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Error

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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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blutige Hand an ihrem Hemd ab und tastete dann seitlich an ihrem Körper entlang, bis sie die Glock in der Cargotasche ihrer Hose fand. Sie zog sie heraus und hob sie nach vorn vor ihr Gesicht. Sie hatte keine Ahnung, wie viel Schuss sie enthielt. Da sie noch etwas Zeit zu haben schien, nahm sie das Magazin heraus und drehte es so ins Sonnenlicht, dass sie durch die kleinen Löcher auf der Rückseite schauen und die Patronen zählen konnte. Es handelte sich um ein Siebzehnschussmagazin, das im Augenblick neun Patronen enthielt; eine zehnte befand sich bereits im Patronenlager. Sie führte das Magazin wieder in den Pistolengriff ein, vergewisserte sich, dass es eingerastet war und legte den Finger vorsichtig um den Abzugsbügel, der sich der vorderen Position befand: Ihre Waffe war gespannt und feuerbereit.

Yuxia machte eine Kehrtwendung und stürzte sich hinab in den Wald, während Richard ihr so dicht auf den Fersen blieb, wie er nur konnte. Seamus war beinahe gekränkt von der Entschlossenheit, mit der die junge Lady sich seinen Plan zu eigen gemacht und entsprechend gehandelt hatte. Er war davon ausgegangen, dass es eine längere, nervtötende Übergangsphase geben würde, in der er gezwungen wäre, sie gegen alle ihre sanften weiblichen Empfindungen davon zu überzeugen, ihn in dieser höchst gefährlichen Situation zurückzulassen: fast ungeschützt angesichts eines Feindes mit einer auf viel weitere Entfernung wirksamen Waffe, doch außerstande, sich frei zu bewegen, weil er Jack, den Hubschrauberpiloten, nicht im Stich lassen durfte.
    In den Minuten, nachdem sie und Richard weggegangen waren, war Seamus schwer damit beschäftigt, sich auf sehr spezielle Weise durchs Gelände zu bewegen, um sich so zu platzieren, dass der Scharfschütze oberhalb von ihm ihn (vorzugsweise) nicht sehen oder (falls das nicht möglich war) keinen gezielten Schuss auf ihn abgeben konnte. Ironischerweise nützte ihm seine Tarnkleidung dabei herzlich wenig. Der Hubschrauber war in einer kleinen, schütteren Baumgruppe zum Stehen gekommen, die auf drei Seiten von einem blendend weißen Schneefeld umgeben war. Wenn er sich nicht auf diesem Schneefeld exponieren wollte wie eine Kakerlake in einer Badewanne, blieb ihm nur ein Ausweg, nämlich sich hangabwärts in eine kleine, von Gesträuch und kleinen, struppigen Koniferen gesäumte Rinne zu bewegen, die Wasser aus diesem Teil des Hangs aufnahm und schließlich zu einem Zulauf des Flusses wurde, der über die American Falls stürzte. Das war der Weg, den Yuxia und Richard genommen hatten. Seamus hatte wenig Zweifel daran, dass die beiden wenigstens vorläufig in Sicherheit waren. Er hoffte, der Scharfschütze würde die Bewegung sehen, die sie beim Hindurchhetzen durch das niedrige Laubwerk machten, würde hören, wie sie durch das trockene Unterholz brachen und mit den Füßen Zweige zerknackten, und würde beschließen, ihnen nachzujagen, was ihn direkt in Seamus’ Schussfeld brächte. Der Scharfschütze konnte unmöglich wissen, wie viele Überlebende zu dieser Gruppe zählten, und er konnte auch nicht wissen, wie viele gerade bergab losgerannt waren; mit etwas Glück würde er davon ausgehen, dass sie alle die Flucht ergriffen hatten, und keinerlei Hemmungen haben, ganz offen die Verfolgung aufzunehmen.
    Seamus fand eine passende Stelle, wo er sich in eine kleine Bodenmulde legen und zwischen Baumstämmen bergauf spähen konnte. Er hatte sich die Kapuze seiner Jacke über den Kopf und den Kordelzug fest zugezogen, um seine Haare und möglichst viel von seinem Gesicht zu verdecken. Das beeinträchtigte zwar sein Gehör und sein peripheres Sehvermögen, war ihm aber immer noch lieber, als dem Scharfschützen ein schönes, rundes, hautfarbenes Ziel zu bieten. Eine Sonnenbrille verbarg seine Augen. Er richtete sich darauf ein zu warten.
    Das mit Yuxia hatte nichts zu bedeuten, redete er sich ein. Schließlich hatte sie die letzten paar Wochen nicht gerade unter normalen Umständen gelebt. Schon vor den jüngsten Ereignissen war sie wahrscheinlich so entschlossen und willensstark gewesen, dass die Menschen in ihrem Dorf sie für etwas sonderbar gehalten hatten. So viel konnte er erkennen. Der ganze Kram mit den Russen, mit Jones, dem Abstecher auf die Philippinen, dem Hubschrauberabsturz – das hatte diese Eigenschaften nur noch verstärkt. Sie wollte einfach nur lebend aus der Sache herauskommen.
    Nachdem er sich über diesen Punkt beruhigt hatte, begann er sein Urteil über Jack den

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