Erwarte mich in Paris (German Edition)
klärte sie mich in der Garderobe auf. „Die Models behandelt er wie Kleiderständer und seine Angestellten wie Hauspersonal. Er ist einfach ein Egozentriker. Normalerweise arbeitet er allein. Jetzt, wo die Modenschauen vor der Tür stehen, befindet er sich am Rande eines Nervenzusammenbruches. Eigentlich sollte er einen Job ausüben, den er allein bewältigen kann. Aber aus irgendeinem Grund hat es ihn in die quirlige Modebranche verschlagen. Aber eines muss man ihm zugute halten: er ist fantastisch, der beste Designer, den ich kenne. Nur eben schwierig im Umgang mit anderen Menschen. Aber das bekommst du schon hin. Tu einfach, was ich sage, dann kommt ihr schon miteinander zurecht.“
Sie hielt mir eine schwarze Badehose mit seitlichen Netzeinsätzen hin. „Hier, probier die an.“
Skeptisch runzelte ich die Stirn.
„Keine Sorge, ich geh für zwei Minuten raus. Dann kannst du dich ungestört umziehen.“
Als ich die knappe Badehose, die eher an Unterwäsche erinnerte, übergezogen hatte und mich im Spiegel musterte, trat Christin wieder ein. Ich bemerkte sie nicht sofort, da sie still an der Tür stehengeblieben war und mich beobachtete.
„Findest du sie nicht etwas zu knapp?“ Ich schob die Finger unter den Bund und versuchte, die Hose höher zu ziehen.
„Lass das, Nikola. Sie sitzt genau richtig.“
Ihr Blick klebte an meiner Körpermitte. Schnell drehte sie sich um und winkte mir, ihr zu folgen. Die Röte, die sich in ihrem Gesicht ausgebreitet hatte, bemerkte ich trotzdem.
Alain musterte mich mit unbewegtem Gesicht, während ich unter seinem Blick zu schrumpfen glaubte. Ich fühlte mich nackt, als seine Augen über mich hinweg glitten. Trotzdem widerstand ich dem Bedürfnis, meine Arme vor der Brust zu verschränken. Diese Macht würde ich ihm nicht auch noch zugestehen. Stolz hob ich den Kopf und sah ihn an.
„Er soll laufen.“
Christin nickte mir auffordernd zu. Ich lief, wie schon im Anzug, einmal auf und ab, während ich seine Augen auf meinem Körper fühlte.
„Gut. Er wird am Ende laufen. Aber gib ihm die Dunkelbraune. … und er soll sich rasieren.“
„Ich habe mich erst heute Mittag rasiert.“ Verärgert strich ich mir über den Bartschatten, der schon nach wenigen Stunden wieder sichtbar war.
Alains Lippen kräuselten sich, und ein kleines Lächeln huschte durch seine eisgrauen Augen. „Christin, sag ihm, dass ich seinen Körper meine. So männlich Brusthaar auch ist, es hat nichts auf dem Catwalk zu suchen. Setz mit ihm einen Standardvertrag auf. Ich will ihn am Samstag dabei haben.“
Christin versuchte mich in der Umkleide zu besänftigen. „Nikola, bitte. Er macht das nicht mit Absicht.“
„Wie? Er ignoriert mich nicht mit Absicht? Er denkt nur, ich habe keine Ohren, um ihn zu hören, und ich habe keinen Mund, um ihm selbst zu antworten?“
„Reg dich ab! Das ist eben seine Art. Er lässt sich nicht dazu herab, mit uns niederem Volk persönlich zu sprechen. Erst recht nicht, wenn man so neu ist wie du. Frag Tom! Tom ist sicher schon sechs Mal für Alain gelaufen. Aber sie haben noch kein einziges Wort miteinander gewechselt. Alain lässt übermitteln. Er würde dich niemals direkt ansprechen. Das ist sozusagen sein Markenzeichen …“
„Du meinst eher seine Macke.“
„Ja, so kann man das sicher auch nennen.“ Christin lachte und hängte das Polaroid, dass sie von mir gemacht hatte, an die zwei Bügel mit der Kleidung, die ich bei der Show tragen sollte.
„Christin … kann ich dich etwas fragen?“
„Ja, klar.“ Christin drehte sich zu mir um, sah mich aber erst an, als sie sicher war, dass ich wieder angezogen war.
„Was meint er mit, ich soll mich rasieren ?“
Sie lächelte. „Ganzkörperrasur, Achseln, Brust, Beine, Rücken, wenn nötig. Du weißt schon.“
Als sie meinen Blick sah, lachte sie laut auf. „Neuland für dich? Ich gebe dir einen Rat. Vergiss Rasur, lass dich in einem Studio wachsen. Tut zwar weh, aber du bist die Haare für ne Weile los. Kostet auch nicht die Welt. Ich kann dir da ne Adresse geben.“
Mein Hirn arbeitete schon auf Hochtouren, wie viele Brieftaschen ich für diese Aktion stehlen musste, als Christin weiter sprach.
„Okay, weil ich dich so sympathisch finde, mach ich dir ein Angebot. Ich helfe dir. Sogar ganz ohne Schmerzen. Ich habe da noch ne Tube Enthaarungscreme zuhause. Für die eine Show wird’s erst mal reichen. Komm morgen bei
Weitere Kostenlose Bücher