Erstkontakt
Jedenfalls, nachdem wir heute morgen das Signal wieder auffingen, konnten wir das Muster immer noch erkennen. Aber es gab einen seltsamen Unterschied. Einige der Impulse fehlten, jedoch jeweils in abwechselnden Serien. Und immer die gleichen Impulse. Es ist, als nähme man, sagen wir, das dritte Brandenburgische Konzert und spielte es durch und wiederholte es dann, wobei man einige Noten wegließe und sie durch Pausen ersetzte, anstatt die Komposition zu verkürzen. Und dann wiederholt man das Ganze, spielt erst die vollständige Fassung und dann die verstümmelte, wobei letztere stets gleich bleibt.« Er nahm einen Notizblock aus der oberen Tischschublade und schrieb oben eine 56 hin. »Die Anzahl der Impulse in der normalen Serie«, sagte er. »Aber in der verkürzten Serie sind es nur achtundvierzig.«
Harry schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, Ed, ich verstehe nicht.«
»Na schön, dann vergiß all das. Es ist nur eine Methode, um ein Wiederholungsmuster zu schaffen. Nun, was besonders interessant ist, dürfte die Anordnung der fehlenden Impulse sein.« Er schrieb die Reihe: 3, 6, 11, 15, 19, 29, 34, 39, 56. Seine grauen Augen begegneten Harrys Blick. »Wenn das gelaufen ist, dann bekommen wir wieder sechsundfünfzig Impulse ohne die Auslassungen, und dann läuft die Serie wieder.«
Harry erwiderte den Blick. »Dann erkläre es bitte so, daß ich es verstehe.«
Gambini machte ein Gesicht wie jemand, der das große Los gewonnen hat. »Es ist ein Code«, sagte er.
Zwei Jahre vorher, als SKYNET angelaufen war, hatte Gambini erwartet, die Grundrätsel des Universums zu lösen. Das Leben auf anderen Planeten, die Schöpfung und das Schicksal der Galaxien. Aber dazu war es natürlich nicht gekommen. Diese Fragen bedurften noch immer der Antwort. Aus philosophischen Gründen hatte er sich vor allem für die Rolle des Lebens innerhalb des Kosmos interessiert. Und SKYNET hatte zum ersten Mal erdähnliche Welten gefunden, die um ferne Sterne kreisen. Gambini und Majeski, Wheeler in Princeton, Rimford am Cal Tech und tausend andere hatten sich die Fotos angeschaut und sich gegenseitig beglückwünscht. Überall gab es Planeten! Nur ausgesprochen wenig Sterne besaßen keine umlaufenden anderen Himmelskörper. Sogar Systeme mit mehreren Sternen hatten irgendwie Weltenhaufen produziert und diese festgehalten. Oft flatterten sie in exzentrischen Orbits dahin, aber sie waren da. Und an einem Sonntagnachmittag Ende April hatte Gambini Harry seine Meinung kundgetan, daß er keinerlei Zweifel mehr habe: Im Universum wimmele es von Leben.
Dieser Optimismus versank in dem langen Schatten des Spektrographen für Schwachobjekte. Lichtanalysen ergaben, daß Planeten mit terrestrischer Masse, die sich innerhalb der Biozone eines Sterns befanden (also in einer Entfernung von ihrem Primärstern, in der Wasser in flüssiger Form existieren kann), eher der Venus ähnelten als der Erde. Die Daten hatten eigentlich das Universum in der nächsten Umgebung als einen für immer lebensfeindlichen Ort entlarvt, und die Sagansche Vision von einer Milchstraße mit Hunderttausenden von belebten Planeten hatte der düsteren Vermutung Platz gemacht, daß die Menschen im Kosmos alleine waren. Gambinis Traum zerstob, und es war ironischerweise seine eigene Arbeit am Spektrographen für Schwachobjekte, die dieses Wissen erst ermöglicht hatte.
Es war eine harte Zeit, traumatisch für die Raumfahrtbehörde und ihre Wissenschaftler. Wenn es am Ende dort draußen nichts anderes gab als nur Gas und Steine, warum sollten die Steuerzahler dann Geld in Langzeitprojekte pumpen? Harry hatte keine Lust, das Ganze noch einmal durchzustehen. »Ich glaube, wir brauchen überzeugendere Beweise«, sagte er, so sanft er konnte.
»Wirklich?« Gambini befeuchtete sich mit der Zunge die Lippen. »Harry, ich glaube nicht, daß du dir die Signale genau angesehen hast.« Er schob den Block, auf den er die Zahlen geschrieben hatte, näher zu Harry, griff nach dem Telefonhörer und wählte eine Nummer. »Wir sagen lieber Quint Bescheid«, meinte er.
»Was ist mit der Serie?« fragte Harry. »Und übrigens, ich würde es an deiner Stelle nicht so eilig haben, den Direktor herzubemühen.« Quinton Rosenbloom war der Operationschef der NASA und mittlerweile auch Direktor von Goddard. Ein Autounfall vor ein paar Wochen hatte den Posten unerwartet freiwerden lassen. Der Führungswechsel kam zu diesem Zeitpunkt sehr unglücklich: der alte Direktor hatte Gambini recht gut
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