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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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Instinkt vertrauen, und der sagt mir, wir sollten uns absetzen. Morgen ist nicht zu früh.«
    »Dein Onkel -«
    »Ich werde heute nacht noch versuchen, mit ihm zu sprechen.«
    »Was ich sagen wollte war, wenigstens das Rätsel ist gelöst, das dein Onkel dir aufgegeben hat. Was auch immer es bedeutet.«
    »Das mit dem Blinden?«
    »Ja. Ein Mann ohne Augen sah Pflaumen auf einem Baum. Weder nahm er Pflaumen noch ließ er Pflaumen zurück. Wie ist das möglich?«
    »Ich geb’s auf.«
    »Warte, ich hab’s mir aufgeschrieben.« Ruby sprang von der Couch und ging zu einer Kommode. Mit einem Blatt Papier kehrte sie zurück. »Okay, achte jetzt ganz genau darauf, was ich als nächstes sage. Bist du soweit?«
    »Klar.«
    »Der Mann hatte ein Auge, also hat er keine Augen. An dem Baum hingen zwei Pflaumen, und eine davon nahm er, deshalb hat er weder Pflaumen genommen noch zurückgelassen.«
    Der Groschen wäre vielleicht sofort gefallen, wäre ich nüchtern gewesen. Wie die Dinge lagen, mußte ich Ruby bitten, es mir noch mal zu erklären.
    »Ich bitte dich, Hock, kapierst du denn nicht?«
    »Ich bin ein wenig betrunken, ich bin kein Schwachkopf. Natürlich kapiere ich’s. Wann bist du dahintergekommen?«
    »Eigentlich gar nicht. Moira hat’s mir verraten. Sie hat mir heute morgen überhaupt einige interessante Dinge erzählt.«
    »Ach ja?«
    »Zum Beispiel ist hier noch ein kleines Rätsel, das jetzt gelöst ist: Moira und dein Onkel waren vor langer, langer Zeit mal ein Paar.«
    »Was ist passiert?«
    »Damals sind sie noch Kinder gewesen, Hock, und völlig >unschuldig<, wie Moira sich ausdrückt. Später war es nicht nur eine reine, sondern auch eine einseitige Liebe. Die arme alte Moira ist in deinen Onkel verliebt und hat ihr ganzes Leben lang nichts anderes kennengelernt, als ihn zu bedienen. Ich meine, das ist alles, was sie von ihm je bekommen hat. Verstehst du?«
    »Kein Wunder, daß sie so fromm geworden ist.«
    »Es gibt noch mehr, Hock. Sie kannte deinen Vater und deine Mutter.«
    »Meinst du, sie würde auch mit mir reden? Wir haben uns nicht direkt blendend verstanden.«
    »Ich glaube, du könntest sie für dich gewinnen. Du müßtest dir allerdings ein bißchen Mühe geben. Sie hält sich beim Reden zurück, und mein Instinkt sagt mir, daß der Grund dafür Patrick Snoody heißt. Nach allem, was ich ihr von dir erzählt habe, scheint sie jedenfalls zu glauben, daß du deinem Vater sehr ähnlich bist, und ich habe so das Gefühl, daß sie deinen Vater ziemlich mochte. Was deine Mutter betrifft, bin ich mir nicht so sicher.«
    »Was hat sie über sie gesagt?«
    »Auch das habe ich mir aufgeschrieben.« Ruby schaute auf die Rückseite des Blattes, das sie in der Hand hielt. »Okay, hier kommt alles über Mairead Fitzgerald: >Eine echte Schönheit ist sie gewesen. Eine Schönheit und ein Rebell und auch der Grund, warum ich mir die harte Nuß über den einäugigen Mann ausgedacht habe<.«
    »Eine Schönheit...«
    »Hock, stimmt irgendwas nicht?«
    Ich dachte: Asche auf mein Haupt, denn ich kann mir meine Mutter nicht als schön vorstellen.
    »Ich erinnere mich noch«, sagte ich, »wie ich meine schlafende Mutter frühmorgens angesehen habe, wenn ich aufstand, um zur Schule in der Holy Cross zu gehen. Sie hatte die ganze Nacht als Kellnerin in einem der irischen Schuppen unseres Viertels gearbeitet, und daher war sie viel zu müde, mit mir aufzustehen. Ich ging dann rauf und verabschiedete mich von ihr, während sie noch im Bett lag, auf dem Rücken, die Haare geflochten und die Augen geschlossen. Ich gab ihr einen Kuß auf die Wange. Ich glaube nicht, daß sie es je mitbekam, so hundemüde war sie immer. Ihr Mantel lag am Fußende des Bettes. Ich mochte immer seinen Geruch - er roch nach Vergnügen und Spaß. Er roch nach Speisen und Alkohol und Parfums. Aber meine Mutter aß niemals in Restaurants, und sie trank auch nie und besaß nie ein Parfüm.«
    »Und ihr Schwager Liam lebte unterdessen hier in diesem Haus, mit all dem vielen Geld«, sagte Ruby und schüttelte den Kopf. »Ich versteh’s einfach nicht.«
    »Liam schickte jede Woche Geld«, sagte ich. »Daran erinnere ich mich. Meine Mutter hat sich nie über mangelnde Großzügigkeit seinerseits beklagt.«
    »Weißt du noch, was dein Onkel neulich Abend dazu gesagt hat?«
    »Nein.«
    »Er hat nachdrücklich betont, daß er geschickt hat, worum deine Mutter ihn bat. Es ist durchaus nicht so, daß sie es nicht besser kannte. Denk nur daran, woher sie kam.

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