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Erwachen

Erwachen

Titel: Erwachen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kenner
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sich. Seine Erektion war hart wie Granit und drückte gegen meinen mit Lycra bedeckten Oberschenkel. »Da gibt es Unterschiede, oder?« Er ließ mich los, trat zurück. Ich stand da und rang nach Atem. Die Hitze dieses Mannes entfachte in mir ein Feuer.
    »Setz dich!« Er nickte R ichtung Bett.
    »Ich bleibe lieber stehen.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Wie du willst.« Er setzte sich, und ich fragte mich zwangsläufig, ob ich nicht einen Fehler gemacht hatte. Er war halbnackt, auf einem Bett, und ich in einem Libidonebel. Wahrscheinlich nicht die beste Entscheidung meinerseits.
    »Du hast selbstverständlich recht. Ich bin ein Inkubus - oder was die Menschen Inkubus nennen. Aber das macht mich nicht zu einem Teil der Mächte des Bösen, Lily. Das macht mich nicht automatisch zum Verräter. Und ganz bestimmt bedeutet das nicht, dass ich ein Dämon bin.«
    »Aber ich dachte …«
    »Du hast gedacht, diese Gutenachtgeschichten stimmen. Tun sie aber nicht.« Er streckte den Arm aus, und ohne zu überlegen, setzte ich mich neben ihn. »Es ist nicht grundsätzlich Schlechtes an denen unter uns, die über sinnliche Reize verfügen. Das gilt
    nur für jene, die Kontrolle suchen - die diese Reize einsetzen, um Macht zu erlangen oder als Mittel ihrer Überredungskunst. Die, die vor dem Altar des Bösen knien.«
    »Und du?«, fragte ich leise.
    Er strich mir über die Wange. »Sexualität kann auch eine Form der Wertschätzung sein, ma chere, eine Verbindung, sowohl körperlicher als auch geistiger Natur.«
    Er lehnte sich zurück und atmete tief ein. »Verurteile mich nicht, Lily! Ich bin nicht böse. Im Gegenteil. In Wirklichkeit bin ich dir sehr ähnlich. Zwischen zwei Welten gefangen. Wir beide, du und ich, haben mehr Punkte gemeinsam als nur die Substanz, die wir teilen.«
    Ich presste die Lippen aufeinander, weil ich mir verloren und blöd vorkam. Als ob ich nicht wüsste, wo das Gute aufhörte und das Böse anfing. Etwas, das eigentlich das Einfachste von der Welt sein sollte, jetzt aber unsagbar schwierig war.
    »Arme Lily!« Zanes Augen strahlten Güte aus. »Die Welt ist nicht so, wie sie in deinen Kinderbüchern dargestellt wird, n’est-ce pas?«
    »Nein, wirklich nicht.«
    »Wenigstens hast du eine klare Aufgabe. Du jagst Dämonen. Mach es nicht komplizierter, als es sowieso schon ist.«
    »Aber ich hatte immer gedacht, ein Inkubus sei ein Dämon …«
    »Vergiss alles, was du weißt«, sagte er scharf. »Du musst die alten Denkpfade verlassen.«
    »Ich weiß. Ich verstehe dich. Aber …« Ich brach den Satz ab und versuchte, den Gedanken, der sich in meinem Kopf ausbreitete, in Worte zu fassen. »Kann ein Dämon gut sein? Du sagst, ich soll alle töten. Aber sind auch alle böse?«
    Die unförmige Wolke in meinem Kopf nahm Gestalt an. Ich starrte auf den Boden, weil ich fürchtete, Zane könnte ein Spiegelbild meiner Gedanken in meinem Gesicht erkennen: Deacon.
    »Eine außerordentlich interessante Frage«, sagte er leise und schulmeisterlich. Wenn er irgendeine Ahnung vom Hintergrund meines Interesses hatte, ließ er sich nichts anmerken. »Wie überall gibt es auch im Himmel Hierarchien, und die Dämonen, die gediehen, als das Universum noch ein gestaltloses Nichts war, zogen sich in die Finsternis zurück, als Gott dieser Welt Licht einhauchte. Die Dunkelheit schrumpfte, verdrängt vom Licht, und die Bewohner der Finsternis, die Dämonen, scheuten diese neue Dimension. Zunächst jedenfalls. So lange, bis etwas Neues und Wunderbares dort auftauchte.«
    »Der Mensch«, erwiderte ich. »Das Böse kam zusammen mit dem Menschen in die Welt.«
    »Aus irgendeinem Grund sind Menschen als einzige Wesen empfänglich für die Verlockungen der dunklen Seite, ohne tatsächlich von Natur aus auf dieser Seite zu stehen. Und diejenigen, die dort leben, geraten nur durch Menschen in Versuchung. Und so überschritt das Böse eine Grenze. Das erste Böse. Die mythologische Schlange. Und als die Grenze einmal gefallen war, war der Pfad für alle anderen festgelegt.«
    »Ist das alles wirklich oder nur Mythologie?«
    »Wenn du es lebst, muss es wirklich sein.«
    Ich wurde nicht klug aus dieser Vorstellung eines gut unterrichteten Dunkels oder einer mächtigen Schlange als Verkörperung des Bösen, aber ich ließ es durchgehen, weil dieses Gleichnis von dem handelte, was ich bekämpfte. »Weiter.«
    »Einst begann das Böse, den Menschen in Versuchung zu führen, als es nämlich erkannte, dass es auch in Menschen existieren

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