Erwachende Leidenschaft
auf das Schiff zeigte, und erkannte, daß ihr Mann endlich Bescheid wußte.
Sie war gut im sechsten Monat ihrer Schwangerschaft und obwohl sie sich mit jedem Tag schwerfälliger fühlte, konnte sie immer noch schnell reagieren, wenn es sein mußte. Sie stand hastig auf und ging auf die Tür zu. »Ich sehe mal nach, was Sara macht. Ich halte die kleine Joanna so schrecklich gerne. Sie hat ein ganz süßes Lächeln.«
»Komm wieder her.«
»Besser nicht, Colin.«
»Ich will mit dir reden. Sofort!«
»Colin, du solltest deine Frau nicht so aufregen. Sie ist schwanger, um Himmels willen.«
»Sieh sie dir an, Nathan. Findest du, daß sie aufgeregt aussieht? Ich würde das eher schuldbewußt nennen.«
Alesandra verbarg ihre Verzweiflung nicht. Nathan blinzelte ihr zu, als sie langsam wieder zum Sofa zurückkam. Sie faltete die Hände und sah ihren Mann wütend an. »Du wirst besser nicht wütend, Colin. Oder unser Baby regt sich auf.«
»Du bist aber nicht irgendwie aufgebracht, Liebling?«
»Nein.«
Er klopfte auf den Platz neben sich. Sie setzte sich und widmete sich interessiert den Falten ihres Kleides.
Dann sah sie zu Boden, während er sie ansah. »Sie sind dort drinnen. Im Schiff, richtig?«
»Was soll im Schiff sein?« fragte Nathan.
»Die Aktien«, antwortete Colin. »Alesandra, ich habe dich etwas gefragt. Antworte mir bitte.«
»Ja, sie sind da drin.«
Die Erleichterung überwältigte ihn fast. Er war so verdammt froh, daß die Anteile nicht in fremde Hände übergegangen waren, daß er am liebsten gejubelt hätte.
Ein Hauch von Röte färbte Alesandras Wangen. »Wie hast du es angestellt?« fragte er noch einmal.
»Was angestellt?«
»Sind sie auf meinen Namen ausgestellt worden? Ich habe nie daran gedacht, Dreyson danach zu fragen. Bin ich der Besitzer?«
»Nein.«
»Dann Nathan?«
»Nein.«
Er wartete eine lange Minute auf ihr Geständnis. Sie schwieg dickköpfig. Nathan verstand gar nichts mehr.
»Ich möchte doch nur mit dem Mann reden, Alesandra. Vielleicht will er sie uns ja wieder verkaufen. Ich werde ihn bestimmt nicht einschüchtern.«
»Der Besitzer kann nicht mit dir reden, Nathan, und es ist wirklich legal nicht möglich, daß du die Anteile zurückkaufst – jedenfalls nicht jetzt.«
Sie wandte sich ihrem Mann zu. »Gut, ich gebe zu, ich habe mich ein wenig eingemischt, lieber Gemahl, aber ich möchte dich daran erinnern, daß du zu dieser Zeit recht halsstarrig warst, was mein Erbe betraf, und so mußte ich es mit einer List versuchen.«
»Wie dein Vater«, kommentierte er.
»Ja«, stimmte sie zu. »Wie mein Vater. Er jedenfalls wäre mir nicht böse. Bist du es?«
Colin konnte nicht übersehen, daß seine Frau von dieser Möglichkeit nicht sonderlich beunruhigt zu sein schien. Sie lächelte – ein strahlendes Lächeln, das ihm den Atem raubte, und er fürchtete, daß sie ihn unausweichlich eines Tages vollkommen verrückt machen würde. Er konnte sich nichts Schöneres vorstellen.
Er beugte sich vor und küßte sie. »Geh und sag Sara auf Wiedersehen. Und dann kehren wir beide in unser Schloß zurück. Mein Bein hat etwas von deiner Pflege nötig.«
»Colin, das ist das erste Mal, daß ich dich von deinem Bein reden höre«, warf Nathan ein.
»Ja, er ist bei dem Thema längst nicht mehr so empfindlich. Und schließlich haben seine Schmerzen uns das Leben gerettet, denn wenn sie ihn nicht in jener Nacht geweckt hätten, dann wäre Morgan vielleicht in unser Zimmer eingedrungen und hätte uns ermordet. Die Mutter Oberin hat mir gesagt, daß alles seinen Grund hat. Ich glaube, sie hat recht. Vielleicht hat der Hai dir ein Stück aus deinem Bein gebissen, damit du mich und deinen Sohn würdest retten können.«
»Ich bekomme einen Sohn?« fragte Colin lächelnd.
»O ja, bestimmt«, antwortete sie.
Colin verdrehte die Augen zum Himmel. »Hast du ihm schon einen Namen gegeben?«
Da war wieder das Funkeln in ihren Augen. »Ich habe über Delphin oder Drache nachgedacht. Beide Namen würden sehr passen. Schließlich wird er ja der Sohn seines Vaters.«
Unter Colins lautem Gelächter verließ Alesandra den Salon. Sie tätschelte zärtlich ihren Bauch und flüsterte: »Wenn du mich anlächelst und mir deine freundliche Seite zeigst, dann bist du für mich der Delphin. Und wenn du böse bist, weil du deinen Willen nicht bekommst, dann denke ich an dich als Drache. Ich liebe dich von ganzem Herzen.«
»Was flüstert sie denn da?« fragte Nathan seinen Freund.
Die beiden
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