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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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Tieren bemerkt werden. In der vergangenen Nacht war kein Bär aufgetaucht, doch weil dies kein häufig benutzter Zeltplatz war, hatten die Tiere auch keinen Grund, ihn aufzusuchen, solange sie ihn nicht mit Fressen assoziierten.
    Die ganze Zeit, während sie dies tat, überlegte sie hin und her, ob es eine gute Idee war. Wenn die Dschihadisten sie nicht vor Sonnenuntergang exekutierten, hatte sie eine gute Chance, ihnen auch ohne Unterstützung des hiesigen Ursus-arctos-horribilis- Bestandes zu entkommen. Es war nicht so, als wollte sie, den Schlüssel des Vorhängeschlosses in der verschwitzten kleinen Hand, die ganze Nacht wach bleiben und darauf warten, dass die Bären kamen, ehe sie ihren Fluchtversuch unternahm. Wenn sie denn auftauchten, würden sie mit ebenso hoher Wahrscheinlichkeit ihre Kidnapper wecken, wie dazu beitragen, ihre Flucht zu decken; und wenn sie Lust hatten, Menschen zu töten und zu fressen, wären sie an ihr mindestens ebenso interessiert wie an ihnen. Aber sie tat es trotzdem, weil sie es als gute Möglichkeit empfand, ihre Verachtung für diese Männer zu zeigen.
    Der Nachmittag schien sich ewig in die Länge zu ziehen. Die Schläfer wachten auf, als die Sonne nur noch etwa eine Handbreit über dem Kamm der Selkirks stand, und begannen sich mit dem zeitlosen Gebaren hungriger Menschen, die erwarten, dass jemand anders ihnen etwas zu essen macht, in Zulas kleinem Küchenbereich herumzudrücken. Zula präsentierte die aufgespießten, bratfertigen Kebabs und gab zu verstehen, dass sie besser schmeckten, wenn man sie über Holzkohle anstatt über den blauen Flammen eines Campingkochers grillte. Bald trampelten Ershut und Sayed durch den umliegenden Wald und sammelten Feuerholz.
    Weil sich Zula daran gewöhnte, ihre schweren, krachenden Bewegungen zwischen den Bäumen zu hören, achtete sie zunächst nicht weiter darauf, als ihre Ohren das leise Knirschen eines Schritts auf getrockneten Kiefernadeln und das Geraschel hörten, mit dem etwas, das sich durch den Wald bewegte, Gesträuch zur Seite schob. Als es ihr dann schließlich doch ins Bewusstsein drang, hatte sie sofort das Gefühl, es eigentlich schon eine ganze Weile gehört zu haben. Im Hinterkopf hatte sie gedacht, Warum schleicht Ershut so langsam durch die Gegend? So wird er nicht viel Feuerholz sammeln. Doch dann sah sie Ershut, eine doppelte Ladung toter Äste in den Armen, aus der Gegenrichtung auf den Lagerplatz trampeln. Also musste es Sayed sein. Doch Sayed tauchte nur wenige Schritte hinter Ershut zwischen den Bäumen auf.
    Also schlich sich Zakir, der Fiese, durch den Wald an sie heran. Aber warum sollte er sich die Mühe machen? Sie war an einen Baum angekettet. Sie war schon gefangen.
    War es Jahandar, der eine neue Scharfschützenposition einnahm? Nein, sie hatte ihn mit einem leeren Wasserbeutel in Richtung Blue Fork im Wald verschwinden sehen.
    Also musste es doch Zakir sein.
    Zwei Minuten später, als Zula frisches Brennholz auf die fast heruntergebrannten Überreste des Lagerfeuers legte, hörte sie ein lautes, zischendes Geräusch und sah im Aufblicken, wie sich Zakir aus seinem Zelt wuchtete, wo er sich offenbar wärmere Kleidung angezogen hatte. Sich auf sinkende Temperaturen vorbereitet hatte. Denn die Sonne war inzwischen nur noch eine rote Blase auf den Selkirks.
    Wer oder was war also dort oben im Wald herumgeschlichen?
    Einen Moment lang wurde sie sehr aufgeregt, weil sie sich vorstellte, es wäre ein Retter. Ein Scharfschütze der Royal Canadian Mounted Police, den man als Vorauskommando einer größeren, hubschraubergestützten Rettungsaktion geschickt hatte, damit er das Lager infiltrierte. Aufgrund dieser Illusion achtete sie darauf, nicht in den Wald zu starren, keinerlei Neugier darauf zu zeigen, was dort sein könnte.
    Doch nach einer Weile, während das Feuer hoch aufloderte und dann herunterbrannte und in den Zwischenräumen des Astgewirrs kleine Kohlebetten bildete, schüttelte sie den Kopf vor so etwas wie Beschämung darüber, dass sie je so naiv hatte sein können, sich dergleichen einzubilden. Niemand kam, um sie zu retten. Das musste sie selbst tun. Und wahrscheinlich war das auch besser so. Wenn sie im Dunkeln durch den Wald flüchtete, hatte sie eine Chance. Mitten in einem Feuergefecht mit automatischen Waffen an einen Baum gekettet, würde sie nicht lange überleben. Und, noch schlimmer, es stünde nicht in ihrer Macht, ihre Lage zu ändern.
    Aber das alles beantwortete die Frage nicht.
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