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Error

Error

Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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Piloten in Frage zu stellen. Bestünde das einzige Ziel darin, Jacks Wirbelsäule stabil zu halten, bis medizinische Hilfe geholt werden konnte, dann wäre es wahrscheinlich die richtige Maßnahme, ihn fest auf seinem Sitz angeschnallt zu lassen. Doch unter diesen Umständen – von oben der Beobachtung und dem Feuer ausgesetzt – erschien es geradezu makaber.
    Jack bewegte die Arme. Warum, war nicht klar. Versuchte er, tatsächlich etwas zu tun? Oder schlug er nur vor Schmerzen um sich? Oft tat eine Verletzung zunächst nicht weh. Der Schmerz kam später. Vielleicht passierte ihm gerade genau das. Es war schwer zu erkennen, was da drin vor sich ging. Die Windschutzscheibe des Hubschraubers war ein Durcheinander aus Rissen und Splittern.
    »Seamus«, rief Jack, »ich muss hier raus.«
    »Scheiße!«, sagte Seamus leise.
    »Seamus! Helfen Sie mir, Mann! Ich habe wahnsinnige Schmerzen!«
    Seamus biss sich auf die Zunge. Er wollte Jack sagen, er solle die Klappe halten, aber er hatte keine Ahnung, wie nahe der Scharfschütze vielleicht schon war und ob er hören könnte, was Seamus sagte.
    Aber Jack machte ja schon hinreichend deutlich, dass noch jemand hier unten bei ihm war und dass er Seamus hieß.
    Er hörte das charakteristische und niemals zu vergessende Geräusch eines durch die nähere Umgebung sausenden Hochgeschwindigkeitsgeschosses, ein scharfes Knallen/Klirren aus der Richtung des Hubschraubers und unmittelbar danach das Krachen eines Gewehrschusses von weiter oben auf dem Hang.
    Hier bestand natürlich die Versuchung, in plötzliche Bewegung zu verfallen, also genau das zu tun, wonach der Scharfschütze Ausschau halten würde. Seamus benügte sich damit, die Augäpfel zu bewegen, um den Hubschrauber zu betrachten. Die Maschine war dermaßen ramponiert, dass es schwierig war, deutliche Anzeichen dafür zu erkennen, dass sie erneut beschossen worden war. Aber noch während Seamus hinsah, hörte er erneut das Geräusch eines Schusses und sah eine weitere Kugel hinter der Kabine und unter dem Motor in den Rumpf einschlagen. Als er die nähere Umgebung des Einschusses absuchte, sah er nur eine Handbreit entfernt das vorherige Einschussloch.
    Ein neues Loch erschien, zwischen den ersten beiden.
    Der Scheißkerl benutzte den Hubschrauber als Ziel, um seine Waffe einzuschießen.
    Nein, Moment. Was war das für ein Geruch?
    »Benzin!«, schrie Jack. »Der Tank hat einen Riss, ich mach, dass ich hier rauskomme, Seamus!« Und Seamus sah Jack taumelnd freikommen, als er das Gurtzeug löste. Die plötzliche Bewegung ließ ihn aufschreien. Wie jeder, der kein kompletter Soziopath war, empfand Seamus Mitgefühl für Jack und wollte ihm helfen oder wenigstens ein paar ermutigende Worte zurufen. Aber diese schönen altruistischen Regungen wurden im Augenblick völlig von taktischen Erwägungen unterdrückt. Tatsächlich tat Jack auch ohne Hilfe oder auch nur Ermutigung von Seamus genau das Richtige. Würde Seamus sich jetzt bewegen oder durch Rufen bemerkbar machen, bekäme der Scharfschütze genau das, was er wollte, und das würde Jack überhaupt nichts nützen.
    Der Scharfschütze nämlich vermutete – wenn Seamus die Situation richtig interpretierte –, dass sich da unten noch jemand befand, jemand, der Seamus hieß und wahrscheinlich unverletzt war. So viel dürfte er nach dem, was er von Jack gehört hatte, erraten haben. Er hatte vorgehabt, Seamus aus der Deckung zu locken, indem er eine indirekte Drohung schuf, den hilflosen Piloten einzuäschern.
    Nun allerdings, da Jack sich bewegte, musste der Scharfschütze direkt auf ihn schießen, um eine Drohung zu schaffen. Und das war schwierig, weil zwischen ihm und dem Ziel ein Großteil des Hubschraubers lag. Jack war auf eine Weise zur Seitentür des Hubschraubers herausgefallen und auf den Boden geplumpst, die nicht angenehm für ihn gewesen sein konnte. Er schleppte sich nun, allerdings sehr langsam, bergab in Richtung der Rinne, da seine Angst vor dem brennenden Benzin sich über die Schmerzen in seinem Rücken hinwegsetzte.
    Das Benzin war eiskalt, es in Brand zu setzen wäre schwieriger als sonst. Lediglich von weitem darauf zu schießen würde vielleicht keinen Erfolg bringen und wäre nur eine Verschwendung von Kugeln. Seamus, ein Kenner der ballistischen Hochgeschwindigkeitsfotografie, wusste, dass aus dem Lauf seiner Sig bei jedem Schuss eine Fahne von noch brennendem Schießpulver und heißem Gas herauskam, die den Treibstoff wahrscheinlich entzünden

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