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Error

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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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bloß um festzustellen, ob sie offen war, aber anscheinend hatte Onkel Richard sie beim Hinausgehen abgeschlossen. Das war okay. Sie hatte sich das Gebäude vor Augen gerufen und bereits beschlossen, wo sie einbrechen würde. Sie rannte um das Gebäude herum zu der Seite, die dem Damm gegenüberlag: der landschaftlich am wenigsten reizvolle Teil des Anwesens, wo man demzufolge Dinge wie Geräteschuppen und Parkplätze untergebracht hatte. Die nach dieser Seite liegenden Zimmer waren in aller Regel Tagungsräume und Büros. Sie hob einen der Landschaftsgestaltung dienenden, runden Flusskiesel auf, der ungefähr die Größe einer kleinen Melone hatte. Den Stein in beiden Händen, rannte sie auf ein Bürofenster zu und schleuderte ihn in das Glas. Es barst mit einem Lärm, der noch in Elphinstone zu hören gewesen sein musste. Auf einem Bein stehend, trat sie vorstehende Scherben weg, dann griff sie durch die Öffnung und entriegelte das Fenster.
    Wenige Augenblicke später stand sie in dem Büro, hielt sich das Telefon ans Ohr und hörte nichts.
    Auch das Licht funktionierte nicht.
    Die ganze Stromversorgung, sämtliche Telefone, das ganze Internet, alles tot.
    Jones musste die Leitungen gekappt haben, als er zu Richard gekommen war.
    Ein sehr starker Impuls drängte sie, in Tränen auszubrechen, aber sie kehrte ihm gewissermaßen den Rücken, ließ ihn abblitzen wie einen unwillkommenen Gast auf einer Party und versuchte nachzudenken.
    Ihr ganzer Plan hatte darauf beruht, dass sie von hier aus würde telefonieren können. Oder wenigstens das Alarmsystem auslösen. Blinkende Lichter. Das war alles, was sie brauchte: unten im Tal jemandes Aufmerksamkeit zu erregen. Am ehesten hoffte sie auf Chet; er wohnte in einem kleinen Haus etwa acht Kilometer die Straße hinunter. In einer ruhigen Nacht war es vielleicht sogar möglich, von so weit weg einen Alarm zu hören.
    Das Flussufer, auf dem sie sich befand – das rechte –, war jenseits von hier unpassierbar, und zwar wegen Baron’s Rock, der es in eine senkrechte, von eiskaltem Wasser in heftiger Bewegung blank gescheuerte Felswand verwandelte. Um nach Elphinstone zu gelangen, würde sie aufs andere Ufer wechseln müssen, und zwar auf der Straße, die oben über den Damm führte. Von dort aus lägen bis Elphinstone noch dreißig Kilometer schlechte Straße vor ihr. Jahandar – sie war sich ziemlich sicher, dass er der schnell laufende Dschihadist war – lag nur noch ein kurzes Stück hinter ihr und war schneller. Wenn sie lediglich der Straße folgte, konnte er sie mit einem Gewehrschuss erledigen oder sie einfach einholen und ihr ein Messer in den Rücken stoßen.
    Sie würde zwischen die Bäume laufen und sich verstecken müssen.
    Dann würden zwei Dinge geschehen. Erstens, die Dschihadisten würden die Straße kontrollieren. Um in die Stadt zu kommen, würde sie die bewaldeten Hügel am linken Ufer hinaufklettern und sich den ganzen Weg bis zur Stadt querfeldein durchschlagen müssen. Zweitens, sie würde frieren und unter den Folgen von Hunger und Durst leiden. Denn sie hatte alles auf diesen Sprint gesetzt, ihre warmen Kleider zurückgelassen und weder Wasser noch Proviant mitgenommen.
    Das Einzige, was ihr einfiel, um Aufmerksamkeit zu erregen, war, das Gebäude anzuzünden und zu hoffen, dass jemand den Rauch und die Flammen bemerkte.
    Das könnte funktionieren oder auch nicht. Aber es würde eine Weile dauern. Und in einem brennenden Gebäude konnte sie nicht warten. Sie würde auch dann in den Wald hinauslaufen und dort ein paar Stunden, womöglich länger, am Leben bleiben müssen.
    Ihr blieben nur ein paar Minuten, um sich für einen Überlebensmarsch in der Wildnis von unbekannter Dauer auszurüsten.
    Dabei konnte sie hier noch nicht einmal etwas sehen. Zum Telefon hatte sie sich mit Hilfe des da und dort sichtbaren, trüben Mondscheins getastet. Die einzige Lichtquelle in diesem Raum war ein rotes LED -Lämpchen an einer Wand, etwa in Höhe ihres Knies.
    Das weckte eine vage Erinnerung: Im Schloss gab es in Steckdosen an der Wand eingesteckte Notfalltaschenlampen, eine in jedem Zimmer, die außer bei Stromausfall ständig aufgeladen wurden.
    Sie zwang sich zu langsamen, vorsichtigen Schritten – sie wollte nicht stolpern und auf zerbrochenes Glas fallen –, durchquerte das Zimmer, tastete sich die Wand entlang und fand die Taschenlampe. Sie leuchtete blendend hell. Zula, die kein offensichtliches Ziel für jemanden abgeben wollte, der durch ein

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