Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Error

Error

Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
Vom Netzwerk:
die Mädchenschule zumachte und die Lehrerin zu Tode steinigen ließ oder so was.«
    »Besonders interessant ist das, was er vor der Steinigung gemacht hat«, sagte Jones.
    »Und das war was?«
    »Er hat sie vergewaltigt.«
    »Gut«, sagte Zula, »was ist dann der Sinn der Geschichte? Dass er gar nicht so sehr Moslem ist, wie er behauptet?«
    »Ganz im Gegenteil«, erwiderte Jones, »er hat es aus dem islamischsten aller Gründe getan. In seiner Optik jedenfalls. Hier stimme ich zufällig in einem kleinen theologischen Detail nicht mit ihm überein.«
    »Wollen Sie damit sagen, dass es für das, was er getan hat, eine theologische Rechtfertigung gibt?«
    »Eher ein theologisches Motiv «, sagte Jones. »Sehen Sie, durch die Vergewaltigung hat er die Lehrerin zu einer Ehebrecherin gemacht. Und Sie wissen, was mit einer Ehebrecherin passiert, nachdem sie zu Tode gesteinigt wurde?«
    »Sie kommt in die Hölle?« Zula versuchte, die völlig Unbeteiligte zu spielen, doch ihr versagte fast die Stimme.
    »Genau. Für sein Empfinden tötete Khalid die Lehrerin also nicht nur, sondern tat das auf eine Weise, die sie dazu verdammte, in …«
    »Ich weiß, was die Hölle ist.«
    »Ich versuche ja nur, Ihnen zu bedenken zu geben, wie gefährlich es ist, sich in der Gewalt von Leuten wie Khalid zu befinden.«
    »Das habe ich vermutet«, knurrte sie.
    »Sie haben es vielleicht vermutet , aber jetzt fühlen Sie es, sodass es Ihr Handeln leiten wird.«
    »Leiten oder beherrschen?«
    »Das ist eine westliche Unterscheidung. Wie auch immer. Sie haben jetzt von Ihnen bekommen, was sie wollten: heulende Hysterie. Schön gespielt. Für mich hat die offenkundige Vortäuschung es fast noch ergreifender gemacht.«
    »Danke.«
    »Ich dagegen, als Europäer, der ich bin, brauche eher etwas Intellektuelleres.«
    »Nämlich?«
    » Islam «, sagte er. »Unterwerfung.«
    »Sie wollen, dass ich mich unterwerfe.«
    »Diese Gerissenheit heute Morgen in dem Keller«, sagte er. »Sokolow in die falsche Wohnung zu schicken. Hat mich viel gekostet.«
    »Was glauben Sie, wie es mir jetzt geht?«
    »Nicht so schlecht, wie Sie es verdienen.«
    So etwas kannte sie von Männern, die an den äußeren Ästen des Familienstammbaums lauerten. Männern, die das Familientreffen nur zu dem Zweck besuchten, kleinen Kindern ein schlechtes Gewissen zu machen. Zum Glück waren Onkel John und Onkel Richard immer in der Nähe gewesen, um sie ihr vom Leib zu halten.
    Natürlich waren ihre Onkel jetzt nicht hier.
    Allmählich war sie es leid. »Ich unterwerfe mich«, sagte sie.
    »Keine mutigen Sachen mehr?«
    »Keine mutigen Sachen mehr.«
    »Keine schlauen Pläne?«
    »Keine schlauen Pläne.«
    »Vollkommener und absoluter Gehorsam?«
    Das war schon schwieriger. Aber auch wieder nicht so schwierig, wenn sie an Yuxia und den Eimer dachte. »Vollkommener. Und absoluter. Gehorsam.«
    »Gut gewählt.«
    Als sie Yuxia auf den Kopf gedreht hatten, war ihre größte Sorge nicht die gewesen, dass man sie kopfüber in einen Eimer tauchen würde – irgendwie spürte sie, dass das nur eine Demonstration war –, sondern dass das Handy aus ihrem Stiefel fallen würde.
    Sie hatte sich gefragt, ob diese Männer wohl je einen Film gesehen hatten. In Filmen wurden Gefangene nämlich immer abgetastet, um sicherzugehen, dass sie nichts bei sich hatten. Qian Yuxia war jedoch nichts dergleichen zuteilgeworden. Vielleicht lag es daran, dass sie Islamisten waren und das Berühren von Frauen für sie ein Tabu darstellte. Vielleicht auch, dass man sie als Frau für harmlos hielt. Oder dass sie eng anliegende Jeans und ein ebenso enges ärmelloses T-Shirt trug, was erkennen ließ, dass sie nichts bei sich hatte. Aus welchem Grund auch immer, sie hatten sich nicht die Mühe gemacht, sie auf heimlich mitgeführte Gegenstände zu untersuchen; sie hatten sie lediglich in eine große Kabine auf dem Hauptdeck gebracht und dort an ein Tischbein gekettet. In der Kabine war viel Betrieb, da sie der Schiffsbesatzung als Kombüse und als Messe diente, und der Tisch, an den sie gefesselt war, war der, an dem die Männer ihre Mahlzeiten einnahmen und Tee tranken. Da immer jemand da war, hatte sie es für nicht ratsam gehalten, das Handy aus ihrem Stiefel zu holen und für irgendwas zu benutzen. Hin und wieder erfuhr sie durch ein Vibrieren an ihrem Knöchel, dass sie, oder besser Marlon, gerade wieder eine SMS bekommen hatte. Wäre es in dem Raum etwas leiser gewesen, hätte sie befürchtet, jemand könnte

Weitere Kostenlose Bücher