Ertränkt alle Hunde
Weg gehen.«
»Nicht gleich sauer werden. Ich versuche nur herauszufinden, was Sie mit Revanche meinen. Also, falls es um Geld geht -«
»Für so was gibt’s Brink’s, Lieutenant - nicht Sie. Geld durch einen Cop überbringen zu lassen ist das gleiche wie Salat von einem Karnickel überbringen zu lassen.«
»Das könnte ich persönlich nehmen.«
»Genau, das könnten Sie.«
»Entschuldigen Sie, wenn ich frage, aber wozu zum Teufel brauchen Sie mich? Und kommen Sie mir jetzt nicht wieder mit dieser Scheiße von wegen Ruhm und Ehre.«
»Ich vertraue immer einer mißtrauischen Natur.«
Er legte das Telefon auf und stieg wieder ins Bett. Jede Menge Zeit für ein Nickerchen.
Sein ganzes Leben lang hatte er schon Einschlafprobleme. Stundenlang drehte und wälzte er sich im Bett, selbst an solchen Tagen, wenn er sich mit dem schwarzen Kaffee im Revier zurückgehalten hatte, selbst als er seine Frau neben sich gehabt hatte, dann ganz besonders. Aber seit Sonntag nacht und Arty Finns explosivem Abschied von dieser Welt brauchte Davy Mogaill bloß die Augen zu schließen, und schon kam der Schlaf. Wie auch jetzt. Noch während er dachte: Das ist also jetzt die Freiheit, meine einzige Freiheit...
Davy Mogaill träumte von einem Mädchen mit Haaren in der Farbe von Oktoberblättern in den Galty Mountains. Er träumte von dem Tag, an dem er im County Kildare geheiratet hatte. Er War förmlich gekleidet in dem umgearbeiteten guten Anzug seines Vaters, stand auf seinen jungen, zitternden Beinen aufrecht neben dem Priester, wartete darauf, daß die Frau, die er liebte, zu ihm vor den Altar trat, der im Haus ihrer Familie errichtet worden war; Brenda in ihrem Brautkleid aus Spitze mit dem Blumensträußchen wurde nicht von ihrem Vater den Gang heruntergeführt, einem im Dorf berühmten Märtyrer der republikanischen Sache, sondern von ihrem mißmutigen Bruder.
Und später, nach dem Segen und den Hochzeitstänzen und dem Trinken wurde er von seinem neuen Schwager und dem Priester und ein paar der wildesten Jungs des Dorfes umringt, und sie sprachen ihm mit Schlägen auf seinen Rücken ihre alkoholgeschwängerten Glückwünsche aus. Während seine Braut stolz die Männer in ihrem Leben anstrahlte.
Dann Brendas Mutter an seinem Ohr, den Familienfluch flüsternd, als sei es ein Wiegenlied: »Du mußt wissen, heute hast du uns alle geheiratet, Davy - bis daß der Tod uns scheidet.« Und die grünen Augen seiner hübschen Braut tanzten, und alle Männer nickten, und ihre Lippen waren erstarrt in frostigem Lächeln...
Er wachte mit dem alten, schmerzenden Gedanken auf: Wie viele Schulden habe ich schon aus Liebe zu Brenda bezahlt, die ich nie wirklich schuldete?
Mogaill setzte sich auf und schwang die Beine über die Bettkante. Er schaute aus dem Fenster und sah das letzte, nebligtrübe Licht des Tages einem Abend mit feuchtem, rötlichem Dunst weichen, der nahenden Regen verhieß. Lichter färbten die benachbarten Fenster gelb. Der Verkehrslärm ließ nach. Eine Straße voller amerikanischer Familien würde schon bald zu Abend essen, auf den Fernseher starren und sich gegenseitig ignorieren.
Mogaills Magen knurrte. Plötzlich hatte er Hunger.
In dem Haus, in dem er untergeschlüpft war, wurde das Abendessen zeitig serviert, und er hatte es versäumt - nicht daß es ihm etwas ausmachte. Gesellschaft konnte schnell zur Last werden für einen Mann, der solange allein gelebt hatte wie Mogaill. Entsprechend ihren langweiligen Gewohnheiten würden jetzt unten die anderen langsam in den Abend hineingleiten. Die übliche Partie Poker mit niedrigen Einsätzen würde beginnen, die üblichen Schwätzer würden sich erneut über Politik auslassen, die üblichen an Verdauungsstörungen Leidenden würden eindösen und auf alten, zerfledderten Sesseln munter furzen. Das alles würde er ebenfalls versäumen, was wegen seines hohen Blutdrucks besser so war.
Er stand auf, reckte sich und fühlte sich ungeheuer erschöpft trotz der fast dreißig Minuten tiefen Schlafs, seines zweiten Nickerchens an diesem Tag. Er nahm das Schulterhalfter vom Stuhl neben dem Bett und legte es an, klopfte auf das glatte braune Leder, in dem seine .38er Police Special steckte. Dann streifte er sein Jackett über.
Bevor er den Raum verließ, nahm er sich noch die Zeit, zwei Scotch zu kippen. Außerdem sah er noch einmal in seiner Tasche nach. Es war noch da.
Jetzt war er die Treppe hinunter, an den Debattierern und den Pokerspielern und den Furzern vorbei.
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