Erstkontakt
zeichnete kleine Kreise auf seinen Notizblock. »Dem stimme ich zu. Und ich hielte es für klüger«, äußerte er, ohne aufzuschauen, »wenn wir nicht verkünden würden, was Gott zulassen würde oder nicht.«
»Phil.« In Zeiten großer psychischer Belastung schienen die Augen des Kardinals in einem Scharlachrot zu leuchten, das zur Farbe seines Amtes paßte. »Wie verhält es sich mit der theologischen Beurteilung des Kontaktes mit den Toten? Ist er verboten?«
»Nein«, sagte Dupre und dehnte seine Antwort, während er überlegte, wie er fortfahren sollte. »Viele der Wunder sind letztendlich nichts anderes als solche Ereignisse. Fatima. Lourdes. Erscheinungen von vielen der Heiligen nach ihrem Tod wurden offiziell anerkannt und in die Annalen aufgenommen. Und Jesus selbst sprach in Anwesenheit von Zeugen mit Moses und Elias. Was ist schließlich das Gebet anderes als der Versuch, mit der nächsten Welt zu kommunizieren?«
»Nur, daß in diesem Fall«, warf Cox ein, »die nächste Welt antwortet.«
»Ja.« Dupre legte einen Finger gegen die Lippen. »So unangenehm es auch sein mag, solche Überlegungen sind nicht neu, und ich glaube, wir sollten alles daran setzen, den Eindruck zu vermitteln, daß wir weder beunruhigt noch an den Äußerungen des Textes interessiert sind. Wenn wir überhaupt etwas verlauten lassen. Der sicherste Weg ist, alles auszusitzen und freundlich zu lächeln, wenn uns jemand darauf anspricht.«
»Richtig!« sagte March mit einem verhaltenen Kichern. »Das alles riecht zu sehr nach Wahrsagerei und Spiritismus. Der Vatikan hat recht. Wir sollten die ganze Angelegenheit ignorieren. Gott mag wissen, was sie als nächstes gehört haben wollen!«
»Mir kommt es so vor«, sagte Cox, »daß die Fähigkeit, mit dem Himmel zu kommunizieren, eine der Fähigkeiten war, die durch die Erbsünde Adams verlorengegangen sind. Wir haben schon früher darüber gesprochen – aber ich frage mich, ob wir uns nicht tatsächlich einer Kultur gegenübersehen, deren erster Repräsentant sich klüger verhalten hat als der unsere und den Apfel im Paradies nie angerührt hat. Oder welcher Natur die erste Sünde auch gewesen sein mag.« Diese Bemerkung löste eine unbehagliche Unruhe aus: Cox verlor sich nur sehr selten in spirituellen Gefilden.
Jesperson sah ihn fragend an. »Halten Sie das für eine ernsthafte Möglichkeit, Jack?«
Cox schien über die Wirkung, die seine Bemerkung nach sich zog, überrascht zu sein.
»Natürlich nicht. Aber es ist theologisch denkbar.«
March straffte sich in seinem Sessel, sagte aber nichts. Der Kardinal musterte den älteren Priester sorgfältig. March behielt seine skeptische Haltung bei. Jeder, der Jespersons Reaktionen verfolgt hätte, hätte ihm die Erleichterung angesehen.
»Alles, was wir vorliegen haben«, meinte Cox, »ist die freie Interpretation eines Textes, der obendrein in einer Sprache verfaßt ist, die kein Mensch zuvor kannte. Und die man wahrscheinlich auch bei SKYNET noch nicht richtig versteht. Ich stimme mit Phil überein, daß wir am Ende nicht als Narren dastehen sollten. Andererseits müssen wir aber auch zur Kenntnis nehmen, daß einige Leute mit diesen Vorkommnissen ihre Probleme haben. Infolgedessen sollten wir beruhigend auf sie einwirken. Sicherlich können wir soviel verlauten lassen: Was auf dem Mars oder sonstwo geschehen mag, ist für uns letztendlich ohne Bedeutung. Und wir können hinzufügen, daß wir bisher nichts gefunden haben, was einen guten Katholiken beunruhigen müßte.«
Jesperson hörte zu, bis die Argumente sich zu wiederholen begannen. In diesem Augenblick schaltete er sich ein. »Ich wäre nicht ehrlich zu Ihnen«, sagte er, »wenn ich nicht gestehen würde, daß das Ganze mir doch ein wenig Angst einjagt. Wir stehen vielleicht am Beginn eines ganz neuen Zeitalters. Und neue Zeitalter sind gewöhnlich besonders unangenehm für Menschen, die wie wir eine Art Führungsposition innehaben. Es erscheint mir nachgerade als paradox, daß die Würdenträger der Kirche traditionsgemäß auf wissenschaftliche Methoden verzichtet haben. Wir, die wir stets an vorderster Front derer gestanden haben, die nach der Wahrheit suchen, haben historisch betrachtet stets das Nachsehen gehabt. Sorgen wir dafür, daß uns so etwas nicht wieder passiert. Jedenfalls nicht in dieser Erzdiözese. Wir sollten Jack Cox’ Position einnehmen, nämlich, daß wir von der Wahrheit nichts zu befürchten haben, daß wir ebenso wie jeder andere überaus
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