Erstkontakt
sollten wir etwas organisieren, um sicherzugehen, daß eine Person unseres bedingungslosen Vertrauens alles kontrolliert, was veröffentlicht wird. Und wir müssen Cord, Leslie und Hakluyt hinzuziehen. Ihnen klarmachen, was auf dem Spiel steht, und sie bitten, sofort alles zu kennzeichnen, was zu Problemen führen könnte.«
»Mir scheint«, sagte Wheeler, »daß wir es mit drei Informationskategorien zu tun haben: Material für DeSandre, Material, das nur an Hurley gehen darf, und Material, das überhaupt nicht nach draußen dringen darf.«
Gambini erhob sich und ging unruhig im Büro auf und ab. »Ich bin mir nicht sicher«, sagte er, »aber ich glaube, wir planen hier den großen Verrat. Harry, was für ein seltsamer Bürokrat bist du eigentlich?«
»Wahrscheinlich kein besonders guter«, entgegnete er.
»Was meinen Sie, was mit Rimford passiert wäre, wenn jemand seinen Virus hier eingeschleust hätte?« fragte Wheeler.
Harry lächelte. »Sie könnten ihn höchstens wegen Beschädigung von Regierungseigentum belangen.«
Obgleich Oscar DeSandre sich gern dem Stab des Weißen Hauses zuordnete, saß er im Verwaltungsgebäude. Er war nicht besonders glücklich: Er verfügte nur über eine Assistentin und eine Halbtagskraft, die ihm beim Herkules-Projekt zur Seite stehen sollten. Und die Hilfskraft war bislang nur begrenzt einsetzbar, da sie ihre Unbedenklichkeitsprüfung noch nicht absolviert hatte.
Gambinis erste Lieferung war eingetroffen, kurz bevor er sein Büro betrat. DeSandres Aufgabe bestand darin, das Transkript durchzulesen, sich zu vergewissern, daß die Inhalte in keiner Weise die nationalen Interessen gefährdeten, und es an den Sicherheitsberater des Weißen Hauses weiterzugeben, der gegebenenfalls sein Veto einlegte. Landete der Papierstapel wieder auf seinem Schreibtisch und trug den Stempel ZUR VERÖFFENTLICHUNG FREIGEGEBEN, reichte DeSandre die Unterlagen weiter, damit sie in der Pressekonferenz des Weißen Hauses der Öffentlichkeit vorgestellt werden konnten. Diese Prozedur schien recht einfach zu sein, aber er erkannte, daß diese Arbeit große Gefahren barg. Es war eine Position mit negativem Potential: DeSandre brauchte nichts zu befürchten, wenn er sich alle Probleme vom Hals hielt. Wenn ihm etwas entging, dann konnte seine Karriere ein schlagartiges Ende nehmen. Seinen Vorgesetzten würde er nur auffallen, wenn er einen Fehler beging. Überdies war seine Zeit schon jetzt furchtbar knapp bemessen. SKYNETS Veröffentlichungen zu überwachen war nicht sein einziger Aufgabenbereich. Der jüngste Ärger wegen Tests mit dem Lügendetektor, der routinemäßig bei Sicherheitsüberprüfungen in den höheren Rängen eingesetzt wurde, nahm ihn noch für eine Weile vollkommen in Anspruch. Und dann gab es auch in Fort Meade Probleme. Daher blätterte DeSandre das neunzigseitige Dokument, das von Goddard herübergeschickt worden war, flüchtig durch, um sich einen ersten Eindruck zu verschaffen. Dann rief er seine Assistentin herein. Sie brachte ihm einige Telefonnotizen, Anrufe, auf die er reagieren mußte. Er überflog sie schnell und legte sie beiseite. »Suchen Sie nach irgendwelchen technischen Dingen«, wies er sie an. »Das meiste liest sich wie eine philosophische Abhandlung. Damit dürfte es wohl keine Probleme geben. Aber wir wollen nicht, daß irgend etwas hinausgeht, was möglicherweise von militärischem Wert ist. Okay?«
Die Assistentin nickte.
Und so kam es, daß eine Reihe fremder philosophischer Überlegungen an diesem Abend über die Nachrichten verbreitet wurden. Es geschah eher unauffällig, weil der Bericht hinter einer Meldung über eine Abstimmung im Kongreß rangierte, welche den Antrag der Regierung abschmetterte, die Preisgarantien für die elektronische Industrie aufzuheben. Die Texte übten nicht die ästhetische Wirkung aus, die sie vielleicht hätten haben können, da die an DeSandre übermittelte Version eine leblose, wörtliche Übersetzung war und wenig Ähnlichkeit mit Leslies eher poetischen Übertragungen besaß. Überdies wiesen die ethischen Aussagen der Texte Ähnlichkeiten mit menschlichen Werten auf, und die Medien beschäftigten sich vorwiegend mit inhaltlichen Nebenaspekten. Erst zwei Tage später lieferte NBC eine Reihe von Übersetzungen in modernem Englisch, die eine kleine Sensation darstellten. Cass Woodbury verlieh mit ihrer ausgebildeten, wohlklingenden Stimme einigen Zeilen besondere Bedeutung!
Ich bin alleine. Ich schaffe Leben, bewege
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