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D-Quadrat Pluto unverständlich finden und dass das ganze Gespräch eine lange Reihe fürchterlicher Entgleisungen werden würde. Doch Cameron schien sich mit dem verschrobenen alaskischen Demiurgen durchaus wohlzufühlen, vielleicht weil er in Cambridge mit Nerds der ersten Garde zusammenlebte und dinierte. Er war entweder von Plutos Idee fasziniert oder bemühte sich lobenswerterweise, Faszination vorzutäuschen, und was davon zutraf, war egal. »Haben Sie die Vorstellung, dass dieses außerirdische Planetesimal intakt und unter der Erdoberfläche versteckt bleibt?«
»Ganz weit unten mag ein großer Brocken davon intakt sein«, sagte Pluto, »aber manches davon dürfte von Magmaströmen geschmolzen und fortgetragen worden sein. Aber nicht aufgelöst. Es würde sich auf der Oberfläche von T’Rain als Adern besonderer Erze und dergleichen manifestieren.«
»Natürlich!«, sagte Don Donald. »Und die Kulturen, die auf der Oberfläche des Planeten aufkommen und nichts von den geologischen Tatsachen wissen, würden schließlich die besonderen Eigenschaften dieser Erze, was immer das sein könnte, erkennen.«
»Falls die physische Beschaffenheit des Planetesimals anders wäre, etwa weil es durch ein Wurmloch aus einem anderen Universum gekommen wäre, würde das eine Grundlage für das liefern, was wir Magie nennen«, sagte Pluto, »und die Metallurgen, die lernen würden, sie sich zunutze zu machen, würden Alchemisten werden, Tränkebrauer, Hexenmeister …«
»Und sie würden sich eifrig daranmachen, Unmengen von NOMU s herzustellen«, warf Richard ein, nur für den Fall, dass irgendjemand das aus dem Blick verlor. Er hatte nämlich genug Spiele gespielt, um zu wissen, dass NOMU s wertvollen virtuellen Besitz darstellten, was wiederum Kapitalzufluss für Corporation 9592 bedeutete. »Ich glaube, meine Arbeit hier ist erledigt«, sagte er im Aufstehen und bediente sich dabei des stets zuverlässigen Hilfsmittels bei Trunkenheit, indem er sich, während er die Beine streckte, an eine Wand lehnte. »Ich werde euch beide allein lassen, damit ihr die Einzelheiten ausarbeiten könnt.«
Nicht zum ersten Mal wurde das künftige Überleben und Gedeihen der Firma von Plutos Gedächtnis sichergestellt. Nachdem er weitere zwei Stunden mit D-Quadrat gesprochen hatte, ging er nach Hause und schrieb alles in einem Emacs-Dokument mit dem Titel »es.txt« auf, der später in »es.docx« umgemodelt wurde und damit eine ganze Familie von eher diskursiven Dokumenten und Wikiseiten, ein Projekt und dann eine Abteilung etablierte, die alle »es« hießen, bis eine Dame unter den professionellen Managern, die die Firma zu infiltrieren begonnen hatten, die Augenbrauen hochzog, worauf alles in Narrative Dynamik umbenannt werden musste. Was als erste wichtige Initiative daraus folgte, war die Einstellung von Devin Skraelin.
Die Kernaussage von »es« war, wie Richard (als großer Verfechter des Delegierens von Verantortlichkeiten an Leute, die sich tatsächlich dafür interessierten) erst viel später herausfand, dass sich in der Biosphäre von T’Rain zwei unterschiedliche Arten von DNA befanden, eine, die ausschließlich T’Rain eigene Elemente aufwies, während die andere mit winzigen Materiemengen von dem verschluckten Planetesimal vermischt und daher mit »Magie« erfüllt war, wobei »Magie« jetzt ein von T’Rains empfindungsfähigen Rassen erfundenes soziales Konstrukt war, das die andersartige physikalische Beschaffenheit der fremden Atome erklären sollte. Manche Spezies waren vollständig aus der zuerst genannten DNA entstanden, manche waren mit einer kleinen Menge des fremden Stoffs gemischt, und sehr wenige bestanden zu hundert Prozent aus dem Material des Planetesimals und verfügten folglich über engel-/dämonen-/gottähnliche Eigenschaften, wobei sie sich nur schwer fortpflanzen konnten, da es schwierig war, genügend Biomasse aus der richtigen Art von Materie zusammenzubekommen.
Selbstverständlich war es weitaus komplizierter, als es hier klang; und schon nach kurzer Zeit mussten Tabellen und Baumdiagramme aufgezeichnet werden, damit der Überblick nicht verloren ging. Das war aber der Kern von es.docx, das sie in seiner endgültigen Neun-Komma-sieben-Megabyte-Fassung Devin übergeben hatten, als sie ihn zum ersten und letzten Writer-in-Residence machten.
»Was macht Zula?«, fragte Richard, bemüht, eine Unterhaltung mit Pluto in Gang zu bringen. Sie waren inzwischen über den High Plains, und er nahm an, dass
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