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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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langjährigen Konsum von Hollywoodfilmen, fragte sich Richard, wann der Hubschrauber in Flammen aufgehen würde, aber das schien immer weniger wahrscheinlich zu sein, je mehr Zeit verstrich. Der Treibstofftank leckte nicht, und soviel Richard sehen konnte, gab es keinerlei Zündquellen.
    Der Pilot berichtete ziemlich ruhig, dass sämtliche Teile seines Körpers vom Nabel abwärts sich anfühlten, als wären sie eingeschlafen. Nicht in dem Sinne, dass sie völlig taub waren, denn er konnte sie bewegen und hatte auch Gefühl darin, sondern in dem Sinne, dass sie wie verrückt kribbelten. Ganz offensichtlich war seine Wirbelsäule von der Wucht des Aufpralls gestaucht worden und hatte vielleicht einen Schaden davongetragen, der sich auf sein Rückenmark auswirkte. Er war nicht gelähmt. Doch es könnte zu einer Lähmung kommen, wenn sie versuchten, ihn zu bewegen »wie so ein paar dämliche Gutmenschen mit Scheiße im Hirn«, so Seamus’ Formulierung.
    Yuxia und Seamus schienen kaum andere Verletzungen als ein paar kräftige Prellungen davongetragen zu haben, von denen sie am nächsten Tag blaue Flecken und steife Muskeln haben würden. Für alles andere sorgte Adrenalin. Das und, in Yuxias Fall, ein schwerer Endorphinrausch, hervorgerufen von der Gewissheit, dass Zula lebte – oder jedenfalls vor einer Stunde noch gelebt hatte. Während Seamus den Piloten befragte und sich darüber klar zu werden versuchte, was zu tun war, konzentrierte sich Yuxia auf Richard. »Ihre Nichte macht Ihnen große Ehre.«
    »Ich bin gerade darauf gekommen, wer Sie sind«, sagte Richard. »Sie hat auf einem Papierhandtuch über Sie geschrieben.«
    Sobald er sich darüber schlüssig geworden war, dass der Hubschrauber nicht explodieren würde, und in Betracht gezogen hatte, dass sie nun gemeinsam über zwei Schusswaffen verfügten, war ihm ganz optimistisch zumute – als müsste man jetzt nur noch die Schurken verhaften und diversen Leuten ein Flugticket nach Hause kaufen.
    »Sind andere unterwegs?«, fragte er Seamus.
    »Was für andere? Wovon reden Sie?«
    »So was wie … Verstärkungen?«
    »Wir sind auf uns allein gestellt«, sagte Seamus.
    »Aber Sie haben doch gewusst, dass ich hier bin … dass die Dschihadisten hier sind.«
    »Scheiße, wenn wir gewusst hätten, dass die hier sind, wären wir mit der ganzen Nationalgarde von Idaho aufgekreuzt. Und dann wären wir auch nicht an einer Stelle in der Luft geschwebt, wo uns ein einziges Arschloch mit einem Gewehr abschießen kann.«
    Richard starrte ihn nur an.
    »Ich mache das auf eigene Rechnung«, sagte Seamus. »Überprüfe eine Hypothese. Kein Mensch glaubt mir. Ich hatte nur einen vagen Verdacht, dass Jones hier entlanggekommen sein könnte, bis Kugeln durch unseren Motorblock gesaust sind.«
    »Haben Sie einen Notruf absetzen können, oder …« Dann verstummte Richard, weil ihm klar wurde, dass er sich zum Narren machte. Er hatte den Abschuss mitverfolgt. Sie hatten keine Zeit gehabt, einen Notruf abzusetzen. »Okay, aber irgendwann wird irgendwer merken, dass der Hubschrauber nicht zurückgekommen ist.«
    »Es ist ein Einmannunternehmen. Das könnte Stunden dauern. Bis dahin ist sowieso schon alles vorbei.«
    »Was ist bis dahin vorbei?«
    »Was auch immer jetzt passieren wird«, sagte Seamus. »Wo zum Teufel ist übrigens Jones?«
    »Die Typen, die Sie abgeschossen haben, sind seine Nachhut. Jones ist weiter südlich. Ich zeige Ihnen gern den Weg. Aber darf ich vorschlagen, dass wir uns zuerst um die kümmern, die auf uns schießen?«
    Während Richard das sagte, wanderte Seamus’ Blick hangaufwärts in die ungefähre Richtung der fraglichen Schurken. Dann blieb er an etwas hängen. »Es sieht so aus, als hätte das schon jemand anders übernommen«, stellte er fest. »Ein lebender Toter.«
    Der Marsch nach Süden war mit einer Reihe von Ereignissen einhergegangen, die Ershut als Enttäuschungen, Strapazen und Rückschläge betrachtet hätte, wenn er in einer verweichlichten westlichen Demokratie aufgewachsen wäre. So aber erschienen sie ihm kaum der Rede wert. Wirklich verstört hatte ihn nur, was dem armen Sayed zugestoßen war. Eine lange, blutige Spur durch den Wald hatte zu einem kleinen Baum geführt, wo Sayeds Körper drei Meter über dem Boden in eine Astgabel eingeklemmt worden war. Sein Kopf hing, die Nase gegen das Brustbein gedrückt, schlaff nach vorn, da seinem Nacken jegliche Muskel- und Knochenstruktur fehlte. Sein Bauch wies vorn ein säuberliches Loch auf,

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