Erwachende Leidenschaft
weiß, daß Colin kein weiteres Einkommen hat.«
»Haben Sie ihn danach gefragt?«
Nathan schüttelte den Kopf. »Ich habe es erst heute morgen entdeckt.«
»Teilen Colin und Sie … alles? Ich meine, haben Sie Geheimnisse voreinander?«
»Wir sind Partner, Alesandra. Wenn wir uns nicht gegenseitig vertrauen können, wem zum Teufel können wir dann überhaupt vertrauen?«
Er sah sie durchdringend an. »Sie wissen, woher das Geld stammt, nicht wahr?«
Sie nickte langsam. »Aber Colin sollte es Ihnen wohl sagen … nicht ich.«
»Ist es Ihr Geld?«
»Nein.«
»Woher kommt es dann?«
Er dachte offenbar nicht daran, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Und da Nathan nicht nur Colins Partner, sondern auch sein bester Freund war, entschied Alesandra, daß es kein Verrat war, es ihm zu sagen.
»Aber Sie müssen mir versprechen, weder Caine noch sonst jemandem aus Colins Familie etwas davon zu verraten«, begann sie.
Nathan nickte. Seine Neugier war geweckt. »Ich verspreche es.«
»Colin hat ein bißchen nebenbei gearbeitet, um die Einkünfte der Gesellschaft zu erhöhen.«
Nathan lehnte sich vor. »Für wen?«
»Sir Richards.«
Sein Grollen ließ sie heftig zusammenzucken, und fast hätte sie das Geschenk von der Bank gestoßen. Er war bisher nur leicht interessiert gewesen, und seine wütende Reaktion überraschte sie vollkommen. Sie zuckte noch einmal zusammen, als er einen bitterbösen Fluch murmelte.
Kurz darauf hatte Nathan sich wieder gefaßt und entschuldigte sich bei ihr. Doch der Ausdruck seiner Augen blieb beängstigend.
»Ich denke, es wäre das beste, wenn Colin es Ihnen erklärte«, stammelte sie. »Nathan, er arbeitet schon länger nicht mehr für Sir Richards.«
»Sind Sie sicher?«
Sie nickte. »Allerdings.«
Nathan stieß einen langen Seufzer aus und lehnte sich dann in seinem Sitz zurück. »Vielen Dank, daß Sie es mir gesagt haben.«
»Colin hätte es Ihnen doch auch gesagt, nicht wahr?«
Die Besorgnis in ihrer Stimme war nicht zu überhören, und Nathan konnte sich denken, daß sie ihre Ehrlichkeit schon fast bereute. Er lächelte sie beruhigend an. »Ja, das hätte er. Und ich werde ihn später nach den fehlenden Belegen fragen.«
Dann lenkte er das Thema auf etwas anderes, damit sie aufhörte, darüber nachzudenken, und ein paar Minuten später hielt die Kutsche vor Caines Stadthaus.
Sterns öffnete die Tür, und Alesandra sah zum ersten Mal Flannaghans Onkel. Er war ein älterer, ausgesprochen mürrisch wirkender Gentleman mit steifen Manieren, doch das Funkeln in seinen Augen, als er sie begrüßte, war echt. Es schien, als hätte Flannaghan sie über den grünen Klee gelobt, und Sterns erwähnte kurz, ihm sei zu Ohren gekommen, daß nun auch Kate und Megan in Colins Haushalt lebten.
Die Türen zum Salon standen weit offen. Caines Tochter entdeckte sie zuerst und kam herbeigerannt. Die Vierjährige griff nach Sterns’ Hand, um nicht zu stolpern, als sie knickste, doch ihr damenhaftes Benehmen war ohnehin nur von kurzer Dauer. Als sie die höfliche Begrüßung beendet hatte, ließ sie Sterns’ Hand wieder los und warf sich gegen Nathans Beine. Als dieser sie hochhob und wie eine Puppe in die Luft warf, quietschte sie vor Freude.
»Danken wir Gott für hohe Decken«, bemerkte Sterns.
Nathan lachte auf. Er hielt seine Nichte fest im Arm und folgte dann Alesandra in den Salon.
Jade und Catherine saßen nebeneinander auf dem Sofa, während die Duchess ihnen gegenüber auf einem Stuhl Platz genommen hatte. Nun standen alle drei schnell auf und umringten Alesandra.
»Wir haben die wundervolle Nachricht eben erst erfahren«, verkündete die Duchess.
Alesandra lachte.
»Ich habe es von Catherine gehört«, setzte die Duchess hinzu.
»Ich habe es von Jade gehört«, warf Catherine ein.
»Aber ich habe niemals …«, begann Jade zu protestieren.
»Nun, ich habe gehört, wie Mutter dir ihre Vermutung mitgeteilt hat«, gab Catherine schließlich zu.
»Wo ist Sara?« wollte Nathan wissen.
»Sie füttert Joanna«, erklärte Jade. »Sie ist in ein oder zwei Minuten unten.«
Nathan wollte Olivia absetzen, doch diese hielt sich einfach weiterhin fest und verkündete, sie würde mit Nathan gehen.
Alesandra stellte die Schachtel auf dem Beistelltisch ab und folgt ihren Verwandten zu der Sitzgruppe hinüber. Sie setzte sich neben ihre Schwiegermutter, die sich Tränen aus den Augenwinkeln tupfte.
»Ich bin außer mir vor Freude«, sagte sie. »Noch ein Enkelkind. Was für ein
Weitere Kostenlose Bücher