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Error

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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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und Yuxia saß auf einem Stuhl in der Mitte. Zulas Instinkt sagte ihr natürlich, sie müsse hier wieder raus. Doch Jones’ Stellvertreter – sie hatte herausgefunden, dass er Khalid hieß – stand über ihr auf der Leiter und trat ihr praktisch auf die Hände.
    Der Schiffsmotor war ein paar Minuten zuvor angesprungen, der Anker gelichtet worden, und nachdem sie die überfüllte Bucht verlassen hatten, fuhren sie in einem Bogen langsam auf die Rückseite der Insel, die völlig unbewohnt zu sein schien. Sie war dem Wetter vom Meer her ausgesetzt und hatte keinen natürlichen Hafen, sodass sie vermutlich für wertlos erachtet wurde. In diesem Raum unter Deck machten die Maschinen einen unerträglichen Lärm. Doch als Zula von der letzten Sprosse auf die Deckplatten trat, wurde die Geschwindigkeit auf eine geringe Drehzahl gedrosselt, gerade genug, um ein wenig voranzukommen und das Schiff unter Kontrolle zu behalten.
    Yuxias Beine waren an Knöcheln und Knien zusammengebunden worden, und ihre Arme wurden hinter ihrem Rücken gefesselt.
    Hinter Khalid kam ein Mitglied der Besatzung die Leiter herunter, zur Seite gebeugt unter der Last eines fünf Gallonen fassenden Plastikeimers, der randvoll mit Meerwasser war. Einiges davon schwappte heraus, während er durch die Kabine wankte, aber als er ihn vor Yuxia auf dem Boden absetzte, war er immer noch bis fünf Zentimeter unterhalb der Kante gefüllt.
    »Halt«, sagte Zula, »das ist völlig …«
    »Unnötig. Ja. Das habe ich ja gerade gesagt«, unterbrach Jones sie. »Für Sie und mich, ja. Und für sie , ganz bestimmt. Für alle anderen scheint es dagegen schrecklich wichtig zu sein.«
    Khalid war hinter Yuxia getreten, und für einen Augenblick wirkte die Szene, die sich Zulas Blick darbot, wie eins dieser grobkörnigen Webcam-Videos, in denen eine hilflose Geisel abgeschlachtet wird.
    So etwas sollte das hier jedoch nicht werden. Jedenfalls nicht genau. »Ihre Freundin!«, verkündete Khalid, und dann nickte er den Männern zu, die links und rechts von Yuxia postiert waren. Sie näherten sich ihr von beiden Seiten und schafften es schließlich mit einer Tollpatschigkeit und Unbeholfenheit, die unter anderen Umständen komisch gewesen wäre, Yuxia so umzudrehen, dass ihre Füße in die Luft ragten und sie ihren Kopf in den Eimer manövrieren konnten. Verdrängtes Wasser schwappte über den Rand und floss quer übers Deck.
    »Nein«, sagte Zula leise.
    »Betrachten Sie es als Darbietung«, sagte Jones.
    »Sagen Sie ihnen, sie sollen aufhören«, sagte Zula.
    »Sie verstehen mich nicht«, fuhr Jones fort. » Sie sind diejenige, die etwas darbieten muss. Sie wollen Sie in heulender Hysterie sehen. Und je länger Sie die Unbeteiligte spielen, desto länger ist sie ohne Sauerstoff.«
    Zula warf sich nach vorne und hätte es fast geschafft, als Jones ihr ein Bein stellte und sie zu Fall brachte. Sie landete der Länge nach auf dem Deck, ihre ausgestreckte Hand nur wenige Zentimeter vom Eimerboden entfernt. Als sie zu einem weiteren Sprung ansetzte, kam ein gestiefelter Fuß von oben und trat auf ihre Hand. Sie wand sich und blickte in das Gesicht von Khalid auf, der mit einem Ausdruck faszinierter Ekstase unverwandt auf sie herunterstarrte. Mit ihrer linken Hand grapschte sie nach seinem Knöchel. Er trug Armeestiefel mit Schnellschnürhaken. Einer von ihnen verfing sich in dem Verband um ihren kleinen Finger; dieser löste sich in Spiralen von ihrer fuchtelnden Hand und nahm den Fingernagel mit. Khalids anderer Fuß stampfte auf ihren linken Unterarm und hielt auch ihn fest. Sie hatte sich gedreht, sodass sie in voller Länge auf der Seite lag, beide Hände niedergedrückt, nur Zentimeter von dem Eimer entfernt, wo Yuxia jetzt um ihr Leben kämpfte, ihre modisch geschnittenen Haare gegen das durchsichtige Plastik trieben, während sie hin und her zappelte, um den Eimer umzukippen, und die Wasseroberfläche blubberte, während ihre Lunge sich leerte.
    Zula empfand nichts von dem, was sie nach dem Wunsch dieser Männer empfinden sollte. Sie wollte sie nur umbringen. Und wäre Jones’ nützlicher Hinweis nicht gewesen, sie hätte ihnen die Darbietung, die sie haben wollten – das Einzige, was Yuxias Leben retten konnte –, womöglich nie gegeben. Doch zwei Details, Yuxias schwimmende Haare und das Blut, das ungehindert aus der Spitze von Zulas kleinem Finger floss, reichten aus, um Zula um den Verstand und in die Verfassung einer Art Laienschauspielerin mit intensiver

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