Erstens kommt es anders ... (German Edition)
anstrengend sein.
Dahinter war Michael in den vergangenen vierzehn Tagen gekommen. Sommer, Palmen und Sonnenschein genügten ihm nicht länger, um ein paar garantiert schöne und erholsame Tage zu verleben. Es war nämlich ein verdammter Unterschied, sich mit Nina nächtelang in den Betten zu wälzen und danach nach Hause zu gehen oder sie Tag und Nacht um sich zu haben. Mit der Zeit nervte das Mädchen unvorstellbar.
Und Michael erfuhr, dass man manchmal erst weit über tausend Meilen reisen musste, um zu erkennen, dass einem etwas fehlte, wenn es sich plötzlich nicht mehr in der Nähe befand.
Nach drei Tagen ausschließlich in Ninas Gesellschaft, begann er, das Ende des Urlaubs herbeizusehnen. Interessant, dass er so gar keine Lust auf Sex verspürte. Weder mit Nina, noch mit einer der vielen anderen Frauen, die sich so bereitwillig für den Job anboten. Nach vier Tagen ging ihm langsam auf, dass er nicht nach Hause wollte, sondern zu ihr.
Diese Erkenntnis verwirrte ihn derart, dass er in den folgenden zwei Tagen in erster Linie über diese sensationelle Entwicklung nachgrübelte. Zeit dafür blieb ihm ausreichend, inzwischen floh er nämlich vor Nina, wann immer es ging. Er flüchtete vor deren Unersättlichkeit in Sachen Sex, ihrem Schmollmund und ihrer Existenz!
Lieber saß er allein an den fernen, abgelegenen, wenig von Touristen besuchten Stränden, blickte hinaus aufs Meer und dachte nach. Irgendwann innerhalb eines dieser Denkprozesse ging ihm auf, dass er sich wieder einmal erfolgreich einer ziemlich dummen Selbsttäuschung schuldig gemacht hatte. Nur aus einem Grund war er so lange bei Nina geblieben: Sie erinnerte ihn an Stephanie. Im Aussehen zwar nicht ähnlich, gehörten sie dennoch dem gleichen Frauentyp an, besaßen eine vergleichbare Figur und annähernd dieselbe Größe. Den ganzen Tag umgab er sich mit ihr und abends bei Nina, bedurfte es nicht viel Fantasie, sich vorzustellen, dass es sich um Stephanie handelte. Nein, falsch!
Stevie!
Nach einer Woche reiste Nina vorzeitig ab.
Unter wilden russischen Flüchen. Michael war ehrlich froh, nie erfahren zu müssen, was genau sie ihm da alles an den Kopf warf. Noch erfreuter jedoch zeigte er sich, sie endlich los zu sein. Er blieb und beschloss, ein gefährliches Experiment zu wagen. Michael wollte herausfinden, wie sehr sie ihm fehlen konnte.
Das Ergebnis fiel ziemlich niederschmetternd aus, oder faszinierend. So genau mochte er sich derzeit nicht festlegen. Eines war nicht zu leugnen: Nie zuvor hatte er sich derart nach einer Person gesehnt.
Interessant gestaltete sich aber auch, was ihm von ihr fehlte. Nicht etwa ihr Körper. Michael verbrachte nicht endlose Stunden damit, sie sich in wilden Sexfantasien vorzustellen, die er nichtsdestotrotz samt und sonders irgendwann mit ihr in die Realität umsetzen wollte.
Große, fragende sehnsüchtige Augen, sah er stattdessen vor sich. Fein geschwungene Lippen, eine etwas zu hohe Stirn, blasse Haut, kleine Ohren und eine Bluse, die niemals auch nur den geringsten Einblick auf das zuließ, was sich darunter verbarg.
Immer wieder hörte er sie sagen: »Je vous remercie beaucoup«, und verspürte erneut den Stolz, weil sie sich so tapfer gegen die mit allen Wassern gewaschene Renata zur Wehr gesetzt hatte.
In Gedanken sah er die langen Wimpern, ihr Lächeln und nicht zuletzt den blitzenden Blick, wenn sie wütend auf ihn wurde.
Sie fehlte ihm!
Nicht der Sex mit ihr, den er doch eigentlich bloß anstrebte, oder?
Am Ende der zweiten Woche konnte Michael sich sogar eingestehen, nicht ausschließlich das sexuelle Vergnügen zu suchen, sondern dass sie ihm tatsächlich etwas bedeutete. Was das genau sein sollte, wagte er zu diesem Zeitpunkt nicht näher zu definieren. Er wollte keinen Fehler begehen und am Ende vielleicht Begehren und Sehnsucht mit Liebe verwechseln.
Diese tiefe Art der Zuneigung zu einer Frau war ihm bisher fremd geblieben, daher bestand die akute Gefahr, was da in ihm gärte, falsch zu interpretieren. Es wäre unfair gewesen. Gegenüber ihr und auch gegenüber sich selbst.
Dennoch verspürte er grenzenlose Erleichterung, als er das Flugzeug bestieg.
Und als er die Sonne aufgehen sah, wusste Michael, dass dies im gleichen Augenblick auch dort geschah, wo sie gerade schlief. Das stimmte ihn friedlich – zum ersten Mal seit zwei Wochen. Denn sie befand sich wieder in seiner Nähe.
Endlich – mit über zwei Stunden Verspätung wegen des Sauwetters – landete der Jet und er konnte
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