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Erwacht

Erwacht

Titel: Erwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Shirvington
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Chaiselongue Platz und bestellten noch etwas zu trinken. Die Musik pulsierte durch den Barbereich, der direkt auf die Tanzfläche ausgerichtet war. Ich verstand, weshalb Jase gerne hier arbeitete – das DJ-Pult war riesig und hatte hochmoderne Decks, dazu Publikum frei Haus an der Bar. Absoluter DJ-Himmel.
    »Hi, Violet!«, übertönte die Kellnerin die Musik, als sie unsere Getränke brachte.
    Ich blickte auf. Shit. Es war das Mädchen, das mir schon früher am Abend aufgefallen war. Es war einer dieser furchtbaren Momente, wenn einem beim besten Willen der Name von jemandem nicht einfällt. Sie war in der Schule ein paar Klassen weiter und hatte letztes Jahr in den Ferien denselben Gemeinschafts-Kunstkurs wie ich belegt. Ich wusste, dass sie Malerin und Bildhauerin war, dass sie aus einer großen Familie stammte und dass sie ruhig, aber sehr nett war. Ich starrte sie einen Augenblick zu lange an, in der Hoffnung, dass mir ihre zierliche Figur und ihr hellrotes Haar auf die Sprünge helfen würden.
    »Hi!«, sagte ich. Ein dümmliches Lächeln klebte mir im Gesicht, dann warf ich Steph einen verzweifelten Blick zu. Sie vergaß nie einen Namen. Sie vergaß auch sonst nie etwas.
    Steph rutschte auf ihrem Stuhl nach vorne. »Hey, Claudia!«, schrie sie.
    »Du arbeitest also hier«, sagte ich und entspannte mich ein bisschen.
    »Ja.« Sie zuckte mit den Achseln. »Ich hab ein paar Kellnerjobs. Gutes Trinkgeld, weißt du?«
    Sie stapelte unsere leeren Gläser auf ein Tablett. Ihr Blick wanderte zu Lincoln.
    »Oh, Entschuldigung. Claudia, das ist Lincoln.«
    Sie nickten sich gegenseitig zu. Claudia wandte sich mit einem anerkennenden Blick wieder zu mir um. Offensichtlich ging sie davon aus, dass Lincoln mein Freund war. Ich lächelte und genoss den Irrtum.
    »Also, schönen Abend noch.« Sie warf einen wissenden Blick auf unsere Gläser.
    »Danke«, sagte ich und bekam plötzlich Angst, dass man uns schon bald aus dem Lokal werfen würde.
    Steph nahm es ganz gelassen und sagte, dass es Claudia egal wäre. Sobald sie außer Sicht war, schenkte sie uns fröhlich weiter Alkohol nach. Lincoln war inzwischen zu Cola übergegangen und zeigte sich alles andere als beeindruckt. Als Steph die Flasche in seine Richtung schwenkte, schüttelte er nur den Kopf und lehnte sich auf der Couch zurück.
    Schon bald entdeckte Steph ihren Bruder mit ein paar Freunden und ging zu ihnen an die Bar. Es gelang ihr nicht mehr wirklich, raffiniert zu wirken – ebenso wenig, wie ihr Gleichgewicht zu halten, merkte ich.
    Schließlich waren Lincoln und ich allein. Das war die Gelegenheit für mich. Ich bekam Panik. Ich ergriff mein halbvolles Glas und trank es auf ex. Lincoln riss mir das leere Glas aus der Hand. Ich konnte ein Kichern nicht unterdrücken.
    »Was ist los mit dir, Vi? Du benimmst dich den ganzen Abend schon so komisch«, sagte er und klang dabei älter, als er war.
    »Lincoln«, sagte ich mit gespieltem Missfallen. »Heute ist doch mein Geburtstag! Entschuldige bitte, dass ich endlich eingeknickt bin und nun doch versuche, den Abend zu genießen.«
    Er schaute mich einen Augenblick lang an. »Ich hatte gehofft, wir hätten Gelegenheit, über … ein paar Dinge zu reden.«
    »Oh.« Er sah ganz aufrichtig aus, verdammt. Defensives Geplänkel war alles, was ich jetzt noch zustande bekam. Ich ließ mich in die Couch zurücksinken und einer der Träger meines Kleides rutschte mir über die Schulter.
    Lincoln beugte sich abrupt nach vorne. »Was ist da passiert?«, fragte er und zeigte auf meinen mysteriösen roten Kratzer. Ich hatte ihn ganz vergessen, aber als er ihn erwähnte, fing meine Schulter an zu brennen.
    »Hm … ich weiß nicht. Ich kann mich nicht daran erinnern. Möglicherweise ist es in einem Traum passiert«, sagte ich. Ich bemerkte, dass ich ein wenig lallte.
    Seine Augen flackerten, als er mich anschaute. »Sonst noch was?«
    »Was?«
    »Ich meine, hat sich sonst noch was … verändert, seit du siebzehn geworden bist?«
    Ich lachte. »Eigentlich nicht. Keine Falten bis jetzt. Nein, nichts hat sich verändert …« Aber dann fiel es mir wieder ein. »Das heißt, außer dass die Venen an meinen Armen einen komischen Farbton angenommen haben«, sagte ich mit einem beschwipsten Schulterzucken. Schon in dem Moment, als ich es sagte, bereute ich es.
    Lincoln schnappte sich meinen Arm, bevor ich die Bewegung überhaupt mitbekommen hatte. Er war ungewöhnlich grob; bestimmt würde ein blauer Fleck zurückbleiben. Er

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