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Error

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Titel: Error Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Stephenson
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würde – falls er nahe genug herankam.
    Leider war er ungefähr sieben Meter von dem Hubschrauber entfernt.
    Für einen Mann mit einer schweren Wirbelsäulenverletzung bewegte sich Jack sehr lobenswert und schob sich auf den Ellbogen den Hang hinunter.
    Seamus stand auf. Er stand einfach auf, schaute etwa zwei Sekunden lang hangaufwärts und hatte einen ausgezeichneten Blick auf den Scharfschützen, der sich in Sitzhaltung auf einem Felsen niedergelassen hatte, die Waffe zwar schussbereit hielt, aber über sein Zielfernrohr hinwegschaute, um ein allgemeines Bild von dem Schauplatz zu gewinnen. Er reagierte rasch, hob die Waffe, brachte das Auge ans Zielfernrohr und versuchte, Seamus damit zu finden. Doch das brauchte seine Zeit, wie dieser ganz genau wusste. Er hatte eine ziemlich gute Vorstellung davon, wie viel Zeit es brauchte. Der Wechsel vom normalen Sehen zu der Darstellung der Welt durch das Zielfernrohr war für das visuelle System diffizil und verwirrend, ganz gleich wie oft man ihn trainierte; das Zielfernrohr zeigte nie exakt in die richtige Richtung, man musste den Lauf herumschwenken, um das Ziel zu erfassen, und man neigte dazu, zu weit vorzuhalten, wenn man sich beeilte, etwas einzuholen, was sich rasch bewegte.
    Und genau das tat Seamus nun. Nachdem er sich das Bild des Scharfschützen fest eingeprägt hatte, wirbelte er herum und rannte auf den Hubschrauber zu, allerdings nicht in gerader Linie, sondern in einer Serie von Zickzacksprüngen wie Nate Robinson, wenn er eine Zonenverteidigung durchbrach, und als er eine Stelle erreichte, wo er die von herausströmendem Treibstoff nasse Seite des Hubschraubers sehen konnte, zielte er mit seiner Sig darauf, stürzte sich nach vorn, stemmte die Füße so in den Boden, dass er rasch wenden konnte, und drückte dreimal ab, so rasch er konnte. Ohne innezuhalten, um die Ergebnisse zu beobachten, drehte er sich weg, stieß sich mit aller Kraft, die er nur aufbringen konnte, mit beiden Beinen ab und gewann so eine unmittelbare Distanz von zwei bis drei Metern. Er landete auf dem Bauch und schlitterte über eine Mischung aus schmelzendem Schnee und eisigem Schlamm, die plötzlich hell erstrahlte, als wären Jalousien geöffnet worden, um die Sonnenstrahlen in das kleine Gehölz eindringen zu lassen. Ein paar Purzelbäume bergab entfernten ihn weiter von dem brennenden Wrack und würden (hoffte er), auch die Flammen ersticken, falls seine Kleidung Feuer gefangen hatte. Dann robbte er in die Rinne und folgte der Furche, die Jack vor ein paar Augenblicken gemacht hatte.
    Er holte den verletzten Piloten an einer Stelle ein, die eigentlich recht günstig war: eine von Wasser ausgewaschene Spalte, die eine Engstelle in der Rinne bildete und von Vegetation überwuchert war, sodass man nur schlecht hineinsehen oder hineinschießen konnte. Sie waren nur einen Steinwurf bergab von dem Hubschrauber entfernt, doch taktisch gesehen war es eine ganz andere Welt.
    Seamus gab Jack das Zeichen, anzuhalten und es sich bequem zu machen. Er richtete seine Sig nicht auf den Piloten, machte aber auch kein Geheimnis daraus, dass sie in seiner Hand und feuerbereit war. »Wenn Sie noch einen Mucks machen, schieße ich Sie tot«, sagte er. »Sorry, aber das sind die Regeln. Haben Sie die Regeln verstanden?«
    Jack nickte.
    »Der Scharfschütze ist in einer Zwickmühle«, sagte Seamus. »Er vermutet, dass wir noch am Leben sind. Deswegen möchte er hierbleiben und uns erledigen. Er weiß aber auch, dass wir andere Leute vorausgeschickt haben. Er muss sie einholen und töten. Ich wette, was eben passiert ist, wird sich psychologisch so auswirken, dass er sagt: ›Scheiß drauf, ich geh die anderen suchen.‹ Er wird die Rinne hier umgehen, die ihm nicht geheuer ist, weil sie für Chancengleichheit sorgt – sein Gewehr nützt ihm nichts mehr, er muss nahe ran, in Reichweite von dem Ding hier.« Seamus machte einen kleinen Schlenker mit der Sig. »Er wird an uns vorbeigehen. Ich werde ihm folgen. Sie bleiben hier. Wenn Sie wollen, können Sie sich zum Hubschrauber zurückarbeiten, sobald die Explosionen vorbei sind, und ein paar Stöcke aufs Feuer werfen und sich aufwärmen.«
    Jack nickte wieder.
    »Ich kann von hier aus überhaupt nichts sehen, deswegen muss ich aus diesem Loch rauskriechen und mich umschauen. Wir schicken Ihnen Hilfe, sobald wir können. Alles klar?«
    Jack nickte.
    »Viel Glück. Ich hoffe, Sie erleben nie wieder einen Tag, der so beschissen ist wie der hier.« Seamus

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