem Fall einmal die Frauen), und einem Kunden, der Ehrlichkeit fordert, nicht notwendigerweise von demjenigen gewonnen wird, der für Ehrlichkeit plädiert. Wenn Low recht hat, dann muß Fett leichter zu erwerben sein als Milchdrüsengewebe, genauso wie es für die Überlegungen von Dawkins und Guilford notwendig ist, daß Schwindel billiger sein muß als die Wahrheit. 65

Glucksende Frösche
    Das Ziel des männlichen Geschlechts ist die Verführung: Es versucht, die weibliche Seite dazu zu bringen, seinem Charme zu erliegen, ihre Gedanken mit Beschlag zu belegen und ihr Denken zu beeinflussen. Für das Männchen besteht ein Evolutionsdruck zu immer perfekteren Balzritualen, die ihm das Weibchen gewogen machen und es sexuell erregen, so daß es sich einer Paarung mit ihr sicher sein kann.
    Für das Weibchen besteht – wenn man davon ausgeht, daß es von Vorteil ist, das beste Männchen zu wählen – der Evolutionsdruck darin, jeglichem Balzverhalten zu widerstehen – mit Ausnahme freilich der allerbesten Darbietung. Mit dieser Aussage hat man im Grunde nur die Argumentation zum Thema Weibchenwahl wiederholt, wobei diesmal eine stärkere Betonung auf dem »Wie« liegt als auf dem »Warum«. Doch Wiederholungen können auch sehr erhellend sein, und in diesem speziellen Fall gilt das ganz besonders. Michael Ryan von der University of Texas wiederholte diese Frage vor einigen Jahren, und zwar unter anderem deshalb, weil er sich mit Fröschen beschäftigt. Bei Fröschen lassen sich weibliche Präferenzen sehr leicht bestimmen, denn das Männchen sitzt auf einem Fleck und ruft, während das Weibchen dem Klang des Männchens nachgeht, der ihr am besten gefällt. Ryan ersetzte die Frösche durch Lautsprecher und bot den Weibchen verschiedene Aufnahmen von Männchen an, um ihre Präferenzen zu testen.
    Das Froschmännchen der Spezis Physalaemus pustulosus lockt sein Weibchen mit einem langgezogenen Klagelaut, dem ein »Gluckser« folgt. Mit einer einzigen Ausnahme produzieren sämtliche seiner nächsten Verwandten den Klagelaut allein. Doch mindestens eine der verwandten Arten ohne den Gluckser zieht Rufe mit Glucksern denen ohne Gluckser vor. Das war ungefähr so, als habe man entdeckt, daß ein Stammesangehöriger aus Neuguinea Frauen in weißem Hochzeitskleid attraktiver findet als Frauen, die das traditionelle Gewand tragen. Es gibt Hinweise darauf, daß die Vorliebe für den Gluckser allein damit zu tun hat, daß das weibliche Ohr (oder, um genau zu sein, die Basilarmembran des Innenohrs) auf die Frequenz des Glucksers anspricht; vom Standpunkt der Evolution her gesehen, haben die Männchen dieses entdeckt und ausgenutzt. In Ryans Augen bringt dies das gesamte theoretische Gebäude der Weibchenwahl ins Wanken. Denn diese Theorie sagt sowohl in der Form von Fishers »sexy-son«-Hypothesen als auch in Gestalt der Theorie von den »guten Genen« vorher, daß sich männlicher Schmuck und weibliche Präferenz im Laufe der Evolution gleichzeitig entwickeln. Ryans Ergebnis aber scheint darauf hinzudeuten, daß die Präferenz in voll ausgereifter Form bereits existierte, bevor das Männchen den Schmuck überhaupt besaß. Pfauenhennen hatten bereits eine Vorliebe für Schwanzfedern mit schillernden Augen darauf, als die Hähne noch aussahen wie große Hühner. 66
    Falls irgendwer diesen Frosch für einen glücklichen Zufall hält: Alexandra Basolo, eine Kollegin Ryans, hat genau dasselbe bei einem Fisch gezeigt, beim Platy. Hier werden Männchen mit langen schwertähnlichen Verlängerungen der Schwanzflosse von den Weibchen bevorzugt.
    Männchen einer anderen Art besitzen solche schwertförmigen Schwänze, doch keine der anderen Verwandten des Platys, und es wäre schon sehr an den Haaren herbeigezogen, wollte man argumentieren, sie hätten alle ihr Schwert verloren. Wahrscheinlicher ist, daß sich der Schwertschwanz allmählich entwickelt hat. Die Präferenz für Schwertschwänze war bereits vorhanden, bevor es die Schwertschwänze selbst gab. 67 Auf der einen Seite ist das, was Ryan sagt, nicht besonders

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