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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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werden jetzt einen Moment hier bleiben und diesem armen, betrübten Reisenden so gut wir können helfen. Vergeßt nicht, in unserem Leben müssen wir stets gute Samariter sein.«
    Die Mädchen tuschelten zustimmend und zogen ihre Jackenärmel wieder hoch. Ich packte den Arm eines Mannes im Anzug und sagte: »Diese Diebesbande hier hat mir gerade die Brieftasche gestohlen!«
    Er riß sich los und schrie: »Sie verdammter amerikanischer Idiot!« Dann hastete er weiter die Straße hinauf und blieb vor etwas stehen, was wie eine Polizeinotrufsäule aussah.
    »Na, mein Sohn, ist das dort auf dem Boden nicht Ihre Brieftasche?« sagte die Nonne und legte eine Hand auf meinen verkrampften Arm.
    Ich bückte mich, um die Brieftasche aufzuheben. Dabei hörte ich Gelächter. Als ich mich wieder aufrichtete, war ich wieder von den Gesichtern der Diebe umringt, diesmal mit übertrieben besorgten Mienen. Hinter ihnen befand sich eine amüsierte Menge von Dubliner Müßiggängern, die nichts Besseres zu tun hatten, als über das Dilemma eines Touristen zu kichern.
    Ich öffnete die Brieftasche. Zum Glück war mein Paß noch da. Zwei gelangweilte Cops kamen zum Schauplatz dieses ermüdenden alten Verbrechens geschlendert. Obwohl es jetzt, das erkannte ich, keinerlei Anhaltspunkte dafür gab, daß etwas nicht in Ordnung war. Da war nur ich mit meinem hochroten Kopf und der Brieftasche in der Hand, und meine guten Samariter.
    »Das ist der Irre!« sagte der Mann im Anzug, der den beiden Cops folgte. »Er hat mich angegriffen - hat mich einen Dieb geschimpft!«
    »Ach, so schlimm war’s ja gar nicht«, sagte die Nonne zu meiner Verteidigung. »Der amerikanische Gentleman hier scheint etwas verloren zu haben. Meinen Sie, Sie könnten ihm vielleicht helfen, Constables?«
    Die Cops verdrehten die Augen. Einer nahm den Anzugtypen beiseite und sagte ihm, er solle weitergehen, der amerikanische Irre würde zurückgehalten. Der andere Cop sagte zu der Nonne: »Verpiß dich, Schätzchen.« Die Müßiggänger lachten amüsiert.
    Dann wollte der Cop von mir wissen: »In Ordnung, wie heißen Sie, woher kommen Sie und was ist hier los?«
    »Neil Hockaday, New York, und diese angebliche Nonne leitet eine Schule von Taschendieben.«
    »Was den letzten Punkt betrifft, schmerzt es mich zu bestätigen, daß Sie wohl recht haben«, sagte der Cop. »Ich muß es leider sagen, aber Sie sind von den tinkers ausgeraubt worden, mein Freund. Das sind unsere irischen Zigeuner. Erstaunlich und geschickt verkleidet, das sind sie. Und ziemlich talentiert dazu. Die stehlen Ihnen die Schuhe beim Tanzen.«
    »Schluß jetzt mit Ihren Verleumdungen!« protestierte die Nonne.
    »In welchem Hotel sind Sie abgestiegen, Mister?« fragte der Cop.
    »Ich wohne bei meinem Onkel«, sagte ich und hoffte, daß ich aus einer guten Adresse Kapital schlagen könnte. »Liam Hockaday aus der Ladbroke Street in Dún Laoghaire.«
    »Ich kenne den Ort«, sagte der Cop beeindruckt, wie es sich gehört. Dann mußte er meine Kleidung kritisieren. »So sind Sie aus der Ladbroke Street in die Stadt gekommen? Wie ein gottverdammter Penner?«
    Die Nonne trat ganz dicht zu mir, kniff die Augen zusammen und blies mir ihre Whiskeyausdünstungen ins Gesicht. Ohne weiter die Ordensschwester zu spielen, fragte sie: »Sind Sie zufälligerweise derselbe Hockaday, der heute morgen in der Zeitung stand, der irgendwas mit dem Mord auf der O’Connell Street zu tun hat?«
    Ein Raunen erhob sich unter den Schaulustigen. Die beiden Cops bekamen rote Hälse. Das hier lief überhaupt nicht so, wie ich es mir vorstellte; sosehr ich mich auch anstrengte, es gelang mir nicht mal, mich selbst unter Kontrolle zu bekommen.
    Ich beschloß, die falsche Nonne zu ignorieren, und beklagte mich statt dessen bei dem Cop: »Die haben mir dreihundert Dollar gestohlen!« So wie ich mich in meinen eigenen Ohren anhörte, hätte ich mit Budweiser-Shorts und einem I-love-NY-Sticker zu Hause auf dem Times Square rumlaufen und darüber jammern sollen, von einem Hütchenspieler ausgenommen worden zu sein.
    Der Cop nahm einen ledergebundenen Notizblock von seinem Gürtel und einen Stift aus seiner Jacke. »Mord?« sagte er. »Wie heißen Sie noch mal?«
    »Neil Hockaday«, sagte ich.
    »Reilly!« rief er seinem Partner zu. »Den hier sollten wir besser mitnehmen.«
    »Ich bitte euch, Männer« sagte ich, als Reilly eine Hand um meinen Ellbogen legte, »ich bin selbst Polizeibeamter. Seht hier, ich zeige euch-«
    Aus der Menge erhob

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