Ertränkt alle Hunde
und schließe die Tür. Doch ihren Anblick kann ich nicht aussperren, denn die Tür ist kein besseres Hindernis als ein schmutziges Fenster.
Jetzt bleiben sie stehen, unmittelbar vor der sheepeen. Der Mann im Rollstuhl hebt seine Beine, streckt sie gerade vor sich. Sein Stuhl wird heftig gestoßen, immer wieder, bis die Tür durch die Wucht steifer, toter Beine eingeschlagen ist.
Die Menge drinnen verstummt. Einen oder zwei Augenblicke später erhebt sich großer Lärm von schlurfenden Füßen. Jeder Mann steht, hält eine Mütze in der Hand zu stummem Winken.
Der Mann in Blau hebt seine Hände von den Griffen des Rollstuhls, reckt dann geballte Fäuste hoch in die Luft und brüllt in die Stille: »Laßt den Schnaps kreisen wie verrückt, Jungs!«
Er schnappt nach meinen Ärmeln und zieht mich an sich, und ich sehe, seine Augen sind so blau wie sein Hemd, und er sagt: »Thanam o’n dhoul , glaubst du vielleicht, ich bin tot?«
33
Diesmal besaß ich Verstand genug, Turnschuhe und Yankees-Kappe zurückzulassen. Als ich nun die Ecke der Ladbroke Street umrundete, um weiter zum Bahnhof zu gehen, fiel ich in meiner Harris-Tweed-Jacke und den knöchelhohen Wildleder-Stiefeln nicht mehr auf als jeder Mann, den ich gestern auf dem Campus des Trinity College hatte herumschlendern sehen. Zur Krönung hatte ich mir jemandes Tweedmütze von der Garderobe in der Diele ausgeliehen, die ich mir, falls nötig, tief in die Stirn herabziehen konnte.
Wieder beschlossen Ruby und ich, den Tag getrennt zu verbringen. Dieses Mal allerdings traf im wesentlichen ich die Entscheidung.
Beim ersten Licht des neuen Tages sagte ich zu Ruby: »Wir reisen heute nachmittag ab mit Ziel County Carlow. Vorher habe ich allerdings in Dublin noch das eine oder andere zu erledigen.«
»Wann hast du dich denn dazu entschieden, Hock? In deinen Träumen?«
»Ja.«
»Dann werden wir fahren.«
Ich wolle noch einmal bei Gunston vorbeischauen, sagte ich ihr. Ruby sagte, sie wolle so oder so noch einmal bei Moira ihr Glück versuchen, und sie hoffe, sie außerhalb des Hauses und außer Hörweite von Snoodys großen Ohren zu erwischen.
Nachdem das beschlossen und verabredet war, zog ich mich vernünftig an und verließ das Haus, wobei ich diesmal einen Bogen um Moiras Küche schlug.
Im Bahnhof besorgte ich mir einen passablen Kaffee sowie den >Guardian< und versuchte, mir einen lässigen Anstrich zu geben, als ich die Nachricht über den Mord an Eamonn Keegan unter einer Schlagzeile in riesigen, fetten Lettern überflog. Garda Chief erstochen aufgefunden! Mörder entkommt am hellichten Tag! Wahrscheinlich IRA-Terror! Zum Glück wurde in dem Artikel kein New Yorker mit Baseballkappe erwähnt, der sich ziemlich genau zu dem Zeitpunkt auf dem Weg in das Büro des Chiefs befand, als jemand diesen mit zwei langen Messern ins Jenseits beförderte, bevor der Yankee durch ein Fenster und eine Gasse auf die Straße entkommen konnte.
Soweit es die verschiedenen in dem Bericht zitierten Constables und Officers betraf, war dieser »brutale Mord ganz offensichtlich das Werk der Jungs aus dem Norden« und »bewies eindeutig« die »in Polizeikreisen verbreitete Ansicht«, daß Eamonn Keegan ein »politischer Feind der IRA« war. Der von einem so beschnittenen Foto des Tatorts, daß es für den irischen Frühstückstisch nicht zu geschmacklos war, begleitete Artikel nahm fast ein Drittel der ersten Seite ein und wurde auf fast genausoviel Platz im Innenteil fortgesetzt. Doch trotz all der Druckerschwärze blieb der Bericht ärgerlich nichtssagend und unvollständig. Eine Menge der heutigen Journalisten sollten ihre Presseausweise wieder abgeben und sich eine ehrliche Arbeit als Stenograph suchen.
Gibt es so etwas wie einen nicht-brutalen Mord? Was genau ist offensichtlich an Einwohnern von Ulster und Messern? Oder politischen Feinden? Und falls Eamonn Keegan mit der IRA aneinandergeraten sein sollte - falls ein solches Komplott tatsächlich für seinen Tod verantwortlich war -, könnte das bedeuten, daß es an anderer Stelle innerhalb der Dublin Garda politische Sympathien für lichtscheue Terroristen gibt?
Mein Kumpel Slattery von der >New York Post<, der niemandes Stenograph ist und jedermanns Klischee von einem Reporter der Boulevardpresse mit Schwerpunkt Kriminalität voll entspricht, riet mir einmal: »Hock, die Zeiten ändern sich, und es geschehen noch Zeichen und Wunder, egal auf welcher Seite eines Eisernen Vorhangs. Früher hatten die Russkis die
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