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das Haus getrennt verlassen. Ich kann für Sie Ausschau halten, Ihnen sagen, wenn das Treppenhaus frei ist und Sie gefahrlos rauskommen können.«
»Sehr gut.«
»Wir gehen getrennt zum Fährterminal und nehmen verschiedene Fähren«, sagte sie. »Danach kann ich Ihnen nichts versprechen.«
»Vielleicht bekommen Sie mich aus China raus«, sagte Sokolow. »Vielleicht auch nicht. Vielleicht werde ich verhaftet. Verhört. Muss ihnen sagen, wo britische Abhörausrüstung und Dokumente von Geheimdienst sind.«
Sie starrte ihn nur an.
»Details«, fuhr er fort, »für Ihren Chef, wenn Sie zum wa ngba gehen.«
Später, als einer von der Besatzung die Luke öffnete, um ihr eine Schale Nudelsuppe zu bringen und ihren Eimer zu leeren, sah Zula, dass es draußen dunkel war.
Sie hatte versucht, die Zeit zum Nachdenken zu nutzen. Dabei kam nichts heraus.
Trauer um Peter schien angebracht zu sein. Sie machte sich fertig zum Weinen. Saß an der Kante eines Stockbetts mit Stahlrahmen, Ellbogen auf den Knien, bereit, es fließen zu lassen. Und es kamen ein paar Tränen. Genug, um ihren Blick zu trüben und sie zum Schniefen zu bringen, aber nicht genug, um loszubrechen und ihr übers Gesicht zu rinnen. Sie war traurig, dass Peter tot war. Traurig genug, um die Tatsache, dass Peter sie in dem Keller stehen gelassen hatte, kurz bevor Iwanow ihn vor allem deswegen hingerichtet hatte, zu vergeben, aber nicht traurig genug, um sie zu vergessen. Das war das wahrhaft Erbärmliche an Peters Tod: was er unmittelbar davor getan hatte.
Ihre Gedanken schweiften jedoch von diesem erzwungenen und befangenen Trauern ab, und sie fand sich in sorgenvollem Grübeln über Csongor wieder. Über Yuxia.
Eine Erinnerung stellte sich ein, beinahe so schockierend wie beim ersten Mal, von dem Gesicht eines jungen Chinesen an dem Treppenhausfenster, nur Zentimeter von ihrem entfernt.
Beten schien angebracht zu sein. Beten für die Toten, für die Vermissten und für sie selbst. In Anbetracht der Tatsache, dass sie von Leuten erzogen worden war, die zur Kirche gingen, fand sie es etwas merkwürdig, dass sie nicht früher darauf gekommen war. Nichts von alledem, was gerade passierte, wäre nach ihrem Dafürhalten durch die Kommunikation mit einem göttlichen Wesen besser geworden. Mit der möglichen Ausnahme, dass es ihr gefühlsmäßig vielleicht besser gegangen wäre. Darin lag ihrer Meinung nach der Sinn der Religion, in der sie aufgewachsen war: Sie gab den Menschen, wenn wirklich schreckliche Dinge passierten, ein besseres Gefühl, und sie bot ein Repertoire an Ritualen, die dazu dienten, Dingen wie dem Zusammenziehen mit jemandem oder dem Bewerfen einer Leiche mit Erde einen Hauch von Klasse zu verleihen. Wovon Zula nichts als besonders störend empfand oder in seiner Daseinsberechtigung anzweifelte. Dafür zu sorgen, dass traurige Menschen sich besser fühlten, war eine feine Sache.
Diese Art von Religion hatte nicht die Kraft, einen dazu zu bewegen, sein ganzes Geld einem Scharlatan zu geben, vergiftetes Kool-Aid zu trinken oder sich Sprengstoff am Körper festzuschnallen, schien aber gleichzeitig auch den Herausforderungen nicht gewachsen zu sein, die eine Situation wie diese mit sich brachte. Da Zula bis jetzt aber kein Problem damit gehabt hatte, fand sie es ein bisschen unfair, in einem Augenblick wie diesem plötzlich zu etwas Inbrünstigerem überzugehen.
Das Beten um Ergebnisse war das, was sie nicht verstand. Seit wann hatte sie ein Stimmrecht? Dieses Schiff würde genau dahin fahren, wohin sie es steuerten.
Und das konnte überall sein. Das lag auf der Hand. Der ganze Sinn eines Fischerboots bestand ja darin, aufs Meer zu fahren – hinaus in internationale Gewässer. Ohne einen Blick auf eine Karte werfen zu können, hatte sie die vage Vorstellung, dass dieses Ding sie innerhalb weniger Tage an jeden Ort entlang der Küste Südostasiens bringen könnte. Das musste Jones’ Plan sein.
Die eiserne Kette an der Luke begann erneut zu klirren. Mit einem Quietschen ging die Tür auf und Jones trat ein. Er schloss die Luke hinter sich, und setzte sich, an ein Stahlschott gelehnt, im Schneidersitz auf den Teppich. Sie saß immer noch auf der Bettkante.
»Erzählen Sie mir von dem Jet.«
»Sie sind aus Toronto gekommen.«
»Das weiß ich. Wo ist der Jet jetzt?«
»Reizbar heute Abend.«
Er funkelte sie an. »Das Adrenalin ist verpufft«, sagte er. »Zehn meiner Genossen sind heute gestorben. Ich glaube, gut die Hälfte von ihnen hat
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