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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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losgezogen, um euch als erste einzulochen - das heißt, unsere Imitatoren.«
    »Nur daß du das Haus bereits verlassen hattest, als sie uns abholen wollten«, fügte Ruby hinzu.
    »Aye, es war verteufelt schwer, dich zu erwischen. Im Bahnhof bist du uns entwischt.« Sister schüttelte den Kopf. »Wir haben uns gewaltig verschätzt. Wir haben einen Burschen mit Baseballkappe gesucht, mußt du wissen.«
    Schließlich gelang es mir doch noch, mich aufzusetzen. Mit einem Schluck Wasser brachte ich ein paar Worte heraus.
    »Ich hatte vielleicht einen Tag«, sagte ich. »Zuerst habe ich mit Francie Boylans Vater gesprochen, der mich mit einer Flut von Beschimpfungen überschüttet hat. So ging’s dann weiter mit einem Politikprofessor am Trinity College, der zu denken scheint, mein Vater sei ein Nazi gewesen. Und anschließend habe ich bei Liam angerufen und erfahren, daß Moira sich aufgehängt hat und daß die Cops dich mitgenommen hätten, Ruby.«
    Ruby zog ihre Hand zurück, stand auf und ging zum Tisch. Sie nahm eine Zeitung, den >Irish Guardian< und kehrte damit zum Feldbett zurück.
    »War schon gottverdammt gut«, sagte ich zu Sister Sullivan, »daß ich auf der O’Connell Street ein paar von Ihren Taschendieben bei der Arbeit gesehen habe.«
    »Aye, das hat dich gerettet.«
    »Ich wollte gerade mit diesem Anwalt, den ich engagiert habe, wegen Ruby ins Präsidium der Garda und -«
    Vor Wut lief Sister Sullivan rot an, und sie fiel mir ins Wort.
    »Der Teufel backt seinen Weihnachtskuchen mit Anwaltszungen!«
    »Wem sagen Sie das!« erwiderte ich.
    »Das alles können wir auch noch später klären«, sagte Ruby und legte den gefalteten >Guardian< auf meine Brust. »Im Augenblick mache ich dir besser was zu essen. Du hast ja seit fast vierundzwanzig Stunden nichts mehr zwischen die Zähne bekommen. Bis ich fertig bin, hast du hier was zu lesen.«
    Ruby küßte mich. Dann verließen sie und Sister Sullivan die Hütte. Ich nahm die Zeitung und wäre wahrscheinlich umgefallen, hätte ich nicht sowieso gelegen.
    Auch wenn er es nicht gewöhnt war, mit seinen Artikeln auf Seite eins zu landen - genau dort stand Oliver Gunstons großer Knüller, wo er auch hingehörte. Auf der Titelseite des >Irish Guardian< gab es tatsächlich keinen anderen als Olivers Artikel, dessen Schlagzeile einfach lautete: »DER NEVERMORE-PLAN« -MORD & WAHNSINN!
    Wie es aussah, hatte Gunston seine Herausgeber beim Wickel. Wenn sie sich weigerten, diese häßliche Sache zu bringen, würden sie nur zu einer weiteren unschönen Facette der Geschichte, die Gunston im Handumdrehen überall sonst veröffentlichen konnte. Von Slattery wußte ich, was ein Reporter tun konnte, wenn alle Stricke rissen, um eine kontroverse Story doch noch drucken zu lassen: Sag dem Boss, daß du liebend gern kündigst und mit deiner Story zur Konkurrenz gehst - zusammen mit der zusätzlichen Story, warum du gekündigt hast.
    Es machte mich verlegen, das Hauptfoto auf Seite 1 zu sehen -eine Vergrößerung der Aufnahme, die Professor Brennan zu unserem Mittagessen mitgebracht hatte, auf dem mein Vater und Chancellor Cavanaugh und ein leicht verdattert wirkender William Butler Yeats zu sehen waren. Doch ich freute mich für Gunstons Erfolg. Er hatte nichts Geringeres als die wichtigste Story Irlands seit der Unabhängigkeit geschrieben. Und eine weitere der vielen nicht erzählten Geschichten des Zweiten Weltkriegs.
    Ferner gab es verschiedene Fotos von verschiedenen unbedeutenderen Akteuren dieses schrecklichen Dramas. Arty Finns Polizeifoto war ein Andenken an ein altes Verbrechen im County Kildare. Father Tims Ordinationsfoto stammte zweifellos von dem unerschrockenen Slattery. Ebenfalls das vom Dach aus geschossene Foto von Constable Dennis Farrellys Leiche auf dem Boden eines Lichtschachts in Hell’s Kitchen. Chief Eamonn Keegans letztes Bildnis war von der Dublin Garda auf genommen worden, sein massiger Leib zusammengesackt über seinem Schreibtisch, das Blut aus seinem Mund sprudelnd. Ich bemerkte den Teil des Schreibtischs, wo kubanische Zigarren gewesen wären, hätte ich sie nicht eingesteckt.
    Peadar Cavanaughs letztes Porträt war eindeutig das grausigste. Gunston und der Fotograf des >Guardian< waren offensichtlich vor den Cops am Tatort eingetroffen. Cavanaughs Kopf lag seitlich auf dem Schreibtisch in einer zähflüssigen Lache aus Hirn und Blut.
    Unter der kleineren Schlagzeile MANIFEST EINES IRREN VON HOHEM RANG stand der ungekürzte Text von Chancellor

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