Erst mal bis zur nächsten Kuh...
Da
gibt’s keine Grenzen mehr. Ist das nicht wunderbar?“, sagt sie. Ich spüre, dass
sie Recht hat! Roncesvalles ist ursprünglich eine Abtei, Kreuzgang und
Kapitelsaal sind zu besichtigen. Die Pilger finden Unterkunft in einem
kirchenähnlichen langen Gebäude der ehemaligen Abtei. 100 doppelstöckige Betten
stehen dort in einem riesigen Saal. Schnell und unkompliziert werden die Pilger
auf die Betten verteilt. Du zeigst deinen Pilgerpass, zahlst fünf Euro,
bekommst deinen Stempel und ein paar freiwillige Helfer führen dich zu deinem
Bett und erklären die Regeln: Um zehn Uhr wird die Tür zugemacht, da muss jeder
im Bett sein, denn nach ein paar Minuten geht dann das Licht aus. Morgens um
sechs Uhr geht es wieder an, dann hat man Zeit bis acht Uhr, um den Rucksack zu
packen und wieder aufzubrechen. Ein Pilgermenü gibt es im Gasthaus gegenüber
für acht Euro. Es gibt Fisch, sehr schmackhaft. „Sicher weil heute Freitag
ist“, mutmaßt Patrick aus Irland. Ich denke genauso. Aber später erzählen mir
andere: Es gibt fast jeden Tag Fisch.
Im Kloster ist ein italienischer
Reisebus mit vielen Frauen angekommen. Sie tragen bunte Schürzen und haben die
Haare zu Zöpfen gebunden und hochgesteckt, ein italienischer Frauenkreis mit
lauter Landfrauen wahrscheinlich. Ein junger Priester ist auch dabei, gleich zu
erkennen an seinem schwarzen Habit. Die Frauen überschwemmen das Cafe und den Andenkenladen , kaufen ein, was das Zeug hält: Postkarten,
Kerzen, Marienbildchen, silberne Kreuze zum Umhängen. Der junge Priester ist am
Verzweifeln: „ Pronto , pronto ,
la missa !“, ruft er ärgerlich und treibt die Frauen
in die Kirche zum Gottesdienst.
Es ist viel los in Roncesvalles,
Ausflugsverkehr, aber eben auch viele Pilger. Wo kommen die alle her? Vorbei
sind die stillen Tage auf dem Jakobsweg, befurchte ich. Daran werde ich mich
erst gewöhnen müssen! Um 20 Uhr ist die Pilgermesse in der Abteikirche. Die
Madonna von Roncesvalles steht unter einem aufgespannten Dach hinter dem Altar,
Glasfenster in einem Blauton hüllen die Kirche in ein
geheimnisvolles Licht. Die Kirche ist voller Menschen am Abend, acht Priester
ziehen ein, die Orgel tönt mächtig. Die Liturgie, die Predigt, alles in
Spanisch. Ich verstehe kaum etwas und verstehe doch alles, was
geschieht. Am Ende der Pilgersegen. Und
vor dem Auszug der Priester natürlich das „Salve Regina“. Viele können es
auswendig mitsingen. Jetzt schnell ins Bett, bevor das Licht ausgeht.
Pilgersegen
Gott,
du hast
Deinen Knecht Abraham
auf
allen Wegen unversehrt behütet.
Du
hast die Söhne Israels
auf
trockenem Pfad mitten durch das Meer geführt.
Durch
den Stern hast du den Weisen aus dem Morgenland
den Weg zu Christus gezeigt.
Geleite
auch diese hier versammelten Gläubigen
auf
ihrer Pilgerfahrt zum heiligen Jacobus.
Lass
sie deine Gegenwart erfahren, mehre ihren Glauben,
stärke
ihre Hoffnung und erneuere ihre Liebe.
Schütze
sie vor allen Gefahren und bewahre sie vor jedem Unfall.
Führe
sie glücklich ans Ziel ihrer Fahrt
und
lass sie wieder unversehrt nach Hause zurückkehren.
Gewähre
ihnen schließlich,
dass
sie sicher das Ziel ihrer irdischen Pilgerfahrt erreichen
und das
ewige Heil erlangen.
Darum
bitten wir dich durch Christus, unsern Herrn. Amen
Ein
Traum in Trinidad
Eine junge Musikerin will in unserer
Kirche zu Hause in Mühlburg heiraten. Sie hat viele Gestaltungswünsche: Ein
Chor wird singen, eine Sopranistin tritt auf und ein paar Freunde wollen die
Fürbitten sprechen. Hatte sie nicht auch vor, selber ein Wort zu sagen im
Gottesdienst? Ich blättere in meiner roten Trauagende. Alles ist durcheinander
geraten. Die Orgel fängt schon an zu spielen. Und ich wollte doch noch vorher
ein paar Absprachen treffen. Ich blättere und blättere, lauter Zettel in der
Agende und ich verliere den Überblick.
Die Kirchentür steht offen. Draußen
ziehen ein paar Jakobspilger vorbei mit ihren Rucksäcken. Sie singen das
Jakobspilgerlied: „ Ultreia , ultreia .“
Ein Hund bellt in der Ferne. Ach, denke ich, wie gern würde ich jetzt einfach
mitgehen. Da wache ich auf. Ich liege im Etagenbett in Trinidad de Arre und
habe alles nur geträumt. Ich bin wirklich auf dem Jakobsweg. Und der Hund bellt
draußen im Garten. Er gehört einem jungen Pärchen, das gestern Abend noch
angekommen ist in der Pilgerherberge.
Claudia und die Losungen
Glücklicherweise verlaufen sich die
zahlreichen Jakobspilger, jüngere und ältere, nach
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