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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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Kleider, die vom Nachlaßtisch in der Holy Cross Church an Witwen verteilt wurden. Die glücklichen Frauen, nicht die müden und abgespannten.
    »Aber nicht in unserem Viertel.«
    »Aber ganz in der Nähe, Mama. So nah. Vor den Theatern habe ich sie gesehen. Und auch da, wo du arbeitest.«
    Mama weinte. Sie weinte immer, wenn er ihr eine Dame aus einer Illustrierten zeigte.
    »Nun«, sagte sie, reckte wieder die Schultern, lachte und strich sich durch ihr sprödes Haar, »mit den paar Dollar in diesem Haus haben wir Besseres zu tun, als deine alte Mama aufzutakeln, oder nicht?«

    »Nichts in ihrer vornehmen Kindheit bereitete Mairead auf das Leben vor, das sie erwartete. Sie war einmal ein reiches Mädchen gewesen, die einzige Tochter des erhabenen Lord Gavan Fitzgerald.« Sister Sullivan drehte den Kopf zur Seite und spuckte auf den Boden. »Das ist zum Gedenken an Lord Fitz, ich entschuldige mich nicht für meinen fehlenden Respekt für diesen Bastard. Wahrscheinlich hast du schon von ihm gehört?«
    »Ja, habe ich.«
    »Dein Großvater war ein Schwein. Er und seine Tochter waren wie Tag und Nacht. Es hatte nichts mit Rebellion zu tun, soweit es sie betraf. Mairead war einfach eine dieser Reichen, die so oft Vorkommen wie die Sonne im Januar. Sie wußte es.«
    »Wußte was -?«
    »Daß das Problem, arm zu sein, die Armut war, und das Problem, reich zu sein, die Nutzlosigkeit. Mairead akzeptierte einfach nicht, genauso nutzlos zu sein wie all die anderen reichen Mädchen, mit denen sie aufwuchs, verstehst du. Für sie war das eine Form der Dummheit. Sie machte keine große Sache daraus, unternahm aber auch keine Anstrengung, sich dem Willen ihrer Klasse zu unterwerfen. Natürlich hatten all ihre reichen Verwandten Angst vor ihr und haßten sie. Dieser Spitzengardinenhaufen - die sind intellektueller Freiheit gegenüber genauso intolerant wie Torfbauern... vor allem einer irischen Frau gegenüber, die selbständig denken will.«
    Sister Sullivan schenkte Kaffee nach und steckte sich eine Zigarette an. Ruby räumte meinen Teller und die Tasse fort. Ich erwischte ihren Arm und streichelte sie.
    »Wir müssen über ein paar ernste Dinge reden«, sagte ich zu Ruby.
    »Ich weiß, Baby.«
    Dann lachte Sister Sullivan und stieß blauen Rauch in verrückten Kringeln aus. »Weißt du, was deine Mutter immer über Geld gesagt hat? Oh, es war einfach herrlich subversiv.«
    »Was denn?«
    »Mairead ging mit ihrem Geld immer großzügig um, gab nie etwas für sich selbst aus, wenn sie das gleiche nicht auch für zwei oder drei andere kaufen konnte. Ich habe sie einmal gefragt: 'Mairead, meine Liebe, warum gibst du dein Geld immer so schnell aus? Hast du vielleicht Angst, dir die Hände schmutzig zu machen?< Und deine Mutter hat geantwortet: >Ist das Portemonnaie leer, dann ist das Herz voll.< Jetzt frage ich dich: Ist das nicht wunderbar?«
    »Übertrieben großzügig«, sagte ich.
    »Ich habe sie einen Engel genannt, nicht eine Heilige«, erwiderte Sister Sullivan. »Alle großen Damen haben ihre Fehler.«
    »Woher kannten Sie sie überhaupt so gut?«
    »Sie war’s, die sich die Mühe gemacht hat, uns kennenzulernen, so rum ist das gelaufen. Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht herauszufinden, wie ihr Vater und die anderen mächtigen Kacker ihr Bestes gaben, uns Zigeunern während der Weltwirtschaftskrise Extraportionen an Schrecken und Elend auszuteilen.«
    »Was ist damals passiert?«
    »Die mächtigen Ratgeber der Privilegierten in ihren Banken und Gerichten und Maklerfirmen haben den normalen Leuten, denen immer beigebracht worden war, sie zu respektieren, eingeredet, wir Zigeuner seien dafür verantwortlich, daß das ganze Kartenhaus zusammenbrach. Stell dir vor - wir, die wir nicht mal ins Haus rein durften! Die Zeiten waren reif für die große Lüge - und für Sündenböcke.«
    »Ich hab davon gelesen.«
    »Ich gebe dir zwei kleine Beispiele für ein großes Problem. Erstens. Da ist der Mann in Cork, der seine Arbeit als Zimmermann verliert, weil seine Kunden beim Zusammenbruch der Banken ihre gesamten Ersparnisse verloren haben. Dafür möchte der Zimmermann jemanden verantwortlich machen, das kann ich ihm nicht verübeln. Auf wen könnte er leichter einschlagen, frage ich dich? Auf die Namenlosen in ihren Melonen und feinen Anzügen oder auf die Zigeuner im Lager am Ende der Straße - die seine Preise für die wenigen Zimmermannsarbeiten unterbieten, die es noch gibt?«
    »Ich verstehe, was Sie meinen.«
    »So, und

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