Ertränkt alle Hunde
Chauffeur, beförderte zur Tatzeit zwei amerikanische Besucher unseres Landes - New York Police Department Detective Neil Hockaday, Sohn von Aidan Hockaday, und Ruby Flagg, die amerikanische Schauspielerin und Begleiterin von Detective Hockaday.
• Constable Dennis Farrelly von der Dublin Garda starb nach einem dubiosen Sturz vom Dach einer Mietskaserne in einem New Yorker Slum. Mr. Farrelly war von Chief Eamonn Keegan wegen seiner Verbindung mit der verbotenen politischen Organisation namens »Hearts of Steel« entlassen worden, einer während des Krieges gegründeten rechtsgerichteten Vereinigung, die von der Regierung nichtsdestoweniger als Geldbeschaffungsorganisation der linksgerichteten IRA eingestuft wurde.
• Garda Chief Eamonn Keegan, der vor zwei Tagen in seinem Dubliner Büro erstochen wurde. Die zuvor von ihm erwirkte Entlassung von Constable Farrelly wurde von einem kontroversen Statement begleitet: »Meine Maßnahme ist als eindeutige Warnung an alle anderen Angehörigen der Dublin Garda zu verstehen, daß ich keine wie auch immer geartete Zusammenarbeit mit der IRA dulden werde, solange ich lebe.«
• Moira Catherine Bernadette Booley, Köchin im vorstädtischen Haushalt von Liam Hockaday in Dún Laoghaire, einem pensionierten Banker und Geschäftsmann - und Bruder von Aidan Hockaday. Miss Booley wurde laut Informationen der dortigen Civil Guard auf der Kellertreppe im Haus ihres Arbeitgebers in der Ladbroke Street erhängt aufgefunden. Über Miss Booleys politische Sympathien ist nichts bekannt.
Das war im wesentlichen der Inhalt von Gunstons Story, mit Ausnahme der wenigen Absätze, in denen Professor Dermot Brennan zitiert wurde. Brennans Ansichten stützten natürlich den Tenor von Gunstons Artikel - daß der Nevermore-Plan nicht nur irgendein paranoides Hirngespinst war, sondern vielmehr die umgehende und kritische Aufmerksamkeit von Polizei und Regierung rechtfertigte.
Schön wär’s, dachte ich. Womöglich würde Gunston sich dieser Ansicht anschließen, und das mochte auch der Grund dafür sein, daß er soviel von dem zurückhielt, was er wußte. Gunston war augenscheinlich jemand, der es vorzog, einige Fragen offenzuhalten und auf diese Weise bei seinen Lesern den Wunsch nach mehr zu wecken. Ein smarter junger Mann. So hatte er immer einen Job.
Ich las Cavanaughs Brief noch einmal. Und da war es wieder, diese Kleinigkeit, die mir schon beim ersten Lesen aufgefallen war:
... ein alter Hund des Krieges bin, mein lieber Oliver... mein Befehlshaber einen letzten, endgültigen Befehl ausgegeben hat, der so oder so meinen Tod bedeuten wird. Ich entscheide mich für meinen eigenen Weg aus diesem Jammertal...
Und die anderen Fragen kamen mir wieder in den Kopf, als ich die Augen schloß und die Zeitung aus meinen Händen gleiten ließ.
Für mich bestimmte Kugeln?
Liam hat mich herzitiert?
Das waren Fragen, die Oliver Gunston nicht für mich beantworten konnte. Ebenfalls nicht der Geist meines Vaters, sosehr ich mich auch bemühte, ihn im Schlaf herbeizurufen.
Ich versuchte mein verletztes Bein zu bewegen und überlegte es mir sehr schnell anders. Der Schmerz, der meinen Rücken hinauf bis in die Schultern schoß, fühlte sich an, als würde mir jemand die Haut abziehen. Nach der Gehirnerschütterung war mein Kopf immer noch ziemlich benebelt. Über all das nachzudenken, was Gunston in seiner Story ausgelassen hatte - und warum -, brachte mich auch nicht viel weiter.
Ich versuchte an andere Dinge zu denken, an Dinge aus dem weit entfernten New York. Die Saisoneröffnung im Yankee Stadium, mit Ruby im Central Park Frisbee spielen, chinesisches Essen zum Mitnehmen. Ich behielt diese Bilder einen Augenblick im Kopf, hoffte, daß sie mir Erleichterung verschafften, doch eines nach dem anderen wurden sie von meinen irischen Problemen verdrängt.
Es hatte keinen Sinn, an zu Hause zu denken. Genausowenig wie ich aufhören konnte zu atmen, konnte ich aufhören, über fehlende Verbindungsstücke nachzudenken. Ich brauchte sämtliche Antworten auf das Geheimnis meiner Herkunft, andernfalls würde ich Irland niemals lebend verlassen.
Nachdem mir dies klargeworden war, ging mir endlich ein Licht auf. Es gab einen Schlüssel, den ich mein ganzes Leben lang übersehen hatte.
Ruby und Sister Sullivan kehrten zurück. Schon bald stand ein schöner Teller Eintopf mit warmem Schwarzbrot und Cider vor mir.
»Sister«, sagte ich, nachdem ich mir den Bauch vollgeschlagen hatte, »morgen muß ich
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