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Error

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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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von fünfzig Kilometern muss es einen geben. Wir treffen uns zwischen zwölf und halb eins in der Sportabteilung. Ich gehe einfach jeden Tag hin, bis du auftauchst.«
    Sokolow nahm den länglichen Gewehrkoffer vom Rücksitz und legte ihn sich auf den Schoß. Er klappte ihn auf, sodass die Waffe zum Vorschein kam. Durch Herausziehen zweier Haltebolzen konnte er sie in zwei Teile zerlegen, von denen keiner länger als etwa fünfundvierzig Zentimeter war, und durch Einklappen der Schulterstütze verkürzte er sie noch mehr. Er steckte beide Teile in seinen Rucksack – eine Neuerwerbung aus dem Eddie-Bauer-Laden in der Innenstadt von Seattle – und fügte ihnen noch eine Menge anderen Kleinkram hinzu, der lose in dem Koffer herumlag: ein paar Patronen, zwei leere Magazine, Reinigungszubehör.
    »Glaubst du wirklich, dass du das brauchen wirst?«
    »Ist Frage von Verantwortung«, sagte Sokolow. »Kann nicht in verlassenem Auto liegen lassen. Ist außerdem Beweis – Fingerabdrücke von Igor.« Er zog den Reißverschluss des Rucksacks zu und sah sie an. »Du steigst aus bei Bushaltestelle. Ich liquidiere Auto.«
    »Was willst du damit machen?«
    »Im Wald dahinten sind – wie heißt das? – Orte, wo Wanderer von Straße abfahren, zu Anfang von Weg gehen.«
    »Wanderparkplätze.«
    »Ja, Ich glaube, es ist normal, Auto an solcher Stelle mehrere Tage zu parken. Es ist legal. Wird keine Aufmerksamkeit erregen. Aber es ist weg von Straße. Fällt nicht auf. Ich fahre zurück, parke an solchem Ort, gehe zur Straße.«
    »Und dann?«
    »Anhalter.« Sokolow hielt einen Moment lang inne. »Ist gefährlich, ich weiß, bei Fremden mitfahren. Mit Sturmgewehr in Rucksack nicht so gefährlich.«
    Sie kamen schon seit einiger Zeit an Schildern an der Straße vorbei, die offenbar Bushaltestellen kennzeichneten. Nach einigen Kilometern fanden sie eine, die praktischerweise neben einem Parkplatz lag, sodass sie von der Straße abfahren konnten. Olivia ging zur Bushaltestelle, studierte den Fahrplan und stellte fest, dass in zwanzig Minuten ein Bus kommen würde, mit dem sie in die nahegelegene Stadt Wenatchee fahren konnte. Sie ging um den SUV herum und klopfte ans Heckfenster. Sokolow hatte sich bereits nach links auf den Fahrersitz geschoben. Er entriegelte die Heckklappe. Olivia öffnete sie und hob ihre Tasche heraus. Einen Moment lang trafen sich im Rückspiegel ihre Blicke.
    »Bis bald«, sagte sie.
    »Bis bald.«
    Sie knallte die Heckklappe zu, hievte sich die Tasche über die Schulter und ging zur Bushaltestelle. Sokolow legte den Gang ein, wendete den Wagen, fuhr denselben Weg zurück, den sie gekommen waren, und hielt dabei nach Wanderparkplätzen Ausschau.
    Angesichts der bemerkenswerten Länge und Vielfalt der Feindesliste von Csongor, Marlon und Yuxia gehörte der fünf Häuserblocks lange Spaziergang vom Hotel zur US -Botschaft zu den anregenderen Erlebnissen in Seamus’ jüngstem Leben. Nicht, weil tatsächlich etwas passierte – in diesem Fall hätte er gewusst, wie er sich zu verhalten hatte –, sondern weil er keine Möglichkeit hatte zu erkennen, ob unter den Leuten, die auf dem Bürgersteig an ihnen vorbeikamen oder in Autos, Jeepneys oder auf Motorrollern an ihnen vorbeifuhren, schwer bewaffnete, auf Vergeltung sinnende Mörder waren. Er schätzte, dass er die Entfernung in etwa der Hälfte der Zeit hätte zurücklegen können, wenn er Yuxia einfach im Schultertragegriff huckepack genommen hätte und losgelaufen wäre, während Csongor und Marlon mit ihren langen Beinen Schritt hielten. Keiner von ihnen war unter eins fünfundachtzig, und sie schienen zu begreifen, dass der Aufenthalt im Freien nicht die günstigste Strategie war. Mit Yuxia verhielt es sich anders, nicht weil sie winzig war (sie konnte sich genauso schnell wie die anderen bewegen, wenn sie Lust dazu hatte), sondern weil sie darauf bestand, das Ganze als faszinierenden Forschungs- und Vergnügungsausflug in eine neue und unvertraute Welt und als Gelegenheit zu betrachten, interkulturelle Beziehungen zu möglichst vielen der Hunderten von Menschen herzustellen, denen sie auf der Straße begegnete. Die meisten dieser Gespräche waren erfreulich kurz, möglicherweise weil Yuxias Gesprächspartner verstohlene, unbehagliche Blicke auf Csongor und Seamus warfen, die die junge Frau in aller Regel in die Mitte nahmen, einander den Rücken zukehrten und, eine Hand in der Tasche, mit beunruhigender Wachsamkeit die Umgebung absuchten. Marlons Beitrag

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