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es dann schließlich deutlich.
Aber es war nicht, was er erwartet hatte. Kein Kopf. Keine Schusswaffe. Keine Hand. Sondern ein Fuß. Ein vom Körper abgetrennter Fuß an einer Stange.
Und die Stange etwa in der Mitte festhaltend eine Hand, die in einem Handschuh steckte. Sie sauste herunter und kam wieder hoch.
Seamus riskierte, sich auf die Knie zu erheben, um bessere Sicht zu bekommen. Es dauerte einen Moment, die Szene wieder mit dem Zielfernrohr zu erfassen. Diesmal konnte er den zu der Hand gehörenden Arm sehen. Er folgte ihm in Richtung Schulter und erkannte das Gesicht: Es gehörte keinem anderen als Abdallah Jones.
Er wollte gerade abdrücken, als sein Zielbild von Kopf und Schultern eines anderen Mannes verdeckt wurde, der den Schauplatz betreten hatte und wie wild gestikulierte, um Jones auf sich aufmerksam zu machen. Seamus nahm das Auge vom Zielfernrohr und versuchte zu erkennen, worauf der andere Dschihadist schaute, aber seine Weltsicht war auf eine einzige schmale Öffnung zwischen Ästen beschränkt, und was immer den Mann so in Aufregung versetzt hatte, lag weit außerhalb seines Blickfelds.
Also atmete er aus, legte das Auge wieder ans Zielfernrohr, vergewisserte sich, dass das Fadenkreuz noch immer auf dem Rücken des Mannes lag, und drückte ab. Das Gewehr ging los wie irre, und der Dschihadist machte einen Satz nach vorn, als hätte er einen Tritt ins Kreuz bekommen. Er verschwand aus dem Sichtfeld, und zum Vorschein kam Jones, der, wie Seamus sich erhoffte, vielleicht von derselben Kugel getroffen worden war. Aber sie war entweder im Körper des ersten Mannes zersplittert oder von einem Wirbel abgelenkt worden und in eine andere Richtung geflogen.
Vielleicht gab es ja ein alternatives, nach den genauen Vorgaben von Scharfschützen konzipiertes Paralleluniversum, in dem Jones nun so lange vor Entsetzen erstarren würde, dass Seamus den Repetierhebel betätigen, eine Patrone ins Patronenlager befördern und erneut schießen konnte. Aber nicht hier. Jones hechtete zu Boden, rollte ab und war längst verschwunden, ehe Seamus wieder in der Lage war zu schießen.
»Jetzt wissen sie, dass wir hier sind«, sagte Seamus.
»Ach ja?«
»Wir müssen einfach vorsichtig vorgehen, mehr sage ich nicht.«
»Wieso hat der Mann mit den Armen gefuchtelt?«
»Das kann alle möglichen Gründe gehabt haben«, sagte Seamus, »aber ich wette, er hat Sokolow gesehen.«
»Nicht schießen!«, rief Olivia, denn Jake Forthrast, auf eine Bewegung in seinem peripheren Blickfeld aufmerksam geworden, schwang sein AR -15 herum, um einen Mann aufs Korn zu nehmen, der im Zickzack durch seinen Hintergarten auf seine Hütte zusprintete. Olivia hatte den Mann soeben als Sokolow erkannt.
»Danke«, sagte Jake und zielte stattdessen in die ungefähre Richtung des Abhangs, von dessen Fuß ein paar Schüsse zu hören waren. Dort oben waren einige der Dschihadisten und versuchten, Sokolow zu erledigen. Dann ertönte von weiter oben am Hang ein einzelner, sehr scharfer Knall.
»Sie haben einen Scharfschützen«, sagte Jake. Doch fast im gleichen Augenblick hörten sie von der Stelle, wo Jones und seine Männer sich versteckt hatten, aufgeregte Stimmen, die offenbar etwas ganz Ähnliches sagten.
»Vielleicht haben wir einen Scharfschützen«, meinte Csongor.
»Vielleicht«, sagte Jake, »aber wer zum Teufel ist das?«
Olivia hörte das alles wie aus weiter Ferne, da sie sich völlig auf Sokolow konzentrierte. Etwa auf halber Strecke seines Laufs war er, hinter der Ecke der Hütte verborgen, aus ihrem Blickfeld verschwunden, und sie wusste nicht, ob er dort Schutz gefunden oder von dem Geknatter von Schüssen aus dem Wald zur Strecke gebracht worden war. Doch dann bewegte sich in einem Fenster im ersten Stock ein Vorhang. Er war zu schlau, um sich so weit zu exponieren, dass sie oder sonst wer sein Gesicht sehen konnte, also nahm sie nur diese leise Bewegung wahr; doch das allein gab ihr Zuversicht, dass er derjenige hinter dem Vorgang war. »Ich glaube, er hat es geschafft«, sagte sie. »Er ist in der Hütte.«.
An der Vorderseite des Hauses zersplitterte Glas, und man hörte eine Serie von Schüssen. Von der Einfahrt her ertönte ein Schreckensschrei.
»Es sieht ganz so aus«, sagte Zula.
»Was machen wir jetzt?«, wollte Marlon wissen.
»Was mich angeht«, sagte Jake, »würde ich sagen, wenn ihr alle euch einfach irgendwo verkriechen könnt und euch nicht umbringen lasst, tja, dann habt ihr alles erreicht, was ihr
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