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Error

Error

Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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absteigen müssen. Das taten sie denn auch so rasch es ging, warfen sogar ihre Rucksäcke ab, um mehr Bewegungsfreiheit zu gewinnen, hüpften von Stein zu Stein und ließen sich ab und zu auf kleinen Erdrutschen hinuntergleiten, die sie auf steilen Feldern von feinkörnigerem Geröll auslösten. Ihr allgemeiner Plan war, dass Jahandar zurückbleiben und versuchen würde, sich quer zum Hang in eine Position vorzuarbeiten, von der aus er den abgeschossenen Hubschrauber ins Visier nehmen konnte. Ershut, der eine Maschinenpistole trug, die nur auf sehr viel kürzere Entfernungen effektiv war, würde weiter absteigen, bis er einen Punkt erreicht hatte, von dem aus er aus einer anderen Richtung schießen konnte. Sobald Ershut das Feuer eröffnete, würden die Überlebenden – immer vorausgesetzt, es gab überhaupt welche – natürlich Deckung suchen und sich hinter Felsen oder Bäumen verstecken, und Jahandar wäre imstande, sie von seinem hoch zwischen den Felsen gelegenen Versteck aus zu erledigen. Es war schwer zu beurteilen, aus welcher Richtung Scharfschützenfeuer kam, daher wären sie wahrscheinlich alle längst tot, bevor sie feststellen konnten, wo Jahandar war – oder auch nur begriffen hatten, dass sie aus einer anderen Richtung beschossen wurden.
    Ershut war so erpicht darauf, seinen Teil des Plans auszuführen, dass er den seltsamen Mann mit dem Fernglas völlig vergaß, bis er nahe bei dem blutbefleckten Felsen angekommen war, wo dieser sich aufgehalten hatte. Doch nun war er nicht mehr da. Was von hoch oben wie ein einzelnes Stück Fels ausgesehen hatte, war in Wirklichkeit eine Felszunge, die zu einer Reihe riesiger, kantiger Brocken zersplittert war, die auf den Hang darunter gefallen waren und dort eine kleine Schutthalde bildeten. Ershut erkannte darin eine praktische Möglichkeit, den Hang hinunterzugelangen, ohne von unten gesehen zu werden, und ging zu der Stelle hinüber.
    Und das war der Moment, in dem ihm klar wurde, dass der Mann in der schwarzen Lederkleidung nicht bergab gegangen war, um nach dem abgestürzten Hubschrauber zu sehen, sondern sich lediglich in einer Lücke zwischen zwei Felsblöcken versteckt hatte. Der Mann kam heraus, als Ershut sich näherte, und er hielt die Hände hoch, um zu zeigen, dass er unbewaffnet war.
    Er sah fast noch schrecklicher aus als Sayed. Sayed war wenigstens tot und daher in einem Ruhezustand gewesen. Es hatte keine Befürchtungen gegeben, dass Sayed von seinem Baum herunterklettern und auf sie zukommen würde. Aber dieser Mann wankte mit einem breiten Grinsen im Gesicht auf Ershut zu. Eine Seite von ihm war ganz blutig, und seine Haut hätte weiß gewirkt, wenn Ershut sie nicht vor einem Hintergrund von Schnee gesehen hätte; sie wirkte stattdessen grau.
    Der Mann sagte etwas auf Englisch, eine Sprache, die Ershut so gut wie gar nicht sprach. Im Reden wankte er, einen unsicheren Schritt nach dem anderen, vorwärts und kam immer näher. Das beunruhigte Ershut nicht sonderlich, da der Mann immer noch ein paar Meter entfernt war, immer noch die Hände hochhielt und Ershut den Lauf der Maschinenpistole auf ihn gerichtet hatte. Es wäre ihm allerdings lieb gewesen, wenn der Mann stehen geblieben wäre, denn seine Hautfarbe, sein Gesichtsausdruck und die Art, wie er redete, hatten etwas Verstörendes.
    Ershut warf einen Blick den Hang hinunter, um den abgestürzten Hubschrauber auszumachen. Er konnte die zurückgebogenen Spitzen von Rotorblättern über der langen Schleifspur im Schnee baumeln sehen. Dort unten gingen eindeutig Leute herum, die zu ihm heraufschauten.
    Der graue Mann sagte etwas über Amerika.
    Ershut blickte auf und bemerkte, dass der graue Mann mit einer Hand das Ende einer Schnur gepackt hielt, die im Ärmel seiner Motorradjacke verschwand. Er streckte den Arm und riss an der Schnur.
    Dass Olivia Freude daran hatte, Sokolow anzusehen, war gut, denn seine Reaktionen seit ihrer Ankunft bei Jakes Hütte gaben ihr viel Anlass zur Freude. Er hatte sich eindeutig niemals auch nur vorstellen können, dass es auf der Welt Menschen wie diese gab, die mitten im Nirgendwo wohnten, absichtlich nicht ans Stromnetz angeschlossen waren und, von Waffen umgeben, jeden Tag so lebten, als wäre es vielleicht der letzte Tag der Zivilisation. Während der Fahrradfahrt von Bourne’s Ford hierher hatte sie ihm zu erklären versucht, womit sie es zu tun bekämen. Sokolow hatte gelegentlich genickt und ab und zu sogar Blickkontakt hergestellt. Allerdings hatte sie

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