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Ertränkt alle Hunde

Ertränkt alle Hunde

Titel: Ertränkt alle Hunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Adcock
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rechtschaffenen Faktoren.«
    »Wie zum Beispiel?«
    »Wie zum Beispiel, ob es ein Dienst an der Allgemeinheit ist, daß Finn und Farrelly umgelegt wurden. Wie zum Beispiel, daß Sie sich schließlich gemeldet haben«, sagte Ellis. Er nahm die Kassette aus Father Kellys Anrufbeantworter vom Tisch, warf sie mit seiner fleischigen Hand immer wieder in die Luft, als würde er eine Münze schnippen. »Dann ist da noch das hier, das Sie mir gegeben haben, damit ich es Neglio bringe. Vielleicht rettet Ihnen das den Arsch?«
    »Wenn Sie den politischen Aspekt überprüfen.«
    »Und was werden wir dann finden?«
    »Die Stimme eines echten Patrioten. Aber nicht unseres Schlages.«
    »Welchen Schlages?«
    »Des Schlages, der ein Messer an die Kehle der Welt hält.«
    Ellis legte das Band wieder hin. »Geben Sie mir jetzt die Kanone, Davy.«

29

    Wenn ich jetzt darüber nachdenke, muß ich natürlich wie eine genauso leichte Beute ausgesehen haben wie schwedische Touristen, die in Sandalen und Socken durch New York trampeln. Oder wie die Japaner mit ihren Kameras. Oder wie die Deutschen mit dicken Geldbörsen in den Gesäßtaschen.
    Ich mit meinen Turnschuhen und den strahlend weißen Zähnen und der Yankees-Kappe. O Junge, Junge, ich hab’s nicht anders gewollt.
    »Top o’day«, sagte die alte Nonne.
    Ich drehte mich zu ihr, tippte zum Gruß an meine Kappe und antwortete: »Hi.« Kein Mensch außer einem Amerikaner sagt Hi.
    Die Mädchen trugen alle Uniform. Weiße Blusen, Faltenröcke im Schottenkaro, Kniestrümpfe und grüne Strickjacken. Zu dieser Tageszeit ein völlig normaler Anblick auf jeder Dubliner Straße. Nichts, was jemanden außer einem Päderasten groß erregen würde.
    Und doch war irgend etwas nicht richtig. Als sie näher kamen, sich um mich drängten, sah ich eine unerwartete Härte in den Gesichtern dieser Mädchen. Sie waren mir vertraut, Gesichter, wie ich sie in New York täglich sehe und erheblich schneller erkenne; Gesichter, älter als ihr Alter in Jahren, verhärtet von einem Leben mit unredlich verdientem Geld.
    Was als nächstes passierte, ereignete sich innerhalb der erbärmlich kurzen Zeit, die eine durchschnittliche Fernsehwerbung benötigt, um den durchschnittlichen Zuschauer mit irgendeiner überflüssigen oder dick machenden Sache einzuseifen. Fünfzehn oder zwanzig Sekunden lang bekam ich nur mit, daß ich an einer Ecke der O’Connell Street von einer Horde Mädchen, es waren acht oder zehn, eingekreist wurde, und sie nuschelten irgend etwas, was mich ablenkte und verwirrte.
    Erst dann fiel mir auf, daß sämtliche grünen Strickjacken über ihre Hände gerutscht waren. Die, wie ich erst nach einigen weiteren Sekunden mitbekam, sämtliche Stellen abgrasten, an denen ich Taschen hatte. Aber keinen Augenblick lang spürte ich etwas davon.
    Aus dem Augenwinkel heraus sah ich dann drei schreckliche und ernüchternde Dinge blitzschnell passieren. Ein sommersprossiges Mädchen gab irgend etwas der Nonne weiter, die inzwischen hinter mir stand, etwas, was meiner frisch mit irischen Pfund im Wert von dreihundert Dollar gefüllten Brieftasche verdammt ähnlich sah. Ein weiteres Mädchen, das sich ein Stück von den mich umringenden Kindern aufgehalten hatte, streckte die Hand zur Nonne aus und rannte dann eine Seitenstraße hinauf und war schnell verschwunden. Und schließlich sah ich meine Brieftasche auf das Kopfsteinpflaster fallen, als sei sie eine Kartoffelschale.
    Inzwischen war mir klar, was hier abgelaufen war, dennoch waren meine Worte die eines dummen Touristen. Ich brüllte: »He - wartet mal!« Und zu meiner großen Überraschung war dies genau das, was die Nonne und all die kleinen Schulmädchen dann auch taten, nur daß die Nonne nicht mehr ganz so heilig und die Mädchen nicht mehr ganz so klein wirkten.
    »Wo liegt dein Problem, mein Sohn?« fragte die Nonne honigsüß.
    »Du hast hier das Problem, Schwester!« brüllte ich. Inzwischen war mein Gesicht erheblich geröteter, als es das der Nonne je gewesen war. Passanten gingen an mir vorbei, manche völlig desinteressiert, andere süffisant lächelnd. Und ich konnte nichts anderes tun, als die Nonne anzubrüllen. »Du und deine Bande von kleinen Dieben - ihr bleibt besser alle hübsch hier, wenn ihr wißt, was gut für euch ist!«
    »Wenn es Sie tröstet, mein Sohn, dann bleibe ich«, sagte sie. Dann wendete sie sich an die Mädchen, die zurückgeblieben waren, nachdem der Läufer mit meinem Geld verschwunden war. »Mädchen, wir

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