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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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nur eine Verlängerung seines Hörsaales, »ist die düstere Geschichte einer verhängnisvollen Teilung, die von der großen amerikanischen Gelehrten Hannah Arendt einmal als der Abgrund zwischen Menschen mit brillanten, gewandten Vorstellungen und Menschen der brutalen Taten beschrieben wurde - eine Kluft, die keine intellektuelle Erklärung überbrücken kann.«
    Brennan kam äußerst schnell auf den Punkt.
    »Apropos Politik«, sagte er zu mir und deutete mit dem Kopf auf Gunston, der gerade einen spiralgebundenen Block aufschlug, »unser gemeinsamer Freund von der Presse sagt mir, daß Sie Aidan Hockadays Sohn sind.«
    »Allmählich glaube ich, das ist nicht gerade zu meinem Vorteil.«
    »Ach? Wie kommen Sie darauf?«
    »Durch O’Dowd, den Bibliothekar Ihres Trinity College... Ihren Kanzler...«
    »Peadar Cavanaugh?« Brennans krause Augenbrauen hoben sich fragend. Er zog eine Meerschaumpfeife aus der Brusttasche und klopfte den verbrannten Tabak in einen Aschenbecher. »Was hat er über Ihren Vater erzählt?«
    »Nichts Direktes, nur daß Cavanaugh zu denken scheint, ich wäre meinem alten Herrn irgendwie schrecklich ähnlich, was immer das zu bedeuten hat.«
    »Nun, Sie sehen ihm mächtig ähnlich. Das würde ich schon auch sagen.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Aidan Hockaday taucht auf einem der Fotos meiner Sammlung auf, meinem Verbrecheralbum, wie ich es nenne.« Brennan kramte einen Tabaksbeutel heraus und stopfte nun die Meerschaumpfeife. Dann steckte er sie an. »Natürlich muß man den Zeitfaktor berücksichtigen. Auf diesem Foto ist Ihr Vater doch um einiges jünger als Sie heute.«
    Ich sah Gunston an, der nicht weniger überrascht zu sein schien als ich. »Ich habe natürlich in den Katakomben auch nach Fotomaterial gesucht«, sagte Gunston. Er legte Daumen und Zeigefinger zu einem Kreis zusammen. »Nichts, nicht ein Foto.«
    »Diese Aufnahme, die Sie besitzen, könnte ich die mal sehen?« fragte ich Brennan. »Ich habe meinen Vater nie kennengelernt.«
    »Das hat Gunston mir bereits gesagt.« Brennan öffnete seine Aktentasche, zog einen Hefter heraus und reichte ihn mir. »Dachte mir schon, daß Sie sich dafür interessieren würden.«
    In dem Aktendeckel befand sich ein Gruppenfoto in Schwarzweiß, auf dem die Gesichter kaum größer als ein Zehn-Cent-Stück waren. Es war ein altes, rissiges Foto mit einer Beschriftung in der rechten unteren Ecke. Ich nahm meine Bifokalbrille heraus und las: DUBLIN MEN’S SOCIETY OF LETTERS, MAY ’36. Die Aufnahme zeigte etwa zwanzig Männer im College-Alter, die sich um zwei Männer mittleren Alters scharten, von denen der eine glattrasiert und in einen gutsitzenden Anzug gekleidet war, während der andere einen viktorianischen Zweireiher trug und einen wallenden Bart besaß.
    Ich entdeckte meinen Vater unter den Studenten, bevor Brennan ihn mir zeigen konnte. Es hätte ein Foto von mir als Grünschnabel beim NYPD sein können, natürlich ohne die blaue Mütze mit dem silbernen Emblem und dem Lacklederschirm.
    »Die Aufnahme ist in genau diesem Pub hier gemacht worden, in dem wir jetzt sitzen, Gentlemen«, sagte Brennan. »Das Ould Plaid Shawl war ein Zentrum politischer Aktivitäten in der Zeit der schrecklichen Weltwirtschaftskrise... und während des Weltkriegs, der daraus entstand.«
    Ich reichte das Bild an Gunston weiter, der es anerkennend ansah. »Nun, dann wollen wir doch mal sehen«, sagte er. »Hier haben wir keinen Geringeren als Peadar Cavanaugh in einer jüngeren Ausgabe. Und William Butler Yeats persönlich, der Dichter, der Dichter-Politiker. Erinnern Sie sich noch an den Zeitungsausschnitt, Hockaday?«
    »Die Ankündigung des sonntäglichen Festes zu Ehren von Yeats«, erwiderte ich, »unter der Schirmherrschaft der Campus-Vereinigung meines Vaters, derjenigen, von der O’Dowd und Cavanaugh behaupten, es habe sie nie gegeben.«
    »Wir müssen etwas großzügig sein, was Leute wie O’Dowd und auch Cavanaugh betrifft«, sagte Brennan. »In dem Versuch, eine alte und unbequeme Erinnerung auszulöschen, folgen sie nur ihren Instinkten als anständige Bürokraten, zu denen sie geworden sind. An heutigen Maßstäben gemessen, ist die Dublin Men’s Society of Letters dem College äußerst peinlich.«
    Gunston fragte mit dem Stift über seinem Notizbuch nach dem Grund.
    Brennan sah zuerst ihn, dann mich an. »Ihr Vater und sein Mentor Professor Cavanaugh haben die Society of Letters gegründet. Es dauerte nicht lange, bis daraus eine radikale

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