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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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oder?«
    »Hinreißend. Mein Gott, es hat uns allen schrecklich leid getan, als sie bei diesem Brand drüben in Irland ums Leben gekommen ist.«
    »Ich muß oft an sie denken.«
    »Natürlich. Hören Sie, Captain, wie wär’s, wenn Sie jetzt die -?«
    »Sehen Sie denn nicht, daß ich gottverdammt fertig bin, Lieutenant? Seien Sie so gut, und nerven Sie mich nicht weiter wegen der Kanone.«
    »Okay, okay.«
    »Eigentlich habe ich an sie gedacht, als ich Hockaday das letzte Mal gesehen habe.«
    »An Brenda?«
    »Irgendwie sind wir auf das Thema Frauen gekommen. Ich erinnere mich noch genau, was ich zu Hock gesagt habe: >Die Anziehungskraft, die Frauen auf uns Männer ausüben, ist die gleiche Anziehungskraft, die Cape Hatteras auf Seeleute ausübt. Frauen sind ungeheuer gefährlich, folglich sind sie ungeheuer faszinierende «
    »Nett, fast ein richtiges Gedicht. Aber das heißt mit Sicherheit nicht, daß Frauen nur verlockend und süß sind.«
    »Sie sind wirklich sehr scharfsinnig, Lieutenant.«

26

    Die Zeit war gerade richtig, bei Oliver Gunston vorbeizuschauen.
    Auf der Straße stellte ich einer Menge Leuten eine Menge Fragen, und allmählich arbeitete ich mich vom Trinity College über die Pearse Street zur Nassau Street vor und dann durch einige gewundene Gassen rüber zur Grafton Street, eine der Haupteinkaufsstraßen Dublins, und erreichte schließlich am Ende eines kleinen Seitensträßchens die Büros des >Irish Guardian<. Ich stand vor einem schnittigen, modernen Gebäude mit viel Glas und Chrom, das wie eine gestutzte Ausgabe eines dieser Firmensilos an der Sixth Avenue zu Hause in New York aussah. Kein New Yorker auf Reisen bekommt Heimweh, wenn er ein solches Gebäude erblickt.
    Im Foyer fand ich einen alten Knaben mit Pistolengürtel, der hinter einem Schreibtisch mit dem Schild INFORMATION ein Nickerchen hielt. Er trug eine mottenzerfressene graue Uniform, eine dazu passende Mütze mit Lederschirm und einem vage offiziell wirkenden Abzeichen darauf sowie Schuhe mit dicken Gummisohlen, wie sie Postboten tragen. Die Mütze war eine Nummer zu groß. Statt ihm auf die Brust zu tippen und zu wecken, sagte ich: »Ich möchte zu Oliver Gunston.«
    Er grunzte. Verschwollene, mit geplatzten kleinen Äderchen überzogene Augenlider flatterten auf wie die einer Kröte, trockene Lippen schmatzten, das Gebiß klapperte. Skeptisch beäugte er meine Yankees-Kappe und sagte mit belegter Stimme: »Noch ma?«
    »Gunston. Wo finde ich den?«
    »Sie gehen zu überhaupt keinem, bevor Sie mir nich das Ding gegeben haben«, sagte er und richtete sich hinter seinem Schreibtisch, so respektgebietend es ging, auf. Falls er meine
    Kappe meinte, so beschloß ich, daß sie blieb, wo sie war. »Hören Sie, solang wir hier unten sind, habe ich hier das Sagen«, sagte er.
    Mein Schweigen gefiel ihm nicht besonders. Er interpretierte es zutreffend so, daß ich nicht beeindruckt war. »Sie sind einer von diesen Amerikanern, ich verstehe«, knurrte er.
    »Ja, einer von denen.«
    Wer weiß, warum überhaupt jemand Mietcops engagiert, die dann in Foyers herumlungern und die Öffentlichkeit belästigen? Wenn sie den Laden schon nicht selbst bestehlen, dann gewähren sie auf jeden Fall ausnahmslos den falschen Leuten Zutritt. Fragen Sie New Yorker Hotelmanager, die immer wieder überrascht sind, wenn sich am Ende Lackaffen in dreiteiligen Anzügen und mit Acetylenschneidbrennern in ihren Gucci-Diplomatenkoffern aus dem hauseigenen Safe bedienen. Fragen Sie die bösen Jungs, und die werden Ihnen sagen, daß die Welt gewitzter und erheblich sicherer war, als noch aufmerksame Sekretärinnen und wachsame Fahrstuhlführer den Deckel draufhielten.
    Ich zückte meine NYPD-Dienstmarke und zeigte sie ihm. »Seien Sie ein braver Junge, und rufen Sie Oliver Gunston an. Okay, Fosdick? Der Name ist Hockaday, genau wie’s hier auf meiner echten Dienstmarke steht.«
    »Ich heiß nich Fosdick.«
    »Aber furchtlos sind Sie doch, oder?«
    »Ich mach meine Arbeit.«
    »Das ist gut.« Ich wedelte wieder mit meinem Blech. »Jetzt rufen Sie ihn schon an.«
    Fosdick war natürlich tief beeindruckt von einer Dienstmarke, mit der ich in Dublin genaugenommen überhaupt nichts anfangen konnte. Er rief die Nachrichtenredaktion an, und wenige Minuten später befand ich mich im Irish Guardian Building drei Etagen höher. Ein amüsierter junger Mann mit aufgekrempelten Hemdsärmeln, einer altmodischen Hornbrille und einer grünen Augenblende direkt aus dem Film

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