Error
hatten. Wieder dreißig Sekunden später standen sie auf trockenem Land und feilschten mit dem Skipper, der sich schockiert darüber gab, dass sie erwartet hatten, für seine Dienste nichts bezahlen zu müssen. Die Verständigung war schwierig, bis Yuxia – die, seit sie an Land gekommen waren, abwechselnd auf dem Sandstrand auf- und abgehüpft war, wie um seine strukturelle Festigkeit zu prüfen, und sich auf die Knie hatte sinken lassen, um ihn zu küssen – bemerkte, dass der Mann einen erkennbaren Dialekt des Fujianesischen sprach. Sie richtete sich auf, kam herübergehüpft und begann Worte an ihm auszuprobieren und mit sandigen Lippen Silben zu formen. Csongor bekam mit, dass die Verständigung zwischen den beiden alles andere als perfekt war, dass sie jedoch ein paar Begriffe vermitteln konnten. Marlon – der noch wenige Momente zuvor mit ausgestreckten Armen und Beinen im Sand gelegen und begeistert geschrien hatte – setzte sich auf, spitzte die Ohren, hörte einen Moment lang zu, schien aber so wenig wie Csongor zu verstehen, was die beiden sagten.
Csongor entfernte sich ein paar Schritte, damit der Bootsführer nicht direkt in die Tasche schauen konnte, dann stellte er sie in den Sand, ließ sich auf die Knie fallen und öffnete den Reißverschluss.
Ein Schatten fiel darüber. Im Aufblicken sah er ein vielleicht achtjähriges Mädchen, das ein Baby auf der Hüfte trug und neugierig herabstarrte. Csongor hakte den Arm durch den Schulterriemen der Tasche, stand wieder auf, wodurch er sie über die Blickhöhe der Kleinen hob, und öffnete sie. Die Kleine schob sich um ihn herum, stellte sich auf die Zehenspitzen, versuchte hineinzuschauen, und das Baby griff mit einer besabberten Hand nach der Tasche, bekam sie zu fassen und zog sie nach unten, als wollte es seiner großen Schwester dabei helfen, ihre Neugier zu befriedigen. Die Situation war unmöglich; Csongor konnte schlecht ein wildfremdes Baby anfassen. Aber er wollte wirklich nicht, dass einer von diesen Leuten dahinterkam, wie viel chinesisches Geld sie mit sich herumschleppten.
Die Sonne schien herab in das Mittelfach der Tasche und zeigte nichts als ein paar lose, magentafarbene Geldscheine. Das ganze Bargeld war verschwunden.
Csongor erinnerte sich wieder an den jungen Mann in der Kabine. Wie prall seine Cargotaschen gewesen waren. Er drehte sich um und blickte hinaus zum gestrandeten Rumpf der Szélanya. Hundert Leute waren mittlerweile auf dem Schiff, und weitere waren unterwegs. Andere hatten sich schon geholt, was immer sie gewollt hatten, und zerstreuten sich bereits wieder auf ihren kleinen Booten. Die Situation war unmöglich. Selbst wenn er sich gegen Bezahlung zum Wrack zurückfahren lassen oder hinschwimmen und es ihm irgendwie gelingen würde, einer großen Zahl von Menschen, die wahrscheinlich größtenteils (zumindest) mit Messern bewaffnet waren, seinen Willen aufzuzwingen, war es höchst unwahrscheinlich, dass der junge Mann, der die Geldpacken genommen hatte, noch irgendwo in der Nähe war.
Csongor sah in seiner Brieftasche nach und fand eine Menge ungarisches Geld und ein paar vereinzelte Euroscheine.
Er blickte flüchtig auf den Bootsführer, der nach philippinischen Maßstäben in seinen ethnischen Merkmalen fast völlig asiatisch aussah. Welche Verbindungen hatten die Leute hier mit China? Bloß ein vages Bewusstsein, dass vor Jahrhunderten ihre Vorfahren von dort gekommen waren? Oder fuhren sie ständig hin und her?
»Was für Geld akzeptiert der Typ?«, fragte er Yuxia
»Er nimmt gern unsere renminbi«, versicherte ihm Yuxia.
»Auch anderes?«, fragte Csongor.
Sie stellte die Frage, und Csongor hörte ihn »Dollar« sagen.
Nachdem das kleine Mädchen gesehen hatte, dass es in Csongors Tasche nichts Großartiges zu bewundern gab, hatte es das Interesse verloren, die Finger des Babys davon gelöst und sich zurückgezogen, um weitere Beobachtungen anzustellen. Während Csongor zu Yuxia und dem Bootsführer zurückschlenderte, wühlte er sich in eines der inneren Seitenfächer der Tasche und zog den wiederverschließbaren Plastikbeutel mit Peters persönlicher Habe hervor. Er entnahm ihm Peters Brieftasche, die aus ballistischem Nylon bestand, und öffnete sie. Als er sie auseinanderklappte, sah er unter einem Klarsichtfenster ein Dokument, das er für Peters Führerschein hielt, dazu eine Reihe von Karten und Zettel, die in einem Fächer aus durchsichtigen Plastikhüllen untergebracht waren: irgendeine
Weitere Kostenlose Bücher