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nachgegangen war: die naheliegende Südroute auf die Philippinen, die widerlegt worden war; das Nordamerikanische Gambit, das noch untersucht wurde; und Olivias neues VNAG , das sie (da war Seamus ziemlich zuversichtlich) in ebendiesem Augenblick in Prince George, British Columbia, überprüfte. Keine dieser Theorien schien Csongor so recht überzeugt zu haben. Aber es hatte ihn offenbar getröstet zu wissen, dass man an Orten wie London und Langley daran arbeitete und darüber diskutierte.
»Wie komme ich dorthin?«, hatte Csongor gefragt.
»Sie meinen, in den Nordwesten der Vereinigten Staaten?«
»Ja.«
Seltsamerweise war dies das erste Mal, dass sie darüber gesprochen hatten, was sie konkret tun würden. Dass sie nach Manila kommen mussten, hatte auf der Hand gelegen, also hatten sie es getan, ohne groß zu überlegen, was als Nächstes passieren würde. Seamus hatte die vage Vorstellung, die drei Irrfahrer in die Vereinigten Staaten zu bringen, und er war mit ihnen in diesem Hotel in der Nähe der Botschaft abgestiegen. Aber sich mit ihnen hingesetzt und die Sache besprochen hatte er noch nicht.
»Haben Sie Ihren Pass dabei?«, hatte Seamus gefragt.
»Unglaublich, aber ja.«
»Ungarn gehört doch zu den Ländern, deren Bürger ohne Visum in die USA einreisen dürfen, stimmt’s?«
»Ja.«
»Also müssen Sie einfach nur das Internetformular ausfüllen, die geladene Kanone loswerden, und Sie sind drin. Kein Problem. Was Ihre chinesischen Freunde angeht … das wird interessant.«
»Hilft es«, fragte Csongor, »dass Marlon zwei Millionen Dollar hat?«
»Schaden tut es jedenfalls nichts.«
Jetzt war es verflucht noch mal fünf Uhr morgens, und er war hellwach, umgeben von Leuten, die so tief schliefen, wie Menschen überhaupt nur schlafen können, ohne anästhesiert zu sein. Und Olivia – die angeblich in Kanada ihrer verrückten VNAG -Theorie nachging – hatte verkündet, sie sei aufgeflogen und untergetaucht.
Wie konnte man in Kanada auffliegen? Wieso sollte man sich dort eigentlich die Mühe machen unterzutauchen ? Woher wusste man es überhaupt?
Nicht, dass Seamus im Allgemeinen ein großes Problem mit dem Großen Weißen Norden gehabt hätte. Aber in diesem Land MI 6-Agentin zu sein schien einem Routineauftrag so nahe zu kommen, wie es in der Spionagewelt überhaupt nur ging.
Er fuhr seinen Laptop hoch, fand ein drahtloses Netzwerk, stellte eine verschlüsselte Verbindung her und nahm Kontakt mit Stan auf, einem Kollegen und ehemaligen Waffenkameraden im Großraum von Washington. Dort war gerade Büroschluss und noch dazu Samstag, aber Stan war dafür bekannt, dass er zu sonderbaren Zeiten arbeitete. Seamus fragte ihn, ob es eine zu große Herausforderung für seine intellektuellen Fähigkeiten darstelle, die Herkunft einer bestimmten SMS zu ermitteln, und ob er wohl zu viel Schiss habe, das Ganze diskret zu erledigen, ohne das gesamte Antiterrornetzwerk in Aufruhr zu versetzen.
Dann ging er duschen. Als er wiederkam, erwartete ihn eine Nachricht von Stan, der fragte, was das alles mit Seamus’ Metier – im Süden der Philippinen Schlangen zu fressen und Transen an die Wäsche zu gehen – zu tun habe. Weiter wurde behauptet, die Heimatschutzbehörde habe ihre Alarmstufe infolge von Stans Nachforschungen auf Rot angehoben und der Präsident sei an einen sicheren Ort in Nebraska evakuiert worden. Nach Erledigung dieser Präliminarien verriet Stan, dass die SMS über einen Mobilfunkmast in der Nähe der Passhöhe des Stevens-Passes, nordöstlich von Seattle und deutlich innerhalb der Grenzen der Vereinigten Staaten, verschickt worden sei. Nach den Mobilfunkmastaufzeichnungen zu urteilen sei das fragliche Handy zu dem Zeitpunkt in östlicher Richtung unterwegs gewesen. Weiter sei nichts bekannt, da das Gerät seither nicht mehr im Netz aufgetaucht sei. Ob es sonst noch etwas gebe.
Aber ja, erwiderte Seamus, wenn es Stans Hauptbeschäftigung – sich über die vom Steuerzahler finanzierte Highspeed-Internetverbindung schwule SM -Pornos anzusehen – nicht allzu sehr störe, wüsste er, Seamus, sehr gern, ob eine bestimmte junge Dame in letzter Zeit in Washington oder British Columbia Flugtickets gekauft oder Autos gemietet habe.
Ein paar Minuten später kam eine E-Mail, die Seamus versicherte, die fragliche Lap-Dance-Artistin habe in der Tat eine kilometerbreite elektronische Spur hinterlassen, und vielleicht könne Seamus die folgenden Daten gebrauchen, um sie aufzuspüren und seine
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