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allein da, ungeschützt, und Marlon hatte die Idee, dass er durch den Hintereingang des Gebäudes in den Keller hinuntergehen und nachsehen könnte, ob dem Typen noch zu helfen war.
Normalerweise war die Hintertür natürlich verschlossen. Heute aber hatte jemand sie weit offen hängen lassen.
Marlon trat gerade ein, als das Gebäude explodierte. Und obwohl sein erster Impuls darin bestand, wieder rauszurennen und von dort wegzukommen, war er unmittelbar danach froh, es nicht getan zu haben. Ein gewaltiger Teil des Wohnblocks stürzte in den Keller und jagte eine kolbenförmige Staubwolke den Gang entlang direkt auf ihn zu. Er kehrte ihr den Rücken, sodass sein Blick jetzt in die Hintergasse fiel, und da sah er, wie es von oben Unmengen loser Mauerwerkteile herabregnete. Hätte irgendeiner davon ihn am Kopf getroffen, wäre er jetzt tot. Doch der Türsturz über ihm – der Erdbebenkunde zufolge der stärkste Teil eines Gebäudes – hielt stand und beschützte ihn.
Der Mann, der sich Mr. Jones nannte, überlegte sich seinen Weg offensichtlich spontan. Und genauso offensichtlich war das für ihn in Ordnung. Ihm schien nicht bewusst zu sein, dass der Keller einen Ausgang auf die Hintergasse hatte, und so ging er, Zula mit sich ziehend, die Stufen zu dem Treppenabsatz im Erdgeschoss hinauf. Als sie sich ihm näherten, streckte Jones seine freie Hand vor seinem Körper vorbei, legte sie über Zulas Augen und nahm sie erst wieder weg, als sie sich in einem Korridor befanden. Zula wusste warum und wehrte sich nicht dagegen.
Von da aus steuerte er auf den Haupteingang an der Vorderseite des Gebäudes zu. Nach zwei Wendungen in engen Korridoren erreichten sie eine Stelle, wo Zula geradewegs durch einen Gang, dann etwas, was sie für die Eingangshalle hielt, und schließlich die Eingangstür hindurch auf die Straße sehen konnte. Quer vor dieser Tür parkte der Lieferwagen. Anfangs konnte Zula Yuxia nicht am Fahrerfenster sehen, doch dann nahm sie Bewegung wahr und erkannte, dass Yuxia sich hinüber gebeugt und die Beifahrertür zugezogen hatte. Danach saß die Chinesin wieder hinter dem Lenkrad, betätigte den Schalthebel, drehte sich um und warf noch einen Blick auf das Gebäude. Zula hegte für einen Moment die Hoffnung, Yuxia könnte in den Korridor hineinschauen und ihren Blick auffangen. Das wäre jedoch sehr schwierig gewesen, da das Innere des Gebäudes jedem, der von außen hineinsah, dunkel erschienen sein dürfte. Und nicht nur dunkel, sondern überfüllt, da durch das Feuergefecht verängstigte Mieter, so schnell sie konnten, aus dem Haus drängten.
Fast hatten sie die Eingangshalle erreicht. Dann wich Jones, anscheinend aus einer Laune heraus, nach links in eine Tür aus, die, wie er gemerkt hatte, halb offen stand. Es war die Wohnung, die vorne zur Straße hinausging, und sie schien fluchtartig verlassen worden zu sein; niemand war da, aber der Fernseher lief noch und aus der Küche drang der Duft von heißem Essen. Jones steuerte von der Seite auf das Fenster zu, zog mit einem Ruck die Jalousie herunter, riss den Rand ein Stückchen auf und spähte durch die Lücke auf die Straße.
»Da ist unsere Mitfahrgelegenheit«, bemerkte er nach ein oder zwei Sekunden, und Zula dachte, er meinte vielleicht den Lieferwagen, bis ihr auffiel, dass er den Kopf seitlich an die Wand gepresst hatte und einen Punkt in einiger Entfernung die Straße hinunter anvisierte.
Dann gab es einen ungeheuren Lärm und die schlaffe Jalousie schlug gegen das Glas, um einen Augenblick später hinaus ins Leere zu flattern, denn das gesamte Fenster war aus seinem Rahmen gesprengt worden. Zula duckte sich instinktiv, als die Druckwelle durch ihre Füße heraufkam. Doch sie setzte sich noch weiter fort.
Jones schien nicht im Mindesten überrascht.
»Das Gebäude bricht von oben nach unten zusammen«, bemerkte er. »Vielleicht sollten wir lieber hier verschwinden.«
»Aber Csongor!«
»Falls Csongor der Mann im Keller ist«, sagte Jones, »hat er sich genau den richtigen Platz ausgesucht, um das hier heil zu überstehen.«
Hätte die Chinesin ihn nicht auf Russisch angesprochen, hätte Sokolow keinen weiteren Gedanken an sie verschwendet. Doch jetzt war seine Neugier geweckt, und er widmete dem zerstörten Büro, ehe er seinen Weg fortsetzte, etwas mehr Zeit, als er es sonst getan hätte. Die Räume waren vollkommen zerstört worden, wobei der größte Schaden durch eine heruntergebrochene Putzträgerdecke entstanden war, über und
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