Ertränkt alle Hunde
politische Bewegung wurde, was in der damaligen brisanten Zeit keine Seltenheit war. Das Programm der Society war, ich muß es leider sagen, die Unmöglichkeit, von der Hannah Arendt sprach.«
»Eine Vereinigung von vornehmen College-Studenten und halbstarken Rowdies?« brachte Gunston vor.
»Etwas in der Art, ja.«
In diesem Punkt legte Brennan eine Kunstpause ein wie ein mit sich zufriedener Lehrer, wenn er weiß, daß er die Neugier seiner Klasse geweckt hat. Er paffte sichtlich zufrieden an seiner Pfeife und wartete, daß entweder Gunston oder ich eifrig den Faden aufgriff und weiterspann.
Gunston gab das Foto zurück. »Professor«, sagte ich zu Brennan, »ich habe auch ein Foto von Aidan Hockaday. Es ist faszinierend, weniger weil er darauf die Uniform der U.S. Army trägt, sondern vielmehr wegen dem, was ich erst vor wenigen Tagen auf der Rückseite entdeckt habe.«
Nun war Brennan eifrig. »Was war das denn?«
»Ein Gedicht über das Ertränken von Hunden.«
Brennan nahm die Pfeife aus dem Mund. »Aha, das dürfte dann wohl von Yeats sein«, sagte er ruhig. Dann rezitierte er langsam und, wie ich meinte, ausgesprochen widerwillig: »>Ertränkt alle Hunde<, sagte die zornige junge Frau, >sie haben meine Gans und eine Katze getötet. Ertränkt, ertränkt sie in der Wassertonne, ertränkt alle Hundes sagte die zornige junge Frau.<«
Gunston schrieb die Worte mit.
»Das ist es«, sagte ich, als Brennan fertig war. »Als ich es Cavanaugh vorgetragen habe, hat der alte Knabe ein paar Tränen abgedrückt und mir gesagt, ich solle nach Hause zurückkehren. Was halten Sie davon, Professor?«
»Es ist schlicht und einfach der finstere Kern der ganzen Angelegenheit, Detective Hockaday. Wenn Sie mögen, erkläre ich es Ihnen, da ich persönlich kein anständiger Bürokrat bin. Aber ich warne Sie vor zwei Dingen. Erstens, sich ohne Schmerzen mit der irischen Vergangenheit auseinandersetzen zu wollen, ist eine Unmöglichkeit. Und zweitens, was ich Ihnen zu sagen habe, wird kein gutes Licht auf ein edles Bild werfen, das Sie möglicherweise von einem Vater behalten möchten, den Sie nie kannten.«
Beide, Gunston und Brennan, warteten darauf, daß ich sorgfältig darüber nachdachte. Unterdessen servierten die Kellnerinnen unser Mittagessen, bestehend aus kaltem Braten und Pickles, Lauchsuppe, braunem Brot und Butter und Ale vom Faß.
Ich dachte an das Armeeporträt meines Vaters, das einzige, was ich jemals von ihm besessen hatte, bis ich das auf die Rückseite geschriebene Gedicht von William Butler Yeats entdeckte - zu welchem gequälten Zweck, das würde ich vielleicht bald wissen. Ich dachte an seinen wortgewandten Brief aus dem fernen Amerika an seinen Bruder Liam, verfaßt in einer Handschrift, die nicht zu derjenigen auf dem Soldatenfoto paßte. New York ist eine fabelhafte Dame, die unglaubliche Parties gibt...
Ich dachte an das Unbehagen, welches das Foto und der beängstigende Yeats-Vers bei Father Tim und Davy Mogaill ausgelöst hatten, und auch an den merkwürdigen Effekt auf Chief Eamonn Keegan bei der bloßen Erwähnung von Aidan Hockadays Namen. Und dann Liams Worte: Vom Tag seiner Geburt an veränderte Aidan alles und jeden in seiner Umgebung...
»Gewarnt sind Sie jetzt«, sagte Gunston und tauchte einen Löffel in seine Suppe. »Also, was sagen Sie, Hockaday?«
»Die Wahrheit«, sagte ich. Die große Wahrheit! War dies allein meine Entscheidung, oder wurden mir vielleicht wieder Worte in den Mund gelegt von dem Mann, der am Fußende meines Bettes saß?
»Die Wahrheit liegt begraben irgendwo in der gequälten Politik Irlands, die bei weitem nicht so einfach ist wie in Amerika«, sagte Brennan, an mich gerichtet. Er hatte ein Sandwich zur Hälfte gegessen und schob nun den Teller fort. Während er weitersprach, trank er immer wieder an seinem Bier. »Amerika erfreut sich der Illusion seiner selbst als einer politisch komplexen Gesellschaft, und dies gilt ganz besonders während ihrer schier endlosen Präsidentschaftswahlen. Aber Amerika ist letzten Endes doch nur ein Einparteiensystem, das es für zweckmäßig erachtet hat, zwei Parteien zu haben.«
»Und was ist Irland?« fragte ich wie ein guter Student.
»Wir sind ein endloses Gespräch in Gestalt eines Landes. Der Wert jeder guten Unterhaltung liegt im Konflikt. Finden Sie nicht auch?«
»Ich habe das Gefühl, daß die Diskussionen hier reichhaltig sind.«
»Aye. In unseren zivilisierteren Augenblicken organisieren wir unsere
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